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Die Comtessa

Die Comtessa

Titel: Die Comtessa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulf Schiewe
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kümmern, und wollten ihn schon laufenlassen, als eine Streife der
militia urbana
erschien, die sich inzwischen wieder auf die Straße traute. Und so übergaben sie den Verdächtigen den erstaunten Männern der
militia.
    Die erkannten natürlich gleich, um wen es sich handelte, waren aber unschlüssig, wie sie mit dem Gefangenen verfahren sollten. Die Lage in der Stadt war noch unsicher. Wer würde siegen? Vielleicht würde man sie für Tibauts Ergreifung reich belohnen. Andererseits kannten sie ihn als wichtigen Mann der Vizegrafschaft.
    Während sie sich stritten, versuchte Tibaut, sie zu bestechen. Das Silber lockte gewaltig. Sie waren nahe dran, ihn gehen zu lassen, als einer der Männer sie daran erinnerte, dass die Katalanen nach ihren Namen gefragt hatten. Nicht gut, wenn sie die falsche Entscheidung träfen und ihre Beteiligung herauskäme. Nun war ihnen die Sache entschieden zu heikel, und sie beschlossen, anderen die Verantwortung aufzubürden. Und so schleppten sie Tibaut zu
Senher
Roger, dem
capitan
und Anführer der Krieger Menerbas, die noch immer dabei waren, die unruhige Menge auf der Caularia im Zaum zu halten.
    Roger wusste, dass Tibaut für Felipes Einkerkerung verantwortlich gewesen war, wie für so manche andere Schandtat. Was für eine Gelegenheit, es dem Gauner heimzuzahlen.
Vescoms
de Menerba würde es ihm großzügig vergelten. Besser jedoch, wenn im gegenwärtigen Durcheinander Tibauts Ergreifung unbemerkt bliebe. Der
vescoms
würde am besten wissen, wie mit dem abgefeimten Fiesling zu verfahren war. Also ließ er ihn heimlich in den Palast der Menerbas schaffen. Seine Männer mussten ihm hoch und heilig schwören, den Mund zu halten.
    Und so kam es, dass der schlaue Tibaut, nun seinerseits von der flatterhaften
fortuna
genarrt, sich in den feuchten Kellergewölben seines Feindes wiederfand.
    ***
    Als Felipe, gestützt von seinem Vater, in die
aula
wankte, merkte er gleich, dass etwas nicht stimmte.
    Zwar erhoben sich alle, um ihn überaus freundlich zu begrüßen, auch war es Ermengarda anzusehen, wie sehr sie über sein zerschundenes Gesicht erschrocken war, sie wirkte dennoch zerstreut und brachte nicht viel mehr als ein besorgtes Lächeln zustande. Raimon bemühte sich fürsorglich, ihm einen Sitzplatz in der Runde zu finden, und Severin, der selbst verwundet schien, grinste ihm schmerzlich zu. Sogar Arnaut nickte zu ihm herüber. Doch es fehlte die rechte Freude in der Runde. Wenn sie doch die Stadt erobert hatten, warum, zum Teufel, jubelten sie nicht?
    Noch sehr benommen saß er auf dem Stuhl und versuchte, jede rasche Bewegung zu vermeiden, während er seine Gefährten beobachtete. Sie können mir nicht verzeihen, dass ich Ermengarda auf halbem Wege im Stich gelassen habe. Das muss es sein, dachte er.
    Nach einer Weile merkte er jedoch, dass nicht er der Grund für die seltsame Stimmung war, sondern dass sie von Ermengarda ausging. Sie kam ihm verändert vor, übermäßig beherrscht und bis zum Zerreißen angespannt, ohne ihre übliche sanfte Herzlichkeit. Nicht verwunderlich, wenn sie mitten im Wirbelsturm dieses waghalsigen Angriffs auf den Palast gewesen war, wie sein Vater ihm berichtet hatte. Welch ein Leichtsinn. Wie hatte man das zulassen können? Die Brutalität des Kampfes, der Schrecken, Männer sterben zu sehen, die Angst um das eigene Leben.
    Und jetzt war sie plötzlich Mittelpunkt aller Aufmerksamkeit. Fragen prasselten auf sie ein, Entscheidungen wurden erwartet. Die Last der neuen Verantwortung als Herrscherin. Kein Wunder, sie ist angespannt wie eine Bogensehne.
    Auf ihre Frage hin wurden Verluste berichtet. Trotz der heftigen Kämpfe hielten sie sich in Grenzen. Ein Katalane brachte Kunde vom Stand der Dinge in lo Borc. Dort hatte es wesentlich mehr Opfer gegeben. Man entschied, eine der gefangenen Tolosaner Leibwachen zu schicken, um den Belagerten zu bestätigen, dass Alfons in ihrer Gewalt war. Man hoffte, dies würde sie zur Aufgabe bewegen. Außerdem sollte ihnen freies Geleit zugesichert werden.
    Ein Trupp von Castellvells
soudadiers
meldete sich zur Stelle, um die Palastwache zu übernehmen. Verwundete waren zu versorgen, Tote zu bergen und die gefangenen Tolosaner und ehemaligen Wachen einzukerkern, bis man über ihr Schicksal entschieden hatte.
    Das führte zur Frage, wo Alfons und la Bela unterzubringen waren. In den Turm mochte Ermengarda sie nicht stecken, dennoch war absolute Sicherheit von größtem Vorrang. Vor allem Alfons durfte ihnen nicht

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