Die Comtessa
für die nächsten beiden, die sie nannte, Vertreter der hochadeligen Jugend der Stadt. Raimon wurde rot bis zu den Haarwurzeln, als sie berichtete, wie er im Kampf für sie verwundet worden war. Und besonders Felipe ließ sie hochleben, der ihre Flucht geplant und überhaupt erst möglich gemacht habe. »Felipe hat sich ganz von seinem Herzen leiten lassen, das ohne Zweifel für diese Stadt und für die lange Linie meiner Familie schlägt.«
Für dich schlägt es, dachte Felipe, nur für dich. Erstaunlich, wie beherzt und selbstsicher sie vor dieser gewaltigen Menschenmenge redete. Unverkennbar, dies war Aimerics Tochter.
Ermengarda deutete nun auf den
Senher
de Castellvell und nannte ihn den tapferen Heerführer ihrer siegreichen Soldaten. Sie erwähnte Giraud und bat die Menge, für ihn zu beten. Danach dankte sie überschwenglich Severin, der ihr das Leben gerettet hatte. Das brachte erneut einen Sturm der Begeisterung hervor.
»Und zuletzt will ich euch Arnaut de Montalban vorstellen.« Sie bat ihn, vorzutreten. »Ebenso wie Severin ist Arnaut nicht von hier. Dennoch hat sein Mut uns immer wieder bestärkt und auch in der Not nicht verzweifeln lassen. Und heute hat er ganz persönlich den Grafen von Tolosa gefangen genommen!«
Da war die Menge außer Rand und Band, und sie ließen Arnaut lange hochleben. Der schien völlig überrascht, dass man ihn überhaupt erwähnt hatte, und sah aus, als würde er sich am liebsten hinter Severin verstecken.
Felipe fand ihr Benehmen widersprüchlich. In der
aula
hatte sie ihn nicht zur Kenntnis genommen, doch hier lobte sie ihn in den Himmel, als wollte auch sie, wie zuvor Raimon, ihn daran erinnern, was man den beiden zu verdanken hatte. Er schielte zu Arnaut hinüber, der aber stand unbeweglich da und starrte geradewegs in die Menge.
»Am kommenden Sonntag«, rief sie nun, »werden wir einen Dankesgottesdienst in den Kirchen abhalten. Und danach ein großes Fest für alle. Bis dahin geht jetzt nach Hause und tut eure Arbeit.«
Sie badete noch einmal im nicht enden wollenden Jubel, dann sprang sie vom Wagen und verschwand hinter den Mauern des Palastes.
Auch Erzbischof Arnaut de Leveson hatte zugehört. Trotz seiner Krankheit und der winterlichen Kühle hatte er sich ans offene Fenster tragen lassen. Jedes Wort hatte ihm sein
secretarius
wiederholen müssen, um sich nur ja keine Einzelheit entgehen zu lassen. Nun lag er wieder auf den Kissen und ließ sich eine stärkende Suppe einflößen.
Die Nachricht von Alfons’ Gefangennahme war ein schrecklicher Schlag für ihn gewesen. Und doch schien es seinem leiblichen Zustand seltsam gutzutun. Sein Geist war wach und kämpferisch, denn diese Ansprache war nichts als eine Herausforderung erster Güte. Nicht nur, dass strategische Belange des Hauses Tolosa auf dem Spiel standen, gerade für ihn auch ganz persönliche.
»Wer denkt sie denn, wer sie ist?«, knurrte er gereizt. »Dankgottesdienst befiehlt sie. Darüber bestimme immer noch ich.«
»Aber Ihr müsst zugeben, sie ist geschickt«, sagte Peire de Montbrun, der Domdechant. »Sie hat das Volk auf ihrer Seite.«
»Das Volk!« Leveson spie das Wort verächtlich aus. »Gesindel und Pack, sag ich. Jubelt heute dem und morgen einem anderen zu.«
»Und die reichen Bürger?«
»Denen ist nur ihr Geldsäckel wichtig. All das wird ihr wenig nützen, denn hier herrscht immer noch der Adel. Ich habe ein gewichtiges Wörtchen mitzureden, genau wie all die anderen Fürsten der Region. Ich sage dir, Glück hat sie gehabt, das ist alles. Sie denkt, sie kann regieren? Was für eine Anmaßung. Noch dazu ein halbes Kind.«
»Nun, sie hat das Erbrecht. Und Alfons ist ihr Gefangener. Daran ist nicht zu deuteln.«
»In der Tat. Hat seinen verfluchten Schwanz nicht in der Hose behalten können. La Bela, dieses Weibsstück, schafft es, alle Kerle zu verhexen. Aber nun ist es aus mit ihr. Das ist das einzig Gute an der Sache.«
»Wir müssen Verhandlungen aufnehmen, herausfinden, was Ermengarda vorhat.«
»Du hast doch gesehen, was sie vorhat. Will sich als Caesar mit Titten aufspielen«, brummte er unwirsch. »Aber dem werden wir einen Riegel vorschieben. Jahrelang hat man darauf hingearbeitet, Narbona unter die Herrschaft der Tolosaner zu bringen. Meinst du, wir geben so schnell auf?«
»Was ist Euer Plan?«
»Zunächst müssen wir Alfons aus dieser Verlegenheit befreien. Zu hoffentlich annehmbaren Kosten. Und dann gilt es, wenn nötig, ein Bündnis zu schmieden. Niemand wird
Weitere Kostenlose Bücher