Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Company

Die Company

Titel: Die Company Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Littell
Vom Netzwerk:
stieß einen gepressten Fluch aus. »Eure Leute haben geschworen, der Fleck auf den Fotos wäre Seegras, kein Riff«, schrie er Jack ins Ohr.
    »Verflucht noch mal, stell den verdammten Motor ab«, schrie Jack dem Steuermann zu.
    Roberto befahl seinen Männern: »Schnell über Bord. Es sind höchstens achtzig Meter bis zum Strand – das Wasser kann nicht tief sein.«
    » Qué haremos con él? «, fragte der Sanitäter, der noch immer den Gürtel um den Beinstumpf festhielt, doch im selben Moment sackte der Soldat zur Seite.
    Roberto legte die Finger an den Hals des Mannes und tastete nach seinem Puls. Dann schüttelte er zornig den Kopf. » Muerto !«, sagte er.
    Zu zweit und zu dritt ließen sich die Kubaner über den Rand des sinkenden Boots gleiten, die Waffen hoch erhoben. Jack merkte, dass ihm das Wasser bis zur Taille ging, als er mit den anderen schemenhaften Gestalten Richtung Ufer watete. Als sie noch etwa vierzig Meter vor sich hatten, hörten sie vom Strand her Bremsen quietschen. Ein Lastwagen mit Milizsoldaten war herangebraust. Die Soldaten sprangen herunter, und der Lastwagen rangierte so, dass seine Scheinwerfer das Wasser und die Brigadekämpfer beleuchteten. Die Männer erstarrten. Jack entriss einem Mann eine Maschinenpistole und feuerte das Magazin leer. Jede dritte Patrone war ein Leuchtspurgeschoss, daher konnte er deutlich erkennen, dass der Lastwagen von Kugeln durchsiebt wurde. Andere Brigadekämpfer begannen zu schießen. Am Ufer blitzte Mündungsfeuer auf, als die Milizsoldaten zurückschossen. Dann zogen sie sich, ihre Verwundeten und Toten mitschleifend, in dichtes Buschwerk am Rand des Strandes zurück. Die Lichter der Autoscheinwerfer erloschen. In der Dunkelheit rief Roberto seinen Männern zu, das Feuer einzustellen, und sie wateten durchs Wasser zum Strand.
    Rechts von ihnen hatte ein anderes Bataillon bereits die Felsmole erreicht, und die Männer rannten schießend auf das Gebäude zu, auf dessen Dach in Neonschrift Blanco’s stand. Weiter links kamen die Kämpfer eines weiteren Bataillons von einem sinkenden Landungsboot an Land gewatet und stürmten wild feuernd über den Sand auf die kleinen Bungalows zu, die in ordentlichen Reihen am Rand des Strandes standen. Ein Brigadekämpfer ließ sich neben Jack auf die Knie sinken. Er richtete sein .75er-Gewehr auf einen Bungalow, in dessen Fenstern kleine Funken glühten, und drückte ab. Der Schuss schlug ins Dach ein und setzte es in Flammen. Im gelben Schein der Flammen sah man die letzten Milizsoldaten flüchten.
    Und dann war die Nacht plötzlich beängstigend ruhig; Grillen zirpten im Gebüsch, ein Generator irgendwo hinter den Bungalows brummte leise vor sich hin. Roberto hob eine Hand voll Sand auf und hielt eine kurze Rede. Die Männer, die ihn hören konnten, jubelten heiser. Dann marschierten sie landeinwärts, um die Straße, den Ort Girón und die drei Dammstraßen durch den Sumpf zu sichern. Ein Trupp entdeckte einen altersschwachen Chevrolet hinter einem Bungalow, warf den Motor an und fuhr los, um den Flugplatz einzunehmen.
    Jack sah sich den Strandabschnitt genauer an. Einige verwundete Brigadekämpfer wurden in ein improvisiertes Lazarett getragen, das man in einem der Betonbungalows einrichtete. Einen anderen benutzte Roberto Escalona als Hauptquartier. Jack entdeckte die Leichen von drei Castro-Soldaten mit den Insignien des 339. Milizbataillons auf den Ärmeln. Sie lagen mit dem Gesicht nach unten im Sand, und Blut sickerte aus ihren Wunden. Er betrachtete die Toten eine Weile und versuchte, sich zu vergegenwärtigen, mit welchem Ziel die Brigade nach Kuba gekommen war, versuchte abzuwägen, ob dieses Ziel das Töten und die Toten rechtfertigte.
    Als er am Strand entlangging, sah Jack einen Brigade-Unteroffizier – fast noch ein Kind – mit einem wuchtigen Funkgerät auf dem Rücken. Er kauerte hinter einem zerschossenen Jeep und wiegte den Kopf eines toten Kameraden in den Armen. Jack zog den Jungen sachte hoch und bedeutete ihm, mit in Blanco’s Bar zu kommen. Drinnen spielte noch immer die Musikbox. Herumliegende Bierdosen und verstreute Dominosteine zeugten davon, dass die Bar hastig verlassen worden war. Jack ließ sich auf einen Stuhl sinken; er hatte gar nicht gemerkt, wie ausgepumpt er war, bis er sich setzte. Er winkte dem Jungen Unteroffizier, das Funkgerät einsatzbereit zu machen.
    »Wie heißt du, amigo? «, fragte er den Funker.
    »Orlando, Señor. «
    »Willkommen in der Heimat, Orlando.« Jack

Weitere Kostenlose Bücher