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Die Comtessa

Die Comtessa

Titel: Die Comtessa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulf Schiewe
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Mensch sich an dem
    erfreut, was er zumeist sich ersehnt.
     
    Die sanfte Melodie ging allen ins Ohr, aber die Worte, die trafen besonders Arnaut ins Herz.
Was der Mensch sich zumeist ersehnt.
Nun, was er, Arnaut, sich ersehnte, das würde ihm verwehrt bleiben, Frühling oder nicht. Schon seit Tagen fragte er sich, was er überhaupt noch in Narbona zu suchen hatte. Und hatten die verdammten
trobadors
nichts anderes zu singen als das ewige Liebesgeflüster?
    Gerade wollte Rogier zu einer neuen Strophe ansetzen, als sich die Tür öffnete und Raimon den Raum betrat, mit dem
secretarius
der Vizegräfin im Gefolge.
    »Spiel weiter, Peire. Ich will euch nicht stören.«
    »Komm nur herein, Freund«, sagte Rogier und legte die Laute beiseite. »Erzähl, was es Neues in der hohen Politik gibt.«
    Raimon setzte sich und nahm einen vorsichtigen Schluck aus dem Becher Wein, den Arnaut ihm reichte.
    »Nun,
Fraire
Aimar ist in Spanien, wie ihr wisst. Ich hoffe, wir erhalten bald gute Nachrichten von ihm. Der Rat der Fürsten ist für Mariä Empfängnis angesetzt. Es ist zwar noch eine ganze Weile hin, dennoch bleibt uns wenig Zeit, alle Adeligen auf Ermengarda einzustimmen und genügend Verbündete zu finden. Ich will es euch nicht verheimlichen, Freunde, die Sache wird schwierig. In unserer Verzweiflung haben wir sogar den
Vescoms
Gausbert aus dem Vallespir eingeladen.«
    »Was?«, rief Severin. »Diesen verdammten Halunken. Ich glaube es nicht.«
    »Er hat versprochen, Ermengarda zu unterstützen«, sagte Raimon achselzuckend. »Wahrscheinlich aus Furcht, wir könnten ihn bei Graf Ramon Berenguer anschwärzen.«
    »Hätte er verdammt verdient.«
    »Die Bürgerschaft steht jetzt voll und ganz hinter Ermengarda. Im Gegenzug bestätigt sie die Konsuln der Stadt und erweitert deren Befugnisse. Selbst der Erzbischof hat sich mit viel Murren damit einverstanden erklärt, dass nun jeder der Stadtteile ein eigenes Ratsmitglied wählen darf. Dieser Rat ist für die
militia
zuständig wie zuvor, aber nun auch für alle Belange der Stadtverwaltung. Die Gerichtsbarkeit und das Eintreiben von Steuern obliegen natürlich weiterhin der Vizegrafschaft und dem Erzbistum, die auch wichtige Ratsbeschlüsse bestätigen müssen, bevor sie in Kraft treten können. Es ist nicht viel, wir sind also bei weitem noch kein Genua oder Pisa, aber ein erster Schritt zu mehr Selbstverwaltung ist getan.«
    »Wie habt Ihr das durchgesetzt?«
    »Die Menerbas. Ohne ihren Einfluss auf den Adel wäre es nicht möglich gewesen. Und dank der Juden haben wir auch wieder Gold in den Truhen, um die nötigsten Dinge zu erledigen.«
    »Warum redet sie kaum mit uns?«, beklagte sich Severin. »Seit wir den Palast erobert haben, ist sie nicht mehr dieselbe.«
    »Natürlich nicht«, erwiderte Raimon. »Sie ist jetzt die Vizegräfin. Und glaubt mir, es ist nicht leicht für sie. Es stürmt einfach zu viel auf sie ein. Alle Welt starrt auf jede ihrer Regungen, alles wird sofort herumgetratscht, und der alte Leveson wartet nur darauf, dass sie einen Fehler macht. Im Augenblick würde ich ungern mit ihr tauschen.«
    »Verstehe«, sagte Severin.
    »Aber keine Sorge, sie hat niemanden vergessen, der ihr geholfen hat. Deshalb bin ich auch hier.«
    Er winkte dem
secretarius
zu, der eine gewichtige Ledertasche auf den Tisch hievte. Raimon griff hinein und reichte Severin und Arnaut zu ihrer Verblüffung jeweils eine schwere, prall gefüllte Geldbörse. Auch Rogier erhielt einen Beutel, wenn auch von etwas bescheidenerem Inhalt.
    »Eine erste Danksagung von ihr«, sagte Raimon.
    Mit der linken Hand versuchte Severin, seine Börse zu öffnen, und als er darin nichts als Gold glänzen sah, riss er erstaunt die Augen auf.
    »Oh, Mann, ein Vermögen«, stammelte er. »Damit kann ich mir ja noch ein Anwesen kaufen.«
    »Oder zwei«, lachte Raimon. »Jetzt bist du ein gemachter Mann.«
    In Arnaut aber war ein schrecklicher Zorn hochgekocht.
    »Und warum kommt sie nicht selbst?«, knurrte er wütend und schob achtlos den Geldbeutel von sich. »Ich will ihr Gold nicht. Nimm es gleich wieder mit.«
    Betroffen sah Raimon ihn an. Und Severin rief: »Warum, um Himmels willen, nicht?«
    »Bin ich denn ein Söldner, um von ihr bezahlt zu werden?« Arnaut sprang auf. »Du kannst gern hierbleiben, Severin. Ich wünsche dir viel Glück. Aber mir reicht es.«
    Seine Freunde sahen ihm mit offenen Mündern nach, als er fluchtartig den Raum verließ. Voller Groll und verletztem Stolz begab er sich in

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