Die Company
erklärte Piñeiro dem Kellner, der auf der Unterlippe kaute. »Frage eins: Wie viel Geld solltest du für die Ermordung Fidel Castros bekommen?«
»Ich weiß von nichts«, stieß der Kellner hervor. »Ich schwöre beim Grab meiner Mutter. Ich schwöre beim Leben meines Sohnes.«
»Frage zwei: Wer hat dir den Befehl gegeben?«
»Ich hab keinen Befehl bekommen –«
»Frage drei: Wer in Havanna ist mit an der Verschwörung beteiligt?«
»Gott ist mein Zeuge, es gibt keine Verschwörung.«
Piñeiro reagierte mit einem nachdenklichen Lächeln auf diese Beteuerungen. Er nahm das Aspirinfläschchen, schraubte den Deckel ab und schüttete den Inhalt auf den Schreibtisch. Dann klappte er Padróns Taschenmesser auf und schob damit die Tabletten hin und her. Zunächst konnte er keinen Unterschied erkennen. Er blickte auf, sah das Entsetzen in den Augen des Kellners und nahm die Tabletten eine nach der anderen erneut unter die Lupe. Dann sagte er plötzlich »Aha!« und schob eine Tablette zur Seite, dann noch eine und dann noch eine. Schließlich richtete er sich auf, sah dem Kellner in die Augen und sagte: »Es wäre besser für dich, du wärest nie geboren.«
Padrón begriff, dass dieses Urteil schlimmer war als der Tod.
Als Piñeiro den beiden Polizisten ein Zeichen gab, schoss Padróns Hand vor. Er griff eine der drei Tabletten und stopfte sie sich in den Mund. Mit einem tiefen Schluchzen biss er fest darauf. Die Polizisten packten ihn und drehten ihm die Arme auf den Rücken, doch da wurde sein Körper schon schlaff. Sie hielten ihn einen Moment lang fest, dann ließen sie den Leichnam zu Boden gleiten und sahen ängstlich ihren Chef an.
Piñeiro räusperte sich: »Das erspart uns die Mühe, ihn hinzurichten«, sagte er.
Mit verrutschtem, whiskeybeflecktem Schlips und einem Hemd, das er seit Tagen nicht gewechselt hatte, stand der Zauberer in der Kuba-Kommandozentrale über den United-Press-Ticker gebeugt und sichtete die eingehenden Meldungen. »Irgendwas aus Havanna?«, rief Dick Bissell von seinem Platz vor der großen Landkarte herüber, auf der die fünf Frachter mit der Brigade an Bord inzwischen nur noch ganz wenig von der kubanischen Küste entfernt waren.
»Der übliche Wochenendmist!«, rief Torriti zurück, und Bissell begann erneut, hektisch auf und ab zu tigern.
Die Uhr an der Wand tickte nervenzerreißend laut; der große Zeiger schien eine Folge von dumpfen Detonationen auszulösen mit jeder Minute, die er sich zwölf Uhr mittags näherte, dem letztmöglichen Zeitpunkt, an dem der Präsident laut Bissell die Invasion noch abbrechen konnte.
Am Vortag hatte JMARC einen lausigen Auftakt gehabt, wie aus den Berichten hervorging, die nach dem ersten Angriff gegen Castros drei wichtigste Luftwaffenstützpunkte eingingen. Die Fotos, die das Pentagon nach einem U-2-Flug herüberschickte, bestätigten, dass nur fünf kubanische Flugzeuge zerstört worden waren. Außerdem machte Adlai Stevenson, der amerikanische Botschafter bei den Vereinten Nationen, Außenminister Rusk wüste Vorwürfe, man habe ihn wie einen Volltrottel aussehen lassen. Als die Russen nämlich wegen des Angriffs auf Kuba scharf protestierten, hatte Stevenson Fotos der beiden B-26 vorgelegt, die in Miami gelandet waren, und beteuert, dass desertierte Piloten aus Castros Luftwaffe für die Angriffe verantwortlich seien und nicht etwa von Amerika unterstützte Exilkubaner. Diese Erklärung, die Stevenson aufgrund höchst vager Informationen von der CIA wirklich geglaubt hatte, wurde rasch widerlegt, als Journalisten die verräterischen Metallnasen der beiden B-26 in Miami auffielen. Castros B-26 hatten nämlich bekanntermaßen Kunststoffnasen. Stevenson kochte, weil er von der eigenen Regierung »vorsätzlich hinters Licht geführt worden war«, und richtete seinen Zorn gegen Rusk. Noch am Sonntagmorgen waren die Schockwellen dieses Skandals zu spüren.
Ebby und Leo gossen sich Kaffee ein und schlenderten aus dem Hauptraum in Leos kleines Büro. »Ich wollte schon kündigen wegen dieser Sache«, gestand Ebby seinem Freund und ließ sich erschöpft auf einen Stuhl sinken. »Ich hab Dulles sogar meine Kündigung überreicht.«
»Und dann?«
»Hat er mir ziemlich deutlich zu verstehen gegeben, dass das nicht der richtige Moment sei, das sinkende Schiff zu verlassen.«
Leo schüttelte den Kopf. »Ich weiß nicht, Ebby – JMARC könnte doch ein Erfolg werden.«
»Das wäre das reinste Wunder.«
Leo senkte die Stimme. »Die
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