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Die Company

Die Company

Titel: Die Company Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Littell
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und rührte die Mischung mit dem kleinen Finger um, bis sich das weiße Pulver aufgelöst hatte.
    »Runter damit, Mr. Torriti«, sagte Miss Sipp aufmunternd. »Es wird Sie schon nicht umbringen.«
    Harvey Torriti hielt sich die Nase zu und schluckte das Gebräu in einem einzigen langen Zug runter. Er schüttelte sich und fuhr sich mit dem zerknitterten Hemdsärmel über den Mund. Magenkrämpfe, Verstopfung, Appetitlosigkeit, permanentes Sodbrennen, ein dumpfer Kater, der in den nächsten überging, auch wenn er seinen Alkoholkonsum auf anderthalb Flaschen am Tag reduzierte, plagten ihn seit der gescheiterten Exfiltration des Russen Wischnewski. Jede Nacht schreckte er schweißgebadet aus dem Schlaf und sah vor sich, wie eine großkalibrige Pistole einen fleischigen Nacken mit Blei voll pumpte. Der kleine Russe hatte sein Leben in Torritis schwitzende Hände gelegt. Und das seiner Frau. Und das seines Sohnes. Torriti hatte die Sache vermasselt. In den Tagen danach hatte er verzweifelt nach einer Schwachstelle in der Berliner Basis gesucht; er hatte die Personalakten von allen durchforstet, die unmittelbar an der Operation beteiligt gewesen waren: Jack McAuliffe, die beiden Silvans, die Nachteule, der Codemitarbeiter, der die Nachrichten an und von Angleton chiffriert und dechiffriert hatte.
    Falls Wischnewski wegen einer undichten Stelle hatte dran glauben müssen, dann war die jedenfalls nicht in Berlin.
    Der Zauberer hatte Mother in einer vorsichtig formulierten Nachricht nahe gelegt, alle Mitarbeiter, die auf seiner Seite mit der Operation zu tun gehabt hatten, genauestens unter die Lupe zu nehmen. Er fand Angletons angesäuerte Antwort am nächsten Morgen auf seinem Schreibtisch. Mit scharfen Worten teilte Angleton ihm mit, dass es erstens nicht erwiesen sei, dass die Exfiltration aufgrund einer undichten Stelle misslungen war; Wischnewski hätte schließlich von seiner Frau oder seinem Sohn oder einem eingeweihten Freund verraten worden sein können; genauso gut hätte Wischnewski sich selbst durch eine unbedachte Äußerung oder verdächtige Handlung verraten haben können; und zweitens sei ausgeschlossen, dass die undichte Stelle in Washington war, die Verantwortung könne nur in Berlin liegen. Schluss aus. Ende der Diskussion.
    Einige Tage nach dem Debakel war der Zauberer auf eindeutige Beweise gestoßen, dass Wischnewski tatsächlich verraten worden war. Torriti hatte die Ergebnisse seiner produktivsten Informationsquelle durchgesehen, einer hochtechnologischen Wanze, die in der Wand der Kommunikationszentrale der Karlshorst-Residentur versteckt war. Der KGB kommunizierte mit der Moskauer Zentrale via Verschlüsselungssysteme, die nach einmaliger Verwendung vernichtet wurden, so dass sie unmöglich geknackt werden konnten. Äußerst selten kam es vor, dass zur Beschleunigung der Nachrichtenübermittlung zwei KGB-Nachrichtenoffiziere die Verschlüsselung vornahmen – einer las den Text vor, der andere chiffrierte ihn.
    In der Nacht, als Wischnewskis Exfiltration gescheitert war, hatten zwei KGBler eine »Dringende Me ldung« an die Moskauer Zentrale auf diese Weise verschlüsselt, so dass der vorgelesene Text von Torriti's Wanze aufgenommen worden war. Die Übersetzung aus dem Russischen lautet e: »Betr.: Meldung vom 2. Januar 1951 Stop Frühwarnung aus Moskauer Zentrale verhinderte Exfiltration von Oberstleutnant Wolkow-Wischnewski mit Frau und Sohn Stop Berliner Basis gratuliert herzlich allen Beteiligten Stop Wolkow-Wischnewski mit Frau und Sohn in Eberswalde sofort an Bord von Militärmaschine gebracht Stop Voraussichtliche Ankunftszeit Moskau null sechs fünfundvierzig.«
    Die Formulierung »Frühwarnung« bestätigte, dass der KGB über die bevorstehende Exfiltration einen Tipp erhalten hatte. Doch von wem?
    Der Zauberer musste an Wischnewskis Worte denken: »Ich kann Ihnen die Identität eines sowjetischen Agenten im britischen Geheimdienst verraten«, hatte er gesagt. »Jemand ganz oben im MI6.«
    Torriti überprüfte die verschlüsselten Meldungen, die zwischen Angleton in Washington und der Berliner Basis ausgetauscht worden waren, doch es deutete nichts darauf hin, dass jemand im MI6 – oder überhaupt irgendein Brite – in das Geheimnis eingeweiht gewesen war. Es war undenkbar, dass die Russen Angletons polyalphabetische Schlüssel geknackt hatten. War es möglich, dass der Sowjetagent ganz oben im MI6 über einen Hintermann von der geplanten Exfiltration Wind bekommen hatte?
    Torriti musste

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