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Die Clans von Stratos

Die Clans von Stratos

Titel: Die Clans von Stratos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Brin
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nach; die Schritte der Männer wirkten nicht unsicher oder betrunken. Viel eher hatte ihr Rückzug etwas Katzenhaftes, wenn nicht sogar anmutig Drohendes an sich. Naroin warf Maia einen raschen Blick zu.
    »Frag mich nicht.«
    Ohne ein weiteres Wort duckte sie sich und kroch unter das Band, um sich den widerspenstigen Klotz vorzunehmen, und Maia hatte ein paar Sekunden Zeit, sich zu beruhigen. Es war eine freundliche Geste, aber Maia war etwas aufgefallen: Naroins Antwort klang, als wüßte sie nicht, was los war, denn das war es doch, was man üblicherweise mit dem Satz meinte: »Frag mich nicht.«
    Aber ihr Ton hatte etwas ganz anderes ausgedrückt. Es war schlicht und einfach ein Befehl gewesen.
    Und das weckte Maias Neugier.
     
    Leie war ganz glücklich, als sie mit ihrer Schwester vor der Abenddämmerung über den Markt von Lanargh spazierten, Fischpastete verzehrten, dem verwirrenden Geplapper um sie her lauschten und Vermutungen darüber anstellten, was für Geschäfte, Intrigen und Betrügereien hier wohl vorgehen mochten. »Dieser Umweg ist vielleicht das Beste, was uns passieren konnte!« meinte Leie. »Wenn wir irgendwann das Archipel erreichen, wissen wir viel mehr über die ökonomische Situation. Ich hab mir gedacht… vielleicht sollten wir uns nächsten Sommer Arbeit in einer dieser Plastikfabriken suchen…«
    Maia ließ ihre Schwester einfach weiterplaudern. Sie fühlte sich nachdenklich und träge. Der Vorfall am Nachmittag hatte sie aufgewühlt. In ihrer Tasche steckte das zerknitterte Flugblatt der Ketzerin, eine Erinnerung daran, daß die emsige Geschäftigkeit um sie her vielleicht nicht ganz ›normal‹ war, nicht einmal für eine große Hafenstadt.
    Jetzt, wo Maias Blick dafür geschärft war, sah sie allenthalben Anzeichen dafür, daß die Wirtschaft unter Druck stand. In der Nähe des Rathauses gab es Anschlagtafeln, auf denen sogar Stellen für ausgebildete Arbeitskräfte zu einem absurd niedrigen Lohn angeboten wurde. Langfristige Arbeitsverträge gab es überhaupt nicht, und der einzige Posten im Öffentlichen Dienst war bei der Stadtgarde. Genau wie zu Hause, dachte Maia. Nur noch extremer.
    Und es gab mehr Männer, als sie je zuvor gesehen hatte. Nicht nur solche, die auf den Spielfeldern am Hafen endlose Turniere im Spiel des Lebens abhielten oder die Zeit zwischen zwei Seereisen vertrödelten, nein, sie bewegten sich energisch und zielstrebig, selbst noch ziemlich weit im Landesinnern. Wenn man über eine der belebten Straßen blickte, konnte man sicher sein, dort mindestens zwei oder drei Männer zu erspähen, die unter den Frauenmassen natürlich auffielen. Wiederum konnte der erneut auflebende Warenumschlag die Sache erklären. Aber warum waren es dann zu einem so hohen Prozentsatz junge Männer?
    Naturgemäß minderte allein der Umstand, daß ein Tier männlichen Geschlechts war, seine Lebenserwartung, und das war bei den Menschen auf Stratos nicht anders. Stürme und Riffe, Eisberge und Materialmängel ließen jedes Jahr viele Schiffe sinken. Nur wenige Männer erlebten das Ruhestandsalter. Aber es gab so unverhältnismäßig viele junge Männer auf der Straße. Das machte Maia ganz nervös.
    Während die meisten Seeleute einfach herumspazierten, einkauften oder in den eigens für sie eingerichteten Kneipen etwas tranken, gab es jeden Tag neue Gerüchte über Vorfälle wie den, den Maia am Abend zuvor mitbekommen hatte: In einer Gasse war eine blutüberströmte Leiche gefunden worden. Der Mörder hatte in wilder Flucht das Weite gesucht, verfolgt von den Frauen der Stadtgarde.
    Maia fiel auf, daß sie nach der Episode am Fließband auf das träge Lächeln und die halbherzigen Flirtversuche, die bei den jungen Männern um diese Jahreszeit nichts Außergewöhnliches waren, überzogen reagierte. Dabei ging es hier eher um eine Form von Höflichkeit, nicht um wirkliches Anmachen. Als ein schlaksiger Kerl ihr zuzwinkerte, funkelte Maia ihn wütend an, aber als der junge Mann daraufhin ehrlich verletzt wirkte, wurde sie sofort verlegen, und ihr schlechtes Benehmen tat ihr leid.
    Muß man sich vor allen Männern fürchten, nur weil ein paar verrückt geworden sind?
    Schließlich machten nicht nur Männer gelegentlich Schwierigkeiten. Die drei Rassen – Wintervolk, Männer und Vars – lebten zumeist friedlich zusammen. Aber die Zwillinge hatten auch schon erlebt, wie pöbelnde Sommerlinge – die sich zwar in ihrem äußeren Erscheinungsbild stark voneinander unterschieden, in ihrer

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