Die Clans von Stratos
Renna, doch gleichzeitig runzelte er die Stirn, wie immer, wenn er etwas Ernstes zu sagen hatte. »Maia, nach dem, was ich aus meinen Gesprächen mit den Savanten erfahren habe, sind Lysos und ihre Gehilfinnen vor über dreitausend Jahren hier gelandet und haben menschenartige Wesen auf diesen Planeten gebracht. Das stimmt mit den Daten ihres Aufbruchs von Florentina überein, obwohl natürlich viel davon abhängt, welche Transportmittel sie benutzt haben.«
Maia verschlug es die Sprache. Das war ja, als hätte dieser Mann behauptet, daß die Frauen von Felssalamandern abstammten!
»Sie wollten, daß ihr Projekt von Dauer ist«, fuhr Renna fort und blickte zum Himmel. »Und das muß man ihnen lassen – sie haben äußerst eindrucksvolle Arbeit geleistet.« Damit legte Renna den Backstein beiseite, schlug seine Decke zurück und schlüpfte darunter. »Guten Schlaf, Maia.«
Mechanisch antwortete sie: »Guten Schlaf«, legte sich zurück und schloß die Augen. Aber es dauerte eine ganze Weile, bis sich ihre Gedanken einigermaßen beruhigt hatten. Als sie schließlich doch einschlummerte, träumte sie von in Stein geritzten Puzzleformen. Vierecke und längliche Muster, die verrutschten und sich übereinander legten, wie Schlangen, die über eine Wand von Rätseln dahingleiten.
Maia hatte sich gefragt, ob sie jetzt, da sie auf dem freien Land waren, ein anderes Tempo anschlagen würden. Würden sie sich bei Tag verstecken und bis zum Einbruch der Nacht außer Sicht bleiben? Nach der hektischen, fast ununterbrochenen Flucht hätte sie nichts gegen ein wenig Ruhe gehabt.
Doch der Plan sah offenbar anders aus. Die Sonne war kaum aufgegangen, als Baltha sie wachrüttelte. »Komm schon, Fräuleinchen. Hol dir deinen Tee und dein Brot. Wir brechen gleich auf.«
Thalia machte sich bereits am Feuer zu schaffen, während Kiel die Pferde versorgte. Maia rieb sich die Augen und sah sich nach Renna um, den sie schließlich ein Stück flußabwärts entdeckte, umgeben von einem Halbkreis von Gegenständen. Als sie näher heranging, erkannte sie den Backstein vom vorigen Abend, mehrere verbogene Gebilde aus Aluminium – einen Haken und etwas, das aussah wie eine große Schraube – und noch einige andere Dinge, die sie nicht identifizieren konnte. Renna hatte sein Spiel des Lebens auf dem Schoß. Wenn er einen Gegenstand gründlich untersucht hatte, malte er mit dem Stift eine Reihe von Punkten auf das breite Spielbrett und drückte dann einen Knopf, worauf das Muster verschwand. Vermutlich in den Gedächtnisspeicher.
»Hallo!« begrüßte er sie fröhlich, als er sie mit zwei Tassen Tee auf sich zukommen sah. »Ist eine für mich?«
»Ja, hier. Was tust du da?«
Renna zuckte die Achseln. »Das ist mein Beruf. Ich hab eine Methode gefunden, wie ich dieses Spiel als eine Art Notizblock verwenden kann, um Beobachtungen zu speichern. Es ist ein bißchen umständlich, aber besser als nichts.«
»Dein Beruf«, wiederholte Maia nachdenklich. »Das habe ich dich ja noch gar nicht gefragt. Was ist dein Beruf?«
»Man nennt mich einen Peripatetiker, Maia. Das bedeutet, daß ich von einer Hominidenwelt zur anderen ziehe und Verhandlungen für den Großen Pakt führe. Das klingt pompöser, als es ist. Meine wirkliche Aufgabe besteht darin… na ja, weiterzumachen und am Leben zu bleiben.«
Maia glaubte einigermaßen zu verstehen, was er meinte. »Klingt ganz wie das, womit ich mich beschäftige. Ich versuche auch, am Leben zu bleiben.«
Ihr ehemaliger Mitgefangener lachte anerkennend. »Wenn man es so ausdrückt, dann ist es vermutlich für jeden mehr oder weniger das gleiche. Das, worum es letztlich geht.«
Wieder dachte Maia an die vergangene Nacht, an seinen Geruch, während Renna sich unruhig im Schlaf wälzte. Einmal war sie auf seiner Brust aufgewacht, die sie als Kissen benutzte, während er fest schlief, einen Arm um ihre Schulter geschlungen. Nun wirkte er wie ein anderer Mensch. Irgendwie hatte er sich einer Grundreinigung unterzogen. Die Stoppeln waren teilweise weggekratzt, so daß jetzt ein ordentlicher Bart entstand. Momentan empfand Maia ihren eigenen Geruch stärker als seinen.
Sie stellte sich entgegen der Windrichtung neben ihn und fragte: »Dann bist du also nicht gekommen, um eine Invasion vorzubereiten?«
Sie meinte das als Scherz, um sich über die Gerüchte lustig zu machen, die von den Panikmachern in Umlauf gebracht wurden, seit Rennas Schiff vor einem langen Jahr am Himmel erschienen war. »Auf
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