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Die Comtessa

Die Comtessa

Titel: Die Comtessa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulf Schiewe
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sie dich zu mir gelassen haben?«
    »Ich bin gekommen, um dich hier rauszuholen, mein Sohn. Narbona ist befreit vom Joch der Tolosaner. Ermengarda hat die Stadt erobert. Und ich hatte die große Freude, an ihrer Seite zu kämpfen.«
    »Die Stadt erobert?« Mit Staunen lauschte er den Einzelheiten, die sein Vater ihm erzählte. Katalanische Ritter, Raimon und die Bürger, Ermengarda im Kettenpanzer, Arnaut, der den Grafen von Tolosa gefangen hatte. Es war unglaublich.
    »Wo ist Ermengarda? Warum ist sie nicht hier?«
    »Sie ist beschäftigt. Außerdem wollte ich zuerst allein mit dir reden«, sagte Peire de Menerba. In seinen Blick lag aufrichtige Zerknirschung. »Ich wollte dich um Verzeihung bitten. Ich hatte vergessen, dir ein guter Vater zu sein. Und das wegen einer Frau. Sie war es wohl nicht wert, aber ich habe sie geliebt. Vielleicht tue ich es noch immer.«
    »Und was geschieht jetzt mit ihr?«
    »Man wird sehen. Vorerst ist sie Ermengardas Gefangene.«
    Fast schüchtern berührte Felipe die Hand seines Vaters. »Ich weiß jetzt, wie das ist, Vater.«
    Erstaunt sah Peire ihn an. Dann nickte er. »Ich habe davon gehört. Auch von eurem Schwertkampf.« Er seufzte. »Der Mensch legt seine Pläne, Felipe. Doch dann kommt
fortuna
daher und macht mit uns, was sie will. Manchmal zum Guten, manchmal zum Schlechten. Und am Ende ist doch alles Gottes Wille. Man muss es nehmen, wie es kommt. Solange wir unsere Würde nicht verlieren, mein Sohn. Und das, an was wir glauben.«
    Felipe sah seinem Vater in die Augen. Hatte er seine Würde verloren?, fragte er sich. Arnaut mit dem Schwert anzugehen, war sicherlich dumm gewesen. Auch die Scham über Ermengardas Abfuhr brannte noch in ihm.
    »Ich bin stolz auf das, was du getan hast, mein Junge«, fuhr Menerba fort. »Es war mutig und richtig, wenn auch sehr gewagt. Nun aber habt ihr gesiegt. Und bald werdet ihr euch wieder versöhnen. Auch du und Arnaut. Er ist es wert, dein Freund zu sein.«
    Menerba öffnete das Kettenschloss und half seinem Sohn auf die Füße. Dann legte er vorsichtig seinen Arm um ihn und führte ihn aus dem Kerker.
    ***
    Tibaut de Malvesiz war es gelungen, aus dem Palast zu entfliehen und unbemerkt in den Gassen unterzutauchen. Nun konnte er aufatmen.
    Das Wichtigste war jetzt, Ermengardas Rache zu entkommen. Fürs Erste würde er sich auf eines seiner Güter zurückziehen, die er im Laufe der Jahre an verschiedenen Orten erworben hatte, mehrere davon außerhalb der Narboner Gerichtsbarkeit. Dort würde er ausharren, bis Gras über die Sache gewachsen war.
    Er spürte das Gewicht der Taschen, die er trug.
    Das Geld in der einen war von geringer Bedeutung. Wichtig war die andere, die er fest umklammert hielt, denn sie enthielt die Dokumente und Abschriften, die seine Versicherung waren. Gewisse hohe Würdenträger und Adelige der Stadt würden erbleichen, wenn sie wüssten, was er an geheimen Kenntnissen über sie zusammengetragen hatte, vieles durch schriftliches Zeugnis belegt. Selbst der Erzbischof war nicht vor ihm sicher.
    Nein, er machte sich in dieser Hinsicht wenig Sorgen. Anklagen würde man ihn gewiss nicht. Die gegenwärtige Entwicklung bedauerte er natürlich, denn la Bela hatte er gut in der Hand gehabt. Doch zukünftig würden sich andere Gelegenheiten für ihn auftun. Jetzt aber brauchte er erst mal ein Pferd.
    Niemand achtete in der Dunkelheit auf ihn, als er auf der Brücke die Aude überquerte, denn Castellvells Männer hatten sich inzwischen an der Belagerung des Grafenpalastes beteiligt. Etwas abseits an der Innenseite der Stadtmauer von lo Borc standen unbewacht die Pferde der Katalanen. Vorsichtig näherte er sich dem letzten Gaul in der Reihe, band ihn los und wollte das Tier unauffällig wegführen, als plötzlich drei Ritter aus einer Nebengasse auftauchten und ihn stellten.
    Was er denn mit dem Pferd vorhabe, wollten sie wissen. Pferdediebstahl ist ein schwerwiegendes Verbrechen. Sie sahen sich also den Mann genauer an. Er sah wie ein Edelmann aus, doch in einer Zeit, in der Adelige sich gern mit den buntesten Farben schmückten, kam ihnen die schwarze Kleidung des Kerls verdächtig vor, noch dazu in der Nacht. Als sie ihn durchsuchten, fanden sie eine große Summe Silber in einer seiner Umhängetaschen. Die Sache schien ihnen klar. Es musste sich um einen flüchtigen Dieb handeln.
    Doch die
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waren ungeduldig, sich dem Kampf um den Grafenpalast anzuschließen. Sie hatten Besseres zu tun, als sich um einen Dieb zu

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