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Die Comtessa

Die Comtessa

Titel: Die Comtessa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulf Schiewe
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und unseres Weges ziehen.«
    »Glaubt, um Gottes willen, nicht, Ihr würdet uns zur Last fallen,
Domina.
«
    »Warum nennt Ihr mich
Domina?
«
    »Jetzt habe ich mich verplappert.« Die Priorin hielt die Hand vor den Mund und lachte verlegen. »Als Ihr kamt, habt Ihr uns verschwiegen, wer Ihr seid. Wir haben nicht gefragt und Euch aufgenommen, wie alle Flüchtigen, die sich unter unseren Schutz stellen. Aber die jungen Ritter reden oft von Narbona. Und Euer Name ist ja nicht unbekannt. Da war es nicht schwer zu erraten, dass Ihr die junge Erbin seid.«
    Ermengarda nickte. »Es ist wahr.«
    »Aber warum seid Ihr auf der Flucht?«
    Sie beschloss, der guten Priorin nun doch ihre Geschichte zu erzählen. Als sie geschlossen hatte, saß
Magistra
Bertrada lange nachdenklich da.
    »Ich verstehe Euch, Herrin«, sagte sie dann. »Aber fast alle Ehen werden aus solchen oder ähnlichen Gründen geschlossen. Es kann sich nicht jede Frau gegen ihr Schicksal auflehnen, wo kämen wir da hin? Und wenn Ihr glaubt, die Männer wären frei, dann irrt Ihr. Sie sind ihren Lehnsherren unterworfen oder ihren Verpflichtungen gegenüber Verbündeten und Vasallen. Der Bauer kann nicht von seiner Scholle, der Mönch gehorcht der Ordensregel und dem Prior. Jeder muss an der Stelle dienen, die Gott für ihn bestimmt hat. Ohne Unterwerfung und Gehorsam würde die Welt in Unordnung und Gesetzlosigkeit versinken.«
    »Es gibt aber doch so etwas wie den freien Willen, oder etwa nicht? Hat man nicht das Recht, sein Schicksal selbst zu bestimmen?«
    »Der freie Wille, sagt Ihr? Ein schöner Gedanke. Doch die Wirklichkeit ist anders. Wer sich nicht fügen will, muss leiden, wird von der Gemeinschaft ausgestoßen und zerbricht daran. Davor würde ich Euch gern bewahren.«
    »Ihr redet wie mein Beichtvater, wenn er vom biegsamen Schilf im Sturm spricht.«
    »Ein weiser Rat.«
    Ermengarda hob trotzig ihr Kinn. »Ich entstamme einer langen Linie. Der erste Aimeric hat sich Narbona durch tapfere Taten erkämpft. Mein Großvater ist für seinen Glauben im Heiligen Land gestorben. Mein Vater hat geherrscht, wie es ihm beliebt, und wurde dafür geachtet. Auch er ist ehrenvoll im Kampf gegen die Mauren gefallen. Und durch ihn fließt Normannenblut in meinen Adern. Glaubt Ihr, ich werde zulassen, dass ein Alfons mein Erbe raubt, nur weil ich jung und eine Frau bin?«
    »Aber der Erzbischof selbst hat Euch getraut. Wie wollt Ihr trennen, was Gott gefügt hat?«
    »Das war nicht Gottes Wille«, rief Ermengarda aufgebracht.
    »Wie meint Ihr?«
    »Die Kirche verlangt das Einvernehmen der Braut. Das habe ich aber nicht gegeben, ganz im Gegenteil. Der Erzbischof hat mich ja nicht einmal gefragt. Und meine Stiefmutter hat mich fürchterlich verprügelt und mir mehr davon angedroht. Sie haben mich alle gezwungen, weil sie glaubten, ich sei zu jung und dumm, um mich zu wehren. Was blieb mir also übrig, als wegzulaufen?«
    Die Priorin sah sie lange an.
    »Nun, mein Kind, ich weiß nicht, ob es richtig ist, was Ihr tut. Aber in jedem Fall habt Ihr großen Mut.« Sie fasste Ermengardas Hand. »Alle hier haben Euch liebgewonnen. Bleibt, so lange es Euch gefällt. Und wenn die jungen Herren gelegentlich ein Wildbret beisteuern, so wie gestern, dann ist allem Genüge getan.«
    »Ich danke Euch,
Magistra.
Aber wir haben uns entschieden, wir müssen weiter. Ohne Kampf will ich nicht aufgeben. Ob es mir gelingt, weiß der Himmel, aber versuchen muss ich es allemal.«
    »Was immer Ihr tut, vertraut in Gott, dass Er Euch leitet.«
    Lange noch klangen diese Worte in Ermengarda nach, während sie schweigend das Mittagsmahl einnahm. Danach hatte sie das Bedürfnis, sich die Beine zu vertreten, dem Treiben des Klosters für eine Weile zu entfliehen. Sie bat Arnaut, sie zu begleiten. Von der Priorei führte ein Weg in den verschneiten Wald. Der Pfad wurde häufig benutzt, um Brennholz aus dem Wald zu holen, und war trotz des Schnees ausgetreten und gut begehbar. Die winterliche Pracht und die trockene, kalte Bergluft waren für sie, die aus der Ebene am Meer kam, ein neues Erlebnis, und sie genoss es in vollen Zügen. Als sie sich bei Arnaut unterhakte, merkte sie, wie er ein wenig zurückzuckte und seine Haltung sich versteifte. Aber das reizte sie, sich nur noch enger an ihn zu schmiegen. Sie sah zu ihm auf, konnte jedoch nur ein flüchtiges Lächeln von ihm erhaschen.
    »Das nächste Mal will ich auch zur Jagd mitkommen.«
    »Solange du keine Dummheiten machst wie Felipe.«
    Er

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