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Die Comtessa

Die Comtessa

Titel: Die Comtessa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulf Schiewe
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hörte Maria schluchzen und hatte Mitleid mit ihr.
    »Unsinn«, sagte sie. »Auch ohne dich hätten sie einen Weg gefunden.«
    Wieder einmal war sie außer sich über la Belas Unverfrorenheit, aber es passte zum Bild, das sie von ihrer Stiefmutter hatte. Eher noch war sie betroffen, dass ein Mann wie Menerba sich dazu hergegeben hatte, seinen Lehnsherrn so schändlich zu hintergehen. Es verstieß gegen alle Regeln ritterlicher Treue und Anstand. War sie schlecht beraten, diesem Mann jetzt den Erfolg ihrer Pläne anzuvertrauen? Und wenn er auch sie verriet? Vielleicht liebte er noch immer dieses Weib und war dabei, sie alle in eine Falle zu locken. Ermengarda versuchte, ihre Angst herunterzuschlucken. Und dann stellte sie die Frage, die ihr seit Tagen im Kopf herumspukte.
    »Hat Ermessenda meinen Bruder Aimeric ermordet?«
    »Um Gottes willen, nein!«
    »Bist du sicher? Was weißt du darüber?«
    Lange schwieg Maria. »Es war
Senher
Tibaut«, ließ sie gequält vernehmen.
    »Aber gewiss auf ihren Befehl.«
    »Nein. Soviel ich weiß, hatte sie nichts damit zu tun. Es gab deshalb einen fürchterlichen Streit. Ich habe alles mit angehört, und das war der Grund, warum ich gehen musste. Tibaut hat darauf bestanden. Wahrscheinlich danke ich es Eurer Stiefmutter, dass er mich nicht auch noch hat ermorden lassen.«
    »Hat sie die Tat befohlen?«
    »Nein, das glaube ich nicht.«
    »Aber sie hat den Mord geduldet.«
    »Er hat sie erpresst, ihr mit falschem Zeugnis gedroht, um sie für das Verbrechen anzuklagen, das er selbst auf dem Gewissen hatte. Angeblich ein Zeuge und ein Dokument, das sie unbedacht unterschrieben hatte. Er habe sie hereingelegt, hat sie geschrien.«
    »Ein Dokument? Was mag das gewesen sein?«
    »Ich weiß es nicht, Herrin.«
    »Warum sollte er das alles getan haben?«
    »Tibaut ist ein von Ehrgeiz Getriebener. Gott möge ihn strafen. Er hat es wohl getan, um Macht über sie zu bekommen. Es gab auch gleich Gerüchte nach der Beerdigung. Jeder hätte unbesehen auf la Belas Schuld geschworen, schließlich nützte Euer Bruders Tod nur ihr allein.«
    »Wegen der Regentschaft?«
    Maria nickte. »So ist es. Aber sie war es nicht. Sie hat nur geholfen, die Sache zu vertuschen.«
    Alles in Ermengarda sträubte sich, Maria in diesem Punkt zu glauben. Vielleicht hatte Tibaut ihre Stiefmutter wirklich erpresst, doch dies schien ihr unwahrscheinlich. Schließlich war er in den Jahren la Belas rechte Hand geworden. Offensichtlich ein nützlicher Handlanger für die wahre Mörderin.
    »Dafür wird sie büßen«, murmelte sie.
    »Was sagt Ihr, Herrin?«
    »Nichts, Maria. Ich danke dir. Ich muss jetzt gehen. Bete für uns.«
    »Wir werden die Nacht auf Knien verbringen,
Domina.
«
    »Wenn du am Morgen alle Glocken von Sant Just läuten hörst, dann ist es gelungen.«
    Damit verließen sie Maria und ihre kleine Elendsgemeinde und kehrten zu den Gefährten zurück.
    »Seltsame Geschichte«, sagte Arnaut, als sie ihren alten Platz in der Arena wieder eingenommen hatten. »Dieser Tibaut …«
    »Ermessenda ist die Schuldige«, unterbrach sie sofort.
    »Das ist nicht, was Maria gesagt hat.«
    »Für ihre Taten wird sie sterben. Ich schwöre es.«
    Arnaut sah sie erschrocken an. »Aber …«
    »Ich will darüber nicht mehr reden«, unterbrach sie ihn zum zweiten Mal und wickelte sich erbost in ihren Umhang.
    Er versteht es nicht, dachte sie. Er weiß nicht, wie es ist, wenn man auch noch den Bruder, den Letzten seines Blutes verliert. Durch die Hand einer hinterhältigen Frevlerin. Mein Erbe will sie stehlen? Es wird ihr nicht gelingen. Und Aimeric wird gerächt werden, wie auch mein Vater, den sie betrogen hat. Sie holte tief Luft, als wollte sie die widerwärtigen Gedanken vertreiben, und lehnte sich an Arnauts Schulter. »Ich bin müde«, sagte sie und schloss die Augen. »Und mir ist kalt.«
    Ihre schroffe Haltung befremdete ihn. Nicht weil ihn la Bela dauerte, sondern weil Ermengarda auf ihrer vorgefassten Überzeugung beharrte. Das war nicht die Ermengarda, die er liebte. Außerdem verwirrte es ihn, dass sie sich so selbstverständlich an ihn lehnte, nachdem sie sich in Fontfreda von ihm losgesagt hatte. Die Berührung war ihm jetzt fast unangenehm. Als könne sie einfach über ihn bestimmen, wie es ihr gefiel.
    Doch dann fragte er sich, wie es wohl in ihrem Herzen aussah, nach allem, was sie in den letzten Monaten durchgemacht hatte. Sie war allein, eine Ausgestoßene, eine Verfolgte. Zum ersten Mal seit dem Streit

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