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Die Comtessa

Die Comtessa

Titel: Die Comtessa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulf Schiewe
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heilender Salbe bestrichen. Die Hand wurde begutachtet, mit einer kühlenden Paste bestrichen und mit einem leichten Leinenverband versehen. Den Arm legte der Gehilfe in einen Schlingenverband, um die Hand zu schonen. Die Brüche in Nase und Rippen wurden untersucht, aber nicht für schwerwiegend befunden.
    »Nichts, was der Herrgott nicht bald wieder richten wird, junger Mann«, sagte der
medicus.
»Außer den Fingergelenken. Die werden wohl steif bleiben. Nichts zu machen.«
    Vater und Sohn wechselten einen Blick. »Er wird es büßen, Sohn, ich schwöre es«, sagte Peire de Menerba mit grimmer Miene.
    Danach war Severin an der Reihe. Vorsichtig half ihm der Diener aus Panzer und Lederwams. Unter der Tunika kam ein riesiger Bluterguss zum Vorschein. Severin biss sich auf die Lippen, bis die Tränen kamen, während der
medicus
die stark geschwollene Schulter aus nächster Nähe betrachtete, betastete und vorsichtig bewegte.
    »Clavicula«,
murmelte er, nachdem ihm Severin berichtet hatte, wie es zu der Verletzung gekommen war. »Der Panzer hat Euch gerettet, mein Sohn, doch das Schlüsselbein ist gebrochen. Und nun beißt die Zähne zusammen, denn ich muss Euch jetzt weh tun.«
    Für einen schwachen alten Mann zeigte der
medicus
erstaunliche Kräfte. Während Severins Gesicht sich vor Schmerz verzerrte und er ein wiederholtes Aufstöhnen nicht unterdrücken konnte, zog und zerrte der Arzt mehrmals an Arm und Schulter, befühlte zwischendurch immer wieder den verletzten Knochen, bis er ein befriedigtes Brummen von sich gab. Severin war kalkweiß geworden und sah aus, als würden ihm die Sinne schwinden.
    »Ich glaube, der Knochen ist nun einigermaßen gerichtet«, sagte der
medicus
ungerührt. »Für die nächsten drei bis vier Wochen ist völlige Ruhe angesagt. Am besten, Ihr legt Euch bewegungslos flach auf den Rücken, damit die Enden sauber zusammenwachsen.« Er schüttelte betrübt den Kopf. »Aber wie ich junge Männer kenne, ist Vernunft wohl das Letzte, was von ihnen zu erwarten ist. Wir werden Euch deshalb einen Verband anlegen, der die Schultern nach hinten zwingt. Das hat schon oft bei solchen Brüchen geholfen.«
    »Du siehst aus wie etwas, das die Katze aus dem Müll reingeschleppt hat«, spottete Felipe, nachdem der
medicus
gegangen war.
    »Ha!«, knurrte Severin. »Hast du selbst schon in den Spiegel geschaut?«
    Darauf mussten sie lachen. Aber als Arnaut eintrat, um nach ihnen zu schauen, verfinsterte sich Felipes Miene sofort.
    »Ihr habt gewiss etwas zu besprechen«, sagte Peire de Menerba und zog sich rücksichtsvoll zurück.
    »Sie haben Giraud gebracht«, sagte Arnaut. »Er hat einen Schwertstich in die Seite abbekommen. Man muss beten, dass er durchkommt.«
    Felipe und Arnaut wechselten einen kurzen Blick, dann schaute Felipe fort. Eine Weile lang herrschte verlegenes Schweigen.
    »Erwartet bloß keine Entschuldigung von mir«, sagte Felipe schließlich patzig.
    »Du musst dich nicht entschuldigen«, antwortete Arnaut. »Seien wir froh, dass alles gut ausgegangen ist.«
    »Als dein Freund, Felipe«, meinte Raimon, »will ich ehrlich mit dir sein. Du hast dich wie ein saudummer Narr verhalten.«
    »So, hab ich das?«, fragte Felipe wütend.
    »Da ist kein Grund zur Eifersucht«, beschwichtigte Arnaut. »Ich habe dir niemanden weggenommen, wenn du das denkst.«
    »Hast du doch«, rief Felipe lauter als gewollt. »Sie sieht nur noch dich.«
    »Unsinn, Felipe.«
    »Und warum benimmt sie sich dir gegenüber so seltsam? Was ist zwischen euch vorgefallen? Kleiner Streit unter Liebenden?«
    »Nichts. Ich wundere mich selbst.«
    »Du hast sie ziemlich angefahren, als sie uns in den Palast nachgelaufen ist«, sagte Severin.
    »Natürlich. Wie leicht hätte ihr etwas geschehen können.« Und außerdem habe ich sie in ihrer Schwäche erlebt, dachte Arnaut, als sie beinahe ihre Stiefmutter erdolcht hätte. Vielleicht kann sie mir das nicht verzeihen. »Es ist nichts zwischen uns gewesen, Felipe, und es wird auch nie etwas sein. Beruhige dich also.«
    »Sag mir nicht, ich soll mich beruhigen«, brüllte Felipe immer noch aufgebracht und sprang auf, zuckte jedoch gleich zusammen, als seine Rippen die unachtsame Bewegung bestraften. »Überschätz dich nicht,
putan
«, presste er zwischen den Lippen hervor. »Sie ist die
Vescomtessa
von Narbona. Und wer bist du? Ein kleiner dahergelaufener Ritter aus irgendeinem stinkenden Kuhdorf. Was bildest du dir überhaupt ein?«
    »Felipe!«, rief Raimon entrüstet. Auch

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