Die Comtessa
wünsche so wenig Blutvergießen wie möglich«, warf Ermengarda in die Runde.
Raol nickte ernst. »Damit sind wir alle einverstanden.«
»Um auf die Frage des jungen Mannes zurückzukommen«, sagte Menerba und nickte Arnaut freundlich zu. »Meine Männer sind schon in der Stadt, hier in der Nordhälfte. Giraud und seine Jungs ebenfalls. Könnt ihr euch unauffällig in lo Borc sammeln?«
»Natürlich«, stimmte Giraud zu.
»Ihr müsst den Palast des Grafen einnehmen. Auch die Wachen am Tor sind Eure Aufgabe. Ich kümmere mich um la Ciutat.«
»Das ist zu viel für Eure hundert Mann«, warf Raol ein. »Eine weitere Truppe der Katalanen soll Euch unterstützen. Die Frage ist nur, wie kommen die in die Stadt, ohne Aufsehen zu erregen?«
Menerba dachte nach. Dann deutete er auf eine Stelle an der Ostmauer nördlich von Vila Nova. »Hier gibt es eine winzige Pforte, durch eine eiserne Tür gesichert. Sehr versteckt, hinter einem Mauervorsprung, als heimliches Ausfalltor gedacht. Sie heißt
la posterula,
das Hintertürchen. Gut benannt, würde ich sagen.« Er lachte. »Der Schlüssel wird sich bei der
militia
auftreiben lassen. Dort lassen wir Euch ein.«
»Gut. Wer führt diese Gruppe?«
»Arnaut«, bestimmte Ermengarda, ohne zu zögern. Er war erstaunt. Ihm wollte sie diese wichtige Aufgabe anvertrauen?
»Er ist noch jung«, gab
Senher
de Castellvell zu bedenken. »Aber was man so hört, hat er sich auf
Midomnas
Flucht ja schon bewiesen. Ich hätte nichts dagegen.« Er klopfte Arnaut auf die Schulter.
»Und ich gehe mit ihm«, fügte Ermengarda hinzu.
Letzteres bewirkte heftiges Stirnrunzeln bei den Älteren. »Zu gefährlich,
Domina
«, sagte Menerba. »Wir wollen doch nicht, dass Ihr zu Schaden kommt.«
»
Senher
Jaufré hat eine leichte Rüstung für mich«, sagte sie und zwinkerte dann
Senher
de Castellvell zu. »Eure Katalanen werden mich schon beschützen,
Capitan.
Bis in die Hölle. War das nicht die Vereinbarung?«
»Nun ja«, war die verlegene Antwort.
»Dann ist es abgemacht.«
Und so besprachen sie sich noch die halbe Nacht, verteilten Aufgaben und Verantwortlichkeiten, klärten alle Fragen. Dann legte man sich schlafen, wobei dies den erfahrenen Kriegern leichter fiel als den übrigen.
Besonders Ermengarda lag lange wach. So forsch und tapfer, wie sie sich während der Beratung gegeben hatte, fühlte sie sich nicht. Ihr Herz schlug aufgeregt. Hin- und hergerissen war sie zwischen grimmer Ungeduld, endlich der Widersacherin entgegenzutreten, und der Furcht, alles, auch ihr Leben, auf eine Karte zu setzen. Konnten sie wirklich die Stadt einnehmen? Oder würden sie alle bei dem Versuch zu Tode kommen? Aber wie es auch ausgehen mochte, sie würde es an Arnauts Seite erleben. Das beruhigte sie ein wenig.
***
Der Tag graute wolkenverhangen.
Ein scharfer Wind aus dem Norden wirbelte nasses, vermodertes Laub zwischen den Bäumen auf. Die heruntergebrannten Lagerfeuer wärmten wenig, und die Katalanen krochen vor Kälte zitternd aus ihren Zelten. Die Männer fluchten ausgiebig und fragten sich, was, zum Teufel, sie in diesem unwirtlichen Wald zu suchen hatten, mitten im Winter. Schon zu lange waren sie unterwegs und erleichtert, dass es am Abend endlich losgehen sollte.
Arnaut und Severin erreichten früh am Morgen das Lager im Wald. Ihnen war eine Truppe von dreißig der erfahrensten Krieger zugeteilt worden, denn ihre Aufgabe, nachts heimlich in die Stadt einzudringen, war nicht nur gefährlich, sondern für den Ausgang des Unternehmens von entscheidender Bedeutung. Sie sollten den
palatz vescomtal
erstürmen und die
Vescomtessa
Ermessenda ergreifen, bevor sich Widerstand bilden konnte.
Ursprünglich hatte Menerba dies als seine persönliche Pflicht empfunden, aber der Gedanke, die einstige Geliebte mit blutigem Schwert in der Hand aus dem Bett zu zerren, hatte ihn zögern lassen. Und so war er einverstanden, dies den Katalanen anzuvertrauen, solange Arnaut versprach, la Bela lebend zu fangen und vor allem seinen Sohn Felipe zu befreien.
Arnaut machte sich mit seinen neuen Kameraden bekannt. Es war eine Auszeichnung, dass man ihm diese Aufgabe anvertraut hatte. Heimlich war er jedoch froh, dass ihm ein kampferfahrener Haudegen an die Seite gestellt worden war, ein Ritter aus dem Grenzland zu den maurischen Marken, der sich Roderic nannte. Gemeinsam wählten sie einen weiteren als Unterführer und teilten die Truppe unter sich auf. In allen Einzelheiten sprachen sie den Einsatz durch, aßen das
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