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Die Chronolithen

Die Chronolithen

Titel: Die Chronolithen Kostenlos Bücher Online Lesen
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Bestandteile der Atmosphäre – Sauerstoff, Stickstoff und Kohlendioxid. In einem viel größeren Umkreis wird Wasserdampf ausgefällt.
    Die Anwesenheit von Grundwasser führt zu einem ähnlichen Phänomen im Boden, sprengt Gestein und erzeugt ein lokales Beben.
    Die ganze tiefgekühlte und umgetriebene Luft erzeugt Konvektionszellen und folglich einen heftigen Wind über Ground-Zero sowie unberechenbaren und durchdringenden Nebel in einem Umkreis von Meilen.
    Weshalb niemand etwas gegen die trockene Hitze und die Versiegelung der Räume einzuwenden hatte.
    Die weißgekleideten Techniker, die meisten waren ausgeliehene höhere Fachsemester, besetzten die Reihe der Terminals, die zu den Fenstern blickten. Ihre Telemetrie kam von den Dachantennen oder von entfernten Sensoren, die näher an der kritischen Zone platziert waren. Sie riefen periodisch Zahlen in den Raum, die mir absolut nichts sagten. Aber die Spannung stieg zusehends. Sue bewegte sich wie eine gereizte Erzieherin unter diesen eifrigen jungen Leuten.
    Sie blieb vor uns stehen, kess anzusehen in ihren neuen Bluejeans und der weißen Bluse. »Die Radioaktivität steigt rapide«, sagte sie. »Jungs, ich gebe uns noch zwei Minuten.«
    Morris sagte: »Brauchen wir Schutzbrillen oder so was?«
    »Das ist keine H-Bombe, Morris. Du wirst schon nicht blind werden.«
    Und dann wandte sie sich ab.
    Einer der überwachenden Techniker, eine junge blonde Frau, die nicht viel älter aussah als Kaitlin, hatte sich von ihrem Platz erhoben und kam mit einem flehenden Lächeln auf Sue zu. Der IDF-Security-Kontingent ließ die Frau nicht aus den Augen. Auch Morris nicht.
    Sie schien benommen, vielleicht ein bisschen unbeherrscht. Sie zauderte. Dann, mit einer beinah rührend kindlichen Geste, griff sie nach Sues Hand und hielt sie umschlossen.
    Sue sagte: »Cassie? Was ist?«
    »Ich wollte mich – bei Ihnen bedanken.« Cassie klang zaghaft, aber glühend.
    Sue runzelte die Stirn. »Keine Ursache, aber – wofür?«
    Doch Cassie zog den Kopf ein und wich zurück, als sei ihr der Gedanke so rasch abhanden gekommen, wie er sich eingestellt hatte. Sie nahm die Hand vor den Mund. »Oh! Tut mir Leid. Mir war… ich glaube, mir war einfach so, als müsste ich das sagen. Ich weiß nicht, was ich gedacht habe…« Sie errötete.
    »Sie bleiben besser an Ihrem Platz«, sagte Sue sanft.
    Wir waren jetzt tief in der Tau-Turbulenz. Der Raum war heiß und roch nach ionisierter Luft. Jenseits des Fensters flackerte der Stadtkern unter einer plötzlichen Morgenröte.
     
    Es war eine Sache von Sekunden, doch Zeit ist elastisch; für uns dehnten sie sich zu Minuten. Ich gebe zu, ich hatte Angst.
    Das Licht, das die Ankunft begleitete, bildete einen rasch von Blaugrün zu Rot und Violett wechselnden Vorhang, der über der Stadt schwebte und unheimliche Schatten in unseren Raum warf.
    »Eintausendneunhundertundsieben Minuten«, sagte Sue mit einem Blick auf ihre Uhr. »Jetzt.«
    »Es ist schon kalt«, sagte Morris neben mir. »Merken Sie’s?«
    Ich hatte das Gefühl, die Raumtemperatur sei um etliche Grad gesunken. Ich nickte.
    Einer von den IDF-Männern erhob sich nervös, fingerte an seiner Waffe herum. So rasch, wie es gekommen war, verging das Licht; und dann…
    Dann war der Chronolith einfach da.
    Jenseits des Felsendoms überragte er die Hügel, aberwitzig groß, weiß vor Eis, unter einem zerbrechlich wirkenden Mond.
    »Landung!«, verkündete jemand an den Konsolen. »Lokale Radioaktivität fällt. Außentemperatur sage und schreibe…«
    »Aufhören!«, blaffte Sue.
    Die Druckwelle wölbte die Fensterscheibe und grollte wie Donner. Fast augenblicklich verschwand der Chronolith in einem weißen Wirbelsturm, Feuchtigkeit, die der Kälteschock aus der Atmosphäre gefällt hatte.
    Ein paar Meilen weiter sprengten die Temperaturunterschiede Beton, zerfetzten Holz und zerstörten das Gewebe jeder Kreatur, die das Pech hatte, in der Sperrzone zu sein. (Solche gab es: Katzen, Hunde, Pilger und Skeptiker.)
    Der zentrale Sturm schickte eine weiße ringförmige Welle aus: Frost, der wie eine Feuersbrunst die judäischen Berge erklomm. Und eine Unzahl von städtischen Lichtern trübte ein, als Umspanner des Stromnetzes einem Feuerwerk von Kurzschlüssen erlagen. Wolken verschluckten das Hotel; ein heftiger, böiger Wind rüttelte an den Fenstern. Plötzlich war der Raum dunkel, Konsolenlichter blinzelten wie die Sterne in einem nächtlichen Teich.
    »Eine Scheißkälte«, murmelte Morris.
    Ich

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