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Die Comtessa

Die Comtessa

Titel: Die Comtessa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulf Schiewe
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man der Versicherung noch nicht, dass die Tolosaner geschlagen und endgültig vertrieben sein sollten.
    Da sie Ermengarda nicht zujubeln konnten, hielt man sich an die fremden Ritter aus Catalonha. Wie Helden wurden sie gefeiert, mit Leckerbissen verwöhnt, in allen Schenken trank man auf ihre Gesundheit, ja sogar die Huren der Stadt gaben sich großzügig und verzichteten bei so manchem hübschen Ritter auf ihren Lohn.
    Fraire
Aimar und Rogier waren von Fontfreda gekommen. Im gleichen Flügel des Palastes wie auch Arnaut und Severin wurden ihnen geräumige Gemächer zugewiesen. Zwei Diener kümmerten sich um alle Bedürfnisse der vier.
    »Wo sind Großvater und Raol?«, wollte Arnaut wissen.
    »Jaufré hielt es für besser, in Narbona nicht gesehen zu werden«, erwiderte Aimar. »Du weißt, warum. Außerdem ist seine Erkältung schlimmer geworden. Sie haben sich schon gestern auf den Heimweg gemacht.«
    Raimon bat
Fraire
Aimar, ihm bei der Erledigung der dringlichsten Angelegenheiten zu helfen, denn Ermengarda war unfähig, sich zu erheben. Kopfschmerz und Erbrechen plagten sie, wie halbtot lag sie auf ihrem Lager und wies jede Speise von sich. Außer Raimon oder
Domna
Anhes war es niemandem gestattet, sie zu besuchen.
    Raimon, bei aller Befriedigung über die glückliche Einnahme der Stadt, fand es noch schwer, sich dem Jubel des Volkes anzuschließen. Zu erdrückend war die plötzliche Last der vielen Aufgaben, die auf ihn zustürmten. Mit Aimars Hilfe mühte er sich von morgens bis abends, im Namen Ermengardas das Naheliegendste zu erledigen, um rasch die Zügel der Herrschaft aufzunehmen und das Durcheinander in den Griff zu bekommen, das der Umsturz bewirkt hatte. Hierbei erwies er sich trotz seiner Jugend immer mehr als kluger Verwalter. Er empfing Abordnungen der Bürgerschaft und der handwerklichen Zünfte, ließ sich von Peire Monetarius den Stand der vizegräflichen Münze darlegen, bestellte die Verantwortlichen der Zöllner und Steuereintreiber zu sich und verschaffte sich auch einen ersten Überblick über Einnahmen und Ausgaben des Hofes.
    Dann ließ er Botschaften aufsetzen, die er an die Tolosaner Truppen im Feld, an die Trencavels nach Carcassona und Besiers und an andere Fürsten der Region sandte, um diese über die Einnahme Narbonas und Alfons’ Gefangennahme in Kenntnis zu setzen. Ebenfalls nach Aragon, wo er dringendst um weitere Unterstützung bat.
    »So, krank ist sie«, sagte
Senher
de Castellvell nicht ohne Sorge. »Ich hoffe, es ist nichts Ernstes. War wohl zu viel für sie. Das würd mich nicht wundern.«
    »Wir werden Euch noch eine Weile brauchen,
Mossenher
«, sagte Raimon. »Bis Verstärkungen eintreffen oder wir eigene Truppen ausheben können.«
    »Macht Euch keine Gedanken. Meinen Jungs gefällt es bestens hier«, war die Antwort. »Das Essen ist gut, die Mädels freundlich. Einer meiner Kerle hat mich sogar schon um eine Heiratserlaubnis gebeten. Bei dem hat es wie der Blitz gezündet.«
    Mit einem Augenzwinkern zwirbelte er seinen Schnurrbart, als sei auch für ihn Narbona nicht die einzige Eroberung, die er dieser Tage zu verbuchen hatte.
    »Ich möchte sicher sein, dass die Stadt gut bewacht ist, dass es nicht zu Plünderungen kommt«, sagte Raimon. »Es gibt immer Leute, die meinen, eine Lage wie diese ausnutzen zu können.«
    »Ich habe mich schon mit der
militia urbana
abgesprochen und Aufgaben verteilt. Die Tore sind gesichert, wir haben regelmäßige Streifen unterwegs, auch die Straße zum Hafen wird überwacht.«
    Obwohl sie langsam Herr der Lage wurden, beunruhigten Raimon gewisse Nachrichten aus dem Palast des Erzbischofs. Es war die Stunde seiner täglichen Absprache mit Ermengarda, und so eilte er zu ihr.
    Wie schon die Tage zuvor fand er sie teilnahmslos auf ihrem Lager liegen. Die geschlossenen Läden sorgten für dämmriges Halbdunkel. Sie bewohnte jetzt la Belas alte Gemächer, hatte diese aber neu einrichten und Bettzeug, Teppiche und Möbel ihrer Stiefmutter verbrennen lassen. Der Raum wirkte noch unfertig, hastig zusammengestellt, ohne Persönlichkeit. Aber im Kamin loderte wenigstens ein einladendes Feuer.
    »Es ist ein wenig stickig hier«, sagte er. »Du erlaubst?« Er stieß die Läden auf, um Licht und frische Luft einzulassen.
    »Sieh mich nicht an, ich muss grässlich aussehen«, sagte sie und zupfte an ihren Haaren. »Wenn ich versuche, aufzustehen, wird mir schwindelig.«
    Es schien ihr dennoch ein wenig besserzugehen, sie konnte Suppe und leichte

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