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Die Clans von Stratos

Die Clans von Stratos

Titel: Die Clans von Stratos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Brin
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Möglichkeit finden, wie ich die Kisten aufkriege. Ob sich aus dem Teppichgarn ein Seil drehen läßt? Bestimmt gab es Mittel und Wege, aber sie waren allesamt höchst gefährlich. Sie würde lange darüber nachgrübeln müssen. Aber sie hatte ja Zeit.
    Als die Nacht sich übers Land senkte, gab es keine majestätischen Schwebgleiter mehr zu beobachten, doch einige andere Vögel flatterten vorbei und hielten auf ihrem Weg ins Nest lange genug an, um Maia zu necken und dieses alberne flugunfähige menschliche Wesen, das da hilflos in seinem Felsspalt feststeckte, ein bißchen anzukrächzen.
    An diesem Abend war Maia zu nervös, um ihren Sextanten hervorzuholen. Sie kletterte wieder in die Zelle hinab, schlief früh ein und hatte die ganze Nacht über sonderbare Träume. Fluchtträume. Träume, in denen sie um ihr Leben rannte. Träume, in denen sie sich hin- und hergerissen fühlte. Wollte sie ihr Leben mit jemandem gemeinsam verbringen oder nicht? Mit Leie? Mit Klontöchtern? Mit einem Mann? Bilder der in ihrem Gedächtnis noch immer sehr lebendigen Florentina-Welt erfüllten sie mit einer verwirrenden Mischung aus Abscheu und Faszination.
    Später erwachte sie laut stöhnend aus einem Traum, in dem sie bei lebendigem Leib begraben wurde, und fand sich in die rauhen, schweren Vorhänge verheddert, die sie als Laken benutzte. Nur mit einiger Anstrengung gelang es ihr aufzustehen. Ich hasse diese Zelle, dachte sie, als sie endlich wieder unbeschwert atmen konnte. Erschöpft ließ sie sich zurücksinken. Ich frage mich, wie man einen Teppich aufribbelt.
    In dem schmalen Fenster zeigte sich jetzt ein Ausschnitt des Amboß, also war die Nacht halb vorüber. Diesmal hab ich das Klicken anscheinend verpaßt, kommentierte ein Teil in ihr. Der Rest kümmerte sie nicht. Als der Schlaf sie wieder übermannte, hatte sie keine Alpträume mehr.
     
    Das beste Buch hatte sie sich allem Anschein nach für zuletzt aufgehoben. Es war auf gutem Papier gedruckt und trug das Imprint eines Verlags in Horn. ›Ein Klassiker der Literatur‹, verkündete ein winziger leuchtender Reklameaufkleber auf dem Einband, wenn man ihn gegen das Licht hielt. Auf dem Deckblatt stand, der Roman sei hundert Jahre alt. Maia hatte nie von ihm gehört, aber das wunderte sie nicht. In der Lamatia-Feste brachte man den Vartöchtern lieber praktische Fähigkeiten bei, auf die schönen Künste wurde nicht viel Wert gelegt.
    Der Stil war zweifellos besser als in den anderen Büchern. Anders als die historische Phantasiegeschichte und die Schundromanze war die Handlung diesmal im Alltag von Stratos angelegt. Sie begann mit einer jungen Frau, die in Begleitung einer Klonfreundin im selben Alter auf Reisen war. Die beiden beförderten Handelsverträge von Stadt zu Stadt, schlossen Geschäfte ab und verdienten auf diese Weise Geld für ihre Feste und ihren Clan. Die Autorin schilderte anschaulich die Schwierigkeiten des Lebens auf der Straße, wo die beiden Frauen mit allen möglichen Bürokratinnen und Seniormüttern zurechtkommen mußten, die so amüsant beschrieben waren, daß Maia zum ersten Mal seit geraumer Zeit lächeln mußte. Doch unter allen Begegnungen gärte eine unterschwellige Spannung. Die Dinge waren nicht so, wie sie den beiden Protagonistinnen erschienen. Am Anfang des dritten Kapitels erfuhr Maia ihr Geheimnis.
    Die beiden waren keine Klonfrauen. Ihr ›Clan‹ war eine Erfindung. Sie waren ein Varpärchen, zwei Zwillingsschwestern…
    Maia blinzelte, zutiefst erschüttert. Aber… das war unsere Idee! Das ist genau das, was Leie und ich geplant hatten!
    Sie starrte auf die Seite, und ihre Empörung wich rasch einem tiefen Schamgefühl. Wie viele Leute haben dieses Buch wohl inzwischen gelesen? Sie blätterte zurück auf die Titelseite und sah dort, daß schon die Auflagen auf Papier in die Hunderttausende gingen. Und das ohne die Ausgaben auf Diskette oder sonstige Auswertungen…
    Wir hätten uns lächerlich gemacht, sobald wir das erste Mal versucht hätten, unseren Plan in die Tat umzusetzen, schoß es Maia voller Entsetzten durch den Kopf. Rückblickend war ihr mit abrupter Deutlichkeit klar, daß andere die gleiche Idee gehabt haben mußten, unzählige Male, selbst bevor dieser Roman verfaßt worden war. Wahrscheinlich hingen viele Varzwillinge dieser Phantasie nach. Ein paar von den Lamai-Müttern haben dieses Buch mit Sicherheit gekannt und hätten uns warnen können!
    Maia hielt inne. Moment mal! Sie blätterte noch einmal zurück und sah

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