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Die Clans von Stratos

Die Clans von Stratos

Titel: Die Clans von Stratos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Brin
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Armut jedoch gleich waren – kleinere Gruppen von Klonen aus einem ortsansässigen Clan belästigten. So artete Frustration manchmal in offene Feindseligkeit aus.
    Sind das wirklich schlechte Vorzeichen? Die Ketzerin hatte von einer »Zeit des Wandels« gesprochen, ein Ausdruck, der Maia aus Teledramen und Kitschromanen durchaus geläufig war. Stabilität, das große Geschenk von Lysos und den Gründermüttern, war für keine Generation eine Selbstverständlichkeit gewesen. Sogar in den Schriften stand, daß eine perfekte Gesellschaft von Zeit zu Zeit Flexibilität beweisen mußte.
    Liegt es nur an Lanargh, oder passiert es auf ganz Stratos? Maia war wild entschlossen, die Abendnachrichten auf dem Tele nicht zu verpassen.
    Als sie einen Rippenstoß spürte, zuckte sie heftig zusammen. Sie standen auf dem Hauptplatz der Stadt. Spaziergänger, die sich den Nachmittag unter die schattenspendenden Arkaden zurückgezogen hatten, kamen jetzt ins Freie, um die letzten Strahlen der tiefstehenden Sonne zu genießen. Leie deutete über den weitläufigen Platz auf eine Reihe eleganter, mehrstöckiger Häuser. »Da drüben, an der Säule. Ist das nicht deine Bootsfrau, die sich unsichtbar zu machen versucht?«
    Tatsächlich erkannte Maia die schmale Gestalt von Naroin, die sich mit einer Schulter an eine Säule lehnte und so tat, als hätte sie nichts zu tun. Was hat sie vor? Diese Var kann doch gar nicht lange untätig bleiben.
    Als hätte sie ihre Gedanken erraten – was ihr immer noch allzu häufig gelang –, stupste Leie Maia ein zweites Mal. »Wetten, daß deine Bootsfrau die Gruppe da drüben beobachtet?«
    »Hm… könnte sein.« Jedenfalls stand Naroin genau richtig, daß sie ein buntes Häufchen prächtig gekleideter Männer und Frauen in einem Straßencafé beobachten konnte. Die Männer sahen nicht aus wie Seeleute, die Frauen wirkten so aufgedonnert, daß Maia an die Freudenclans denken mußte, die sich in den Entspannungshäusern der Aufgabe widmeten, die Verkrampfungen ihrer Kunden zu lindern. Mehrere solcher Häuser säumten den Platz, im Sommer für Klienten vom Hafen, im Winter für solche aus der Oberstadt. Über jedem Eingang prangten farbenfroh bemalte Schilder; auf dem einen war ein Kaninchen, auf dem anderen eine Schneeflocke und auf einem dritten ein grinsender Stier zu sehen, der eine Glocke im Maul hielt. An dem Haus über dem Café waren Dienstboten mit Renovierungsarbeiten beschäftigt: Gerade veränderten sie den Anstrich von warmen Aurora-Farben in die kühlen Schattierungen des kommenden Winters.
    Im Herbst überschnitten sich die Klientelen dieser Einrichtungen wie Ebbe und Flut, was auch die gemischte Gruppe im Café erklärte. Maia fragte sich wieder einmal, was Männer und Frauen sich zu sagen hatten.
    War der Grund für Naroins Gegenwart ebenfalls Neugier?
    Doch das war eher unwahrscheinlich. Vor allem, weil Maia in der Gruppe plötzlich einen Mann mit einem breitkrempigen Hut entdeckte. »Also, das ist der Knabe?« fragte Leie. »Ich weiß nicht, was er mit Lern und Eth angestellt hat, aber die beiden haben echt Probleme. Glaubst du, deine Bootsfrau hat es auf einen Kampf abgesehen? Der Geck ist ja doppelt so breit wie sie.«
    Gleichgültig, was der Anlaß für einen Kampf sein mochte und in welcher Jahreszeit er stattfand – Maia hätte nicht gegen die zierliche Matrosin gewettet. »Frag mich nicht«, hatte Naroin gesagt. Das konnte auch bedeuten: Halt dich da raus.
    Obgleich Maia schrecklich neugierig war und schon eine fast hormonelle Aufregung verspürte, beschloß sie, sich zurückzuhalten. In ihrer momentanen Lage war es ein Gebot der Klugheit, unauffällig zu bleiben. Und doch…
    Plötzlich erscholl links von den Zwillingen ein lautes Dröhnen. Der Glockenturm, der über der Piazza emporragte, ließ ein lautes Dong ertönen, und die gehämmerten, grünspanbedeckten Kupfertüren öffneten sich rasselnd. Bald würden die berühmten Figuren des Glockenspiels von Lanargh erscheinen und ihren Tanz beginnen – fünf Minuten automatisierter, würdevoller Präzision, beendet vom Einläuten des Dreivierteltags. Die Menschen strömten herbei, um zuzuschauen, wie das kunstvolle, dreihundert Jahre alte Geschenk des Gollancz-Reservats sein Abendritual abhielt, das von den Satelliten-Impulsen der Caria-Universität auf der anderen Seite des Globus gesteuert wurde.
    Maia hatte gar nicht bemerkt, daß es schon so spät war. Demnächst war es Zeit für die Nachrichtensendung. »Komm«, drängte

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