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Die Comtessa

Die Comtessa

Titel: Die Comtessa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulf Schiewe
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karge Brot der
soudadiers,
sahen nach den Waffen, schärften Schwerter, suchten Zerstreuung beim Würfelspiel oder versuchten, ein paar Stunden zu schlafen, doch meist vergeblich. Der Tag schien nicht enden zu wollen.
    Am Nachmittag endlich erreichten Raol, Jaufré und Castellvell in Begleitung einer Gruppe von Mönchen das Lager. Sie verteilten eilig genähte Abzeichen und Wimpel mit dem Tolosaner Wappen, die bei näherer Betrachtung nicht sehr überzeugend wirkten, aber in der Dunkelheit hoffentlich ausreichen würden, den Feind zu täuschen.
    Die Männer wappneten sich, zogen ihre schweren Kettenpanzer über die langen, ledernen
gambais.
Den Schwertgürtel schnallte Arnaut eng um die Hüften. Das half, einen Teil des Panzergewichts von den Schultern zu nehmen. Über eine wattierte Lederkappe folgte die Kettenhaube für Kopf und Hals, dann der schwere Normannenhelm mit eisernem Nasenbügel, so dass Gesichtszüge kaum noch zu erkennen waren. Nur die langjährige, tägliche Übung machte es möglich, sich im Kampf trotz des Gewichts der Rüstung schnell und natürlich zu bewegen.
    Arnaut schob einen langen Dolch in den Gürtel, und als er prüfte, ob das Schwert leicht genug aus der Scheide glitt, kam Jaufré, um nach ihm zu sehen.
    »Versucht, so lange unentdeckt zu bleiben wie nur irgend möglich, hörst du? Und dann schlagt zu, schnell und hart, ohne zu zögern. Und vergiss eines nicht. Einsame Heldentaten sind im Krieg nicht gefragt, ganz gleich, was man so erzählt. Einer schützt den anderen. Nur gemeinsam werdet ihr siegen.«
    »Ich weiß, Großvater. Du hast es oft genug gesagt.«
    »Und ich sag es noch einmal. Du bist für diese Männer und ihr Leben verantwortlich. Denk daran. Deshalb, für heute Nacht, solltest du lieber deinen Kummer vergessen.«
    »Welchen Kummer?«
    Jaufré trat näher, damit ihn außer Arnaut und Severin niemand hören konnte. »Denkst du, ich bin mit Blindheit geschlagen? Aber für Herzensleid ist heute keine Zeit,
mon gartz.
«
    »Was geht dich mein Herzeleid an, wie du es nennst? Meint hier jeder, er müsse mir kluge Ratschläge geben?«
    Jaufrés Augen ließen ahnen, dass Arnauts Ausbruch ihn verletzt hatte. Aber er ließ sich nicht beirren. »Ich will dir sagen, was es mich angeht. Ich bin nicht jeder, und du bist mein Enkelsohn. Und wegen solcher Flausen im Kopf ist schon mancher dumme Junge in ein Schwert gerannt. Das will ich dir nicht wünschen. Also reiß dich zusammen.«
    »Ja, Großvater.«
    Jaufré musste plötzlich niesen. »Hoffentlich hab ich mich nicht erkältet«, lachte er, und das löste die Spannung zwischen ihnen ein wenig. »Bin das Lagern im Freien nicht mehr gewohnt. Cortesa hat recht, ich werde langsam alt.« Er holte ein Sacktuch hervor und schneuzte sich lautstark. »Und wer schützt deine ungedeckte Seite?«, fragte er dann.
    »Ich,
Senher
Jaufré«, sagte Severin.
    »Gut. Dir vertraue ich. Wie deinem Vater. Er war ein guter Krieger. Und tapfer.« Er legte Severin die Hand auf die Schulter. »Pass gut auf meinen Enkel auf.«
    »Wird gemacht, Herr.« Severin grinste selbstbewusst.
    In diesem Augenblick erschien Ermengarda auf Arnauts Wallach. Sie trug den leichten Türkenpanzer, den Jaufré ihr geliehen hatte, ein Beutestück aus seinen Kriegstagen in Outremer. An ihrer Seite hing ein kurzes Schwert, das leichteste, das sich hatte finden lassen. Schon recht seltsam, eine Frau, noch dazu von ihrer Schönheit, in solch kriegerischer Aufmachung zu sehen. Aber den Soldaten schien es zu gefallen, denn die Gespräche verstummten, und aller Augen verfolgten gebannt, wie sie aus dem Sattel sprang und Helm und Lederkappe abnahm.
    Etwas befangen trat sie vor, machte plötzlich zum Spaß eine hilflose Geste, als zwänge das Gewicht des Panzers sie gnadenlos in die Knie, und grinste dabei schalkhaft. Das gefiel den Soldaten, sie riefen Scherze und lachten ausgelassen. Lächelnd ging sie auf die Ritter zu. Ihre Wangen waren gerötet, das Haar wehte ihr ums Gesicht. Wie ein in Eisen gekleideter Engel sah sie aus.
    Die Männer liebten es, als sie von Mann zu Mann ging, nach ihren Händen fasste, hier und da nach den Namen fragte, ihnen Glück wünschte. Trotz ihrer zarten Jugend und schlanken Gestalt wirkte sie gefasst und entschlossen zugleich. Wie macht sie das nur?, fragte sich Arnaut. Sie, die es zu beschützen galt, verbreitete ihrerseits Mut und Zuversicht unter den Männern, allein durch ihre Gegenwart. Erst als Ermengarda auch dem Letzten die Hand gedrückt hatte,

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