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Die Company

Die Company

Titel: Die Company Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Littell
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Ihnen.« sagte Manny. Er blickte auf seine Uhr. »Wir haben noch eine Dreiviertelstunde.«
    Kukuschkin stellte selbst das Tonbandgerät an und zog das Mikrofon an den Rand des Küchentisches. »Heute möchte ich Ihnen erzählen, was die Nachricht enthielt, die ich auf der Herrentoilette im Hotel Jefferson für einen Agenten deponiert habe, den die Residentur in Ihrer National Security Agency hat.« Als der Russe zögerte, lächelte Manny aufmunternd. »Gut, ich habe Ihnen ja bereits erzählt, dass der Resident mir eine verschlüsselte Notiz gegeben hat, die zusammengerollt in der Kappe eines Füllfederhalters steckte. Da sie keine Operationellen Informationen betraf, hat Borisow mir verraten, was sie zum Inhalt hatte. Die Nachricht lautete, Glückwunsch zum Zweiten Mann. Sie müssen wissen, dass die KGB-Richtlinien für die Agentenführung vorschreiben, dem Privatleben von amerikanischen Agenten besonderes Augenmerk zu schenken. Der Inhalt dieser speziellen Nachricht legt die Vermutung nahe, dass die Frau des Amerikaners, der innerhalb Ihrer NSA spioniert, einen zweiten Sohn zur Welt gebracht hat, vermutlich irgendwann Anfang Januar …«

 
    3 Moskau,
Sonntag, 9. Juni 1974

    A
    ußer den Fältchen um die Augen und einigen Pfund mehr auf den Hüften hatte PARSIFAL sich kaum verändert, seit Jewgeni sich mit ihm vor dreiundzwanzig Jahren auf dem Schlachtfeld von Gettysburg getroffen hatte. »Furchtbar nett, dass Sie vorbeischauen«, murmelte Harold Adrian Russell Philby, als er seinen Besucher über einen engen, nach Desinfektionsmittel riechenden Flur in ein kleines Wohnzimmer führte, das mit Möbeln und Stapeln von Büchern und Zeitschriften voll gestopft war. Ein Ventilator, der unten in ein Fenster eingelassen war, summte im Hintergrund. »D-d-das Ding macht einen Höllenlärm, aber zumindest verschafft es ein bisschen Kühlung. Wenn ich mich recht erinnere, hießen Sie bei unserer letzten Begegnung Eugene, nicht wahr? Wie darf ich Sie jetzt nennen?«
    »Das russische Äquivalent – Jewgeni.«
    »Na, alter Junge, Sie haben sich gut gehalten, das muss ich Ihnen lassen, was man von anderen, die ich kenne, nicht behaupten kann. Sie sind immer noch in den Staaten, was?«
    Jewgeni hob entschuldigend die Augenbrauen.
    »Ach Gott, mir ist wirklich nicht mehr zu helfen! T-t-tut mir Leid, tut mir schrecklich Leid«, brummte Philby. »Idiotisch, einen Spion so was zu fragen, was?« Es war noch nicht vier Uhr am Nachmittag, und Philbys Atem roch schon nach Alkohol. »Ich nehme an, Starik hat Sie geschickt, um bei mir nach dem Rechten zu sehen, was?«
    »Nein«, log Jewgeni, » ich habe ihn gefragt, wo ich Sie finden kann. Ich hab gedacht, es wäre doch nett, ein bisschen über alte Zeiten zu plaudern.«
    »Richtig. Und ob das nett wäre. Mit dem guten alten PARSIFAL über alte Zeiten plaudern.« Blinzelnd griff er nach einer halb leeren Flasche Lagavulin und goss Jewgeni einen Whisky ein, bevor er sein eigenes Glas bis zum Rand nachfüllte. »Eis? Wasser? Beides? Pur?«
    »Eis, danke. Lagavulin habe ich Ihnen doch immer nach Hause in die Nebraska Avenue geliefert. Wie schaffen Sie es, in Moskau guten Malt-Whisky aufzutreiben?«
    Philby knöpfte sich den alkoholbefleckten Blazer auf und sank behutsam in einen schäbigen Sessel, dessen Sprungfedern quietschten. »Ich kriege in Moskau alles, was ich brauche«, brummte er. »Ein Kinderspiel. Ich mache einfach eine Einkaufsliste – M-m-mango-Chutney von Harrod’s, maßgeschneiderte Blazer von Savile Row, Beluga vom Kaspischen Meer, Oliven aus Italien, die Times aus London, sieben Tage verspätet per Luftpost – egal was, meine Aufpasser besorgen es.«
    »Stört es Sie, dass Sie Aufpasser haben?«, fragte Jewgeni und setzte sich auf ein abgewetztes kleines Sofa mit grellbuntem Blumenmuster. Er hatte Bekanntschaft mit Philbys Aufpassern gemacht, als er das heruntergekommene Gebäude am Patriarchenteich betrat; der in der Eingangshalle hatte seinen Ausweis sehen wollen und seinen Namen auf einer Liste abgehakt; der auf dem Flur im dritten Stock hatte ihm knapp zugenickt; der vor der Tür von Philbys schäbiger Drei-Zimmer-Wohnung hatte erneut seinen Ausweis sehen wollen.
    Philby lachte. »Ich muss mich mit denen abfinden, alter Junge. Angeblich muss ich rund um die Uhr bewacht werden, damit der MI6 mich nicht erledigt. Aber in Wirklichkeit haben sie Angst, dass Jimbo Angleton aus mir einen Tripelagenten gemacht hat. Herrgott, so ein Schwachsinn – das Leben als Doppelagent

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