Die Comtessa
seinen Armen lag.
Er trug sie über die Schwelle des
refectoriums.
Als er sie vorsichtig auf die Tafel legte, regte sie sich mit einem Mal, stöhnte und schlug die Augen auf. Hastig versuchte sie, sich aufzusetzen, zuckte gleich vor Schmerz zusammen, fuhr mit der Hand an die Wunde. Sie sah zu ihm auf, die Augen voller Furcht.
»Was ist geschehen?« Sie war verwirrt über all die Gesichter, die sie besorgt und neugierig anstarrten.
»Du lebst«, stieß Arnaut in unendlicher Erleichterung hervor. Er drückte sie sanft zurück. »Lieg ganz still und beweg dich nicht.« Dann rief er lautstark nach der Priorin. Als
Magistra
Bertrada erschien und sich einen Weg durch die Umstehenden bahnte, sagte er: »Ein Kerl hat uns im Wald aufgelauert.«
»Was?«, rief Felipe fassungslos, der der Priorin gefolgt war.
Ermengarda würde fürs Erste versorgt sein, sagte sich Arnaut. Nun hatten sie anderes zu tun. »Wir müssen ihn fangen. Ruf sofort die anderen, wir treffen uns bei den Pferden.«
»Bleib doch«, rief Ermengarda mit schwacher Stimme, aber Arnaut war schon fort. Felipe hatte feuchte Augen. Er nahm ihre Hand und küsste sie inbrünstig. Dann war auch er auf und davon.
Während Arnaut und die anderen, auch Raimon schloss sich ihnen an, zu Schwert und Schild griffen, in größter Eile die Pferde sattelten und sich auf den Weg machten, übernahm
Magistra
Bertrada die Herrschaft. Sie schickte alle Männer aus dem Raum, rief nach heißem Wasser und sauberen Binden, sandte eine Schwester nach ihren Kräutern und begann mit einer anderen, Ermengardas Oberkörper vorsichtig zu entkleiden. Scheite wurden aufs Feuer gelegt, frisches Wasser geholt, Binsenlichter angezündet, denn es war auch tagsüber recht dämmrig im
refectorium.
Ermengarda zitterte vor Kälte in ihrer Nacktheit.
»Es hilft nichts, mein Kind. Ich muss mir das jetzt ansehen.«
Die Priorin hieß einer der Frauen, ihr gut zu leuchten, beugte sich über die Verletzte und betrachtete eingehend die Wunde am Brustansatz. Sie schüttelte den Kopf, hob dann vorsichtig Ermengardas Arm an, wo an der Innenseite der Pfeil steckte, und tupfte mit einem feuchten Tuch das angetrocknete Blut weg. Als sie sich wieder aufrichtete, lächelte sie erleichtert.
»Es sieht schlimmer aus, als es ist. Der Pfeil hat die Brust nur gestreift. Natürlich wird eine kleine Narbe bleiben. Dann hat er einen Teil des inneren Oberarms durchbohrt. Im dicken Wams ist er stecken geblieben. Es hat stark geblutet, aber sobald wir den Pfeilschaft entfernt haben, wird es heilen.«
Ermengarda blickte an sich herunter. »Genau wie Raimon«, flüsterte sie und schauderte. »Was für ein Zufall.«
»Ein Zufall war das wohl kaum«, sagte die Priorin grimmig. »Da hat es jemand auf Euch abgesehen. Aber jetzt sollt Ihr tapfer sein. Wir müssen den Pfeil entfernen.«
Vorsichtig schnitten sie die Befiederung vom Bolzen. Dann steckten sie Ermengarda ein Stück Holz zwischen die Zähne und hießen sie kräftig zubeißen. Ein kräftiger Ruck, und der Schaft löste sich schneller als erwartet aus dem Fleisch, und doch trieb der scharfe Schmerz ihr Tränen in die Augen. Die Wunde wurde ausgewaschen, eine blutstillende Kräuterpaste aufgetragen und ein fester Verband angelegt. Die leichte Verletzung der Brust wurde ähnlich behandelt.
»Ich weiß nicht, zu welchem Heiligen Ihr betet, Herrin, aber er hat Euch heute einen guten Dienst erwiesen. Es ist ein Wunder, dass Ihr noch lebt. Eine Handbreit weiter rechts …« Sie ließ den Satz unvollendet.
Ermengarda versuchte zu lächeln. »Mein Heiliger ist Arnaut. Er hat mich rechtzeitig zur Seite gestoßen.«
»Wisst Ihr, dass er Euch den ganzen Weg getragen hat?«, sagte eine der Frauen. »Ihr wart ohnmächtig.«
»Hat er wirklich? Ich schäme mich.«
»Das müsst Ihr nicht. Es war der Schreck, den Ihr erlitten habt.«
Die guten Schwestern hüllten sie in warme Decken und schoben ihr einen Stuhl in die Nähe des Feuers, gaben ihr heißen Kamillenaufguss zu trinken und umsorgten sie wie ein krankes Küken. Es war bereits dunkel, und man hatte schon zu Abend gegessen, als die jungen Ritter zurückkehrten.
»Wir konnten lange seine Spur verfolgen, aber am Ende ist er uns entkommen«, sagte Arnaut missmutig und setzte sich zu Ermengarda. Sie legte ihm sanft die Hand auf den Arm.
»Die Wunde ist zum Glück nicht so schlimm. Aber wenn du nicht gewesen wärst …« Plötzlich hatte sie Tränen in den Augen. »Ich hätte tot sein können.«
Er spürte einen
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