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Die Clans von Stratos

Die Clans von Stratos

Titel: Die Clans von Stratos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Brin
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wollen…«
    Sie erzählte ihre ganze Geschichte und sah mit wachsender Befriedigung, wie die Augen ihrer Gefährtinnen mit jeder neuen Offenbarung größer wurden. Sie hatten sie für ein süßes, hilfloses junges Ding gehalten, das schwesterlichen Schutz brauchte, nicht für eine Abenteurerin, die schon mehr Aufregung und Gefahr hinter sich hatte, als die meisten in ihrem ganzen Leben. Als Maia fertig war, blickten sich die beiden Frauen an. »Glaubst du, wir sollten…«, setzte Thalia an.
    Kiel schüttelte entschieden den Kopf. »Vielleicht irgendwann mal. Wir reden morgen darüber. Jetzt ist es zu spät. Eine Fünfjährige sollte längst im Bett liegen, auch wenn sie sich als geborene Piratin entpuppt hat.« Kiel zerzauste freundlich Maias strubbeligen Haarschopf, als wollte sie auf ihre lässige Art ihren neu entdeckten Respekt zeigen. »Wir sollten alle schlafen gehen«, meinte sie abschließend und schaltete das Radio aus.
    Als das Licht erloschen war und sie alle drei auf ihren Feldbetten lagen, blieb Maia noch eine ganze Weile wach und grübelte.
    Ich? Eine geborene Piratin?
    Warum eigentlich nicht? Ihre zarten Muskeln taten schon viel weniger weh und wurden jeden Tag strammer. Sie war bereits robuster, als sie es sich je hätte träumen lassen. Und jetzt hörte sie auch noch Rebellensender im Radio. Und redete mit heimatlosen, radikalen Vars über Dinge, die eigentlich nur die Polizei angingen.
    Was kommt als nächstes? fragte sie sich. Wenn Leie mich nur sehen könnte.
    Auf einmal war die ganze neue Robustheit kein Bollwerk mehr gegen den Kummer, der sie plötzlich überwältigte. Maia mußte sich zusammenreißen, um nicht laut zu schniefen. Verdammt, dachte sie. Zur Hölle damit! Die Freundlichkeit ihrer Hausgenossinnen machte sie offenbar verletzlicher, indem sie die seit dem Aufenthalt im Tempel von Grange Head verdrängten Gefühle wieder aufleben ließ. Vielleicht bin ich allein doch besser dran.
    Aus den benachbarten Hütten erklang das Klappern der Würfel und heiseres Gelächter, manchmal waren auch Brocken eines anzüglichen Liedes zu hören. Aber in ihrer Hütte war es still, bis Thalia zu schnarchen begann, leise und gleichmäßig. Eine Weile später hörte Maia, wie Kiel aufstand. Obwohl Maia die Augen geschlossen hielt, war sie ganz sicher, daß Kiel sie ansah. Dann ertönte das Knarren der Haustür, und Kiel schlüpfte hinaus. Im Halbschlaf überlegte Maia, ob sie wohl zum Klohäuschen ging. Aber am nächsten Morgen war die dunkelhäutige Frau noch immer nicht zurück.
     
    Thalia schien sich keine großen Sorgen zu machen. »Erledigungen in der Stadt«, erklärte sie kurz und bündig. »Am Greers-Tag hat der Wagen bestimmt ’ne große Ladung Stahl, also gibt’s keine Passagiere, und wir haben ein paar Investitionen gemacht, um die wir uns kümmern müssen. Damit sich unser Geld nicht einfach hier draußen in Luft auflöst. So was kann passieren, weißt du. Geldstäbe verschwinden einfach. Ich würde sie nicht unter dem Kopfkissen verstecken, wenn ich du wäre.«
    Maia blinzelte verwundert und überlegte, woher Thalia das wußte. Hatte sie spioniert? Maia unterdrückte den Drang, zu ihrem Bett zu rennen und nachzusehen, ob noch alles da war, aber dann fiel ihr auf, daß Thalia bereits bei einem ganz anderen Thema war.
    Geht mich ja auch nichts an, dachte sie und rümpfte die Nase.
    Die Arbeit ging im gleichen stetigen, betäubenden Rhythmus weiter. An ihrem achtzehnten Tag in der Lerner-Feste hatten Maia und ihre Kolleginnen den Auftrag, mit Handkarren unverarbeitetes Eisenerz von einer drei Kilometer entfernten Mine heranzuschleppen; das dortige Bergwerk wurde ausschließlich von einem Clan Albinofrauen betrieben, deren von Natur aus blasse Haut von den rostigen Oxiden schon ganz verfärbt war.
    Am nächsten Tag traf eine Karawane riesiger Lastlamas ein, beladen mit Holzkohle zum Veredeln des Metalls. Große hagere Frauen mit tiefliegenden Augen führten die Tiere, beteiligten sich aber nicht am Abladen; anscheinend war das unter ihrer Würde. Maia gesellte sich zu der Gruppe Vars, die einen Sack voll rußiger schwarzer Brocken nach dem anderen zu einem Schuppen bei den Hochöfen schleppten, während eine ältere Lerner-Frau die Fuhrleute mit neu gemünztem Metall bezahlte. Bereits nach wenigen Stunden war die Karawane wieder auf dem Rückweg. Ihre Reise würde sie an den drei fernen Steinpfeilern vorbeiführen, die dem nordöstlichen Horizont seinen unverkennbaren Charakter verliehen,

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