Die Comtessa
und ihre Gefährten habe ich nicht gesehen. Aber die Katalanen waren wie zum Kampf gerüstet und haben nach Einbruch der Dunkelheit ihr Lager abgebrochen. Ich bin ihnen eine Weile gefolgt. Sie hielten sich abseits der Straßen, rasteten im Wald, als warteten sie auf etwas. Dann ging es weiter, aber in westlicher Richtung, als wollten sie die Stadt umgehen und die Straße nordwärts nach Besier nehmen. Da bin ich hergekommen, um zu berichten.«
»Seltsam. Was kann das bedeuten?« Vielleicht sollte er sich morgen diesen Felipe noch einmal vornehmen.
»Irgendetwas haben die vor.«
»Lächerlich. Die Tore werden jede Nacht verschlossen und sind alle gut bewacht. Da kommt keine Maus durch. Und Ermengarda war nicht bei ihnen?«
»Ich hab sie nicht gesehen.«
»Vielleicht im Kloster oder überhaupt woanders?«
»Warum sollte sie woanders sein. Sie hat Rocafort mit den Reitern verlassen, das habe ich überprüft.«
»Vielleicht haben sie sich unterwegs getrennt. Statt hinter den Rittern herzurennen, hättest du besser nach ihr forschen sollen. Die Katalanen sind vermutlich auf dem Weg nach Norden zu ihren Besitzungen in der Provença. Wir machen uns ganz unnötige Gedanken um sie.«
»Mag sein, Herr. Nur eines. Sie trugen keine katalanischen Banner, sondern die Zeichen von Tolosa.«
Tibaut hob erstaunt die Augenbrauen. »Was erzählst du da für wirres Zeug?«
Bevor er weiter darüber nachdenken konnte, schlug es Mitternacht vom Turm der Kathedrale. Gleichzeitig vernahm er die Rufe der
militia urbana,
die ihre Runden ging. Und an den Toren würden jetzt die Wachwechsel stattfinden. Nein, nein. Ein Angriff auf Narbona mit seinen hohen Mauern und festen Toren, das war lächerlich.
»Du musst dich irren«, sagte er bestimmt. »Leg dich schlafen. Wir reden morgen weiter.«
Er rief seinen Diener, der in einer Kammer nebenan sein Lager hatte, und wies ihn an, dem Mann ein Bett zu richten.
»Besser, du nächtigst hier und nicht bei den Mannschaften. Dann belästigen sie dich nicht mit dummen Fragen.«
In der Nacht hatte ein leichter Regen eingesetzt und ihre langen Umhänge durchnässt. Wasser tropfte von Helmen, sickerte in die
gambais
unter der Kettenpanzerung, rann den Nacken hinunter. Außerdem war es unangenehm, das kalte Eisen der Waffen zu berühren.
Doch mit dem dünnen Glockenton, der zu ihnen herüberschallte, hatte das lange Warten endlich ein Ende. Die Männer erhoben sich, streckten ihre steifen Glieder und hauchten ein wenig Wärme in die durchfrorenen Hände. Die meisten flüsterten ein kurzes Gebet und bekreuzigten sich. Da die Mönchsumhänge nicht mehr benötigt wurden, warfen sie diese unter die Büsche.
Alle hatten Tolosaner Wappen auf ihre
sobrecots
genäht, zwei von ihnen trugen ähnlich markierte Wimpel auf den Speeren. Sie hofften, den Gegner lange genug zu täuschen, um sich einen kampflosen Zugang zum
palatz vescomtal
zu verschaffen.
Arnaut rief die Männer zusammen und sprach noch einmal Einzelheiten des geplanten Angriffs durch. Sie hatten drei Gruppen bestimmt, von denen jede eine andere Aufgabe hatte. Die erste sollte Tor und Hof des Palastes sichern, eine zweite unter Führung von Roderic die Mannschaftsunterkünfte im Untergeschoss besetzen und jeden Widerstand unterbinden. Und die dritte unter Arnauts Führung würde so schnell wie möglich bis in die Wohnbereiche in den oberen Stockwerken vorstoßen und Ermessenda gefangen setzen, bevor sich ihre Leibwache dort verschanzen konnte.
Severin hängte sich den Schild um und verkürzte die Länge des Trageriemens, bis er die richtige Höhe hatte.
»Bist du bereit?«, fragte Arnaut.
»Gehen wir’s an«, grinste sein Freund. »Besser als sich hier den Arsch abzufrieren.« Als er lachte, ließ sich in der Schwärze der Nacht nur das Weiße der Zähne in seinem behelmten Gesicht erkennen.
Arnaut wandte sich Ermengarda zu. »Und du?«
»Ich bin bereit«, sagte sie mutiger, als sie sich fühlte, denn ihr Herz klopfte wie wild, und in ihrem Magen hatte sich ein hohles Gefühl ausgebreitet. Wenn alles gutging, würde sie bald la Bela gegenübertreten. Wenn nicht … aber daran wollte sie nicht denken. Sie packte den Griff ihres Schwerts. Die Berührung des kalten Stahls gab ihr Mut.
Auf Arnauts Zeichen lief Jori in leichtem Trott voraus, die anderen folgten. Sie hatten beschlossen, sich den ersten Teil der Strecke warm zu laufen. Matschiger Dreck spritzte an den Stiefeln hoch, als sie auf vom Regen durchweichten Pfaden durch Schlamm
Weitere Kostenlose Bücher