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Die Comtessa

Die Comtessa

Titel: Die Comtessa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulf Schiewe
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gesprochen. Er wusste, dass wir ihn betrogen haben, sein geliebtes Weib und ich, sein Waffenbruder und engster Vertrauter. Ich habe es in seinen Augen gesehen, und ich habe mich geschämt. All die Jahre habe ich mich geschämt. Und ich gebe uns die Schuld, dass er in jener Schlacht gefallen ist, denn ohne Grund ließ er die Leibwache weit hinter sich und stürzte sich ins Getümmel, wo es am gefährlichsten war. Er hat den Tod gesucht.«
    Nina rückte ein Stück von ihrer Mutter ab, und la Bela schlug die Hände vors Gesicht.
»O Verges Maria, que Dieu m’ajut.«
    »Jetzt flehst du um Gottes Hilfe? Warum sollte Gott uns elenden Ehebrechern helfen, sag mir das? Ich habe schon lange aufgegeben, zu beten.«
    Sie sah ihn aus tränenblinden Augen an.
    »Was wird mit mir geschehen, was hat sie vor?«
    »Sie wird dich vor Gericht stellen.«
    »Ich habe nichts getan.«
    »Sie glaubt, du hast ihren Bruder ermorden lassen, um deiner Tochter Nina hier den Weg zu ebnen.«
    »Es ist nicht wahr, ich schwöre es.«
    »Tibaut hat Beweise. Und seine Aussage kann dir das Genick brechen, Ermessenda. Wirst du für schuldig befunden, bleibt ihr nichts anderes übrig, als dich hinrichten zu lassen.«
    Ninas Augen weiteten sich, aber sie blieb stumm.
    »Es sind Fälschungen«, wehklagte la Bela. »Gefälschte Zeugenaussagen. Er war gut darin. Er hat Anschuldigungen und sogenannte Beweise gesammelt, echte und falsche, auch gegen dich.«
    Menerba nickte. »Ich weiß. Ich habe einige gelesen.«
    »Du hast …? Wie kann das sein? Hat er gestanden?«
    Er achtete nicht auf ihre Frage. »Wie konntest du Tibaut erlauben, einen Mörder gegen Ermengarda zu schicken.«
    La Bela war weiß geworden, nur auf den Wangenknochen lagen rote Flecken wie aufgemalt. Sie rang nach Luft. »Ich weiß es nicht. Ein Augenblick der Schwäche. Ich bin so froh, dass es ihm nicht gelungen ist.«
    »Mutter!«, schrie Nina und sprang auf. »Sag, dass das nicht wahr ist.«
    »Aber es ist ihr doch nichts geschehen,
mon cor
«, heulte la Bela und hob beschwörend die Hände. »Es geht ihr doch gut.«
    Fast tat sie ihm leid, so erniedrigt, wie sie war, aber nur fast.
    »Und meinem Sohn hast du die Knochen brechen lassen.«
    »Nein, nein … ich hatte Tibaut befohlen …«
    »Immer Tibaut. Hör auf, dich hinter ihm zu verstecken.«
    Sie wimmerte hilflos, versuchte vergeblich, Ninas Hand zu fassen, die von ihr zurückwich. Mit großen Augen sah das Mädchen zu Menerba hinüber. »Er wird doch wieder gesund werden?«, fragte sie atemlos, fast flehentlich.
    »Es geht ihm besser.«
    Ermessenda la Bela, die einst stolze Regentin, warf sich ihrer Tochter zu Füßen und umklammerte ihre Beine. »Verzeih mir, mein Engel. Ich habe das so nicht gewollt. Das musst du mir glauben.«
    Nina legte die Arme um das Haupt der Mutter und zog sie an sich, streichelte ihr Haar und die tränennassen Wangen, doch ihr Blick blieb kalt. Sie ist die Nächste, vor der Ermengarda sich in Acht nehmen muss, fuhr es Menerba durch den Sinn.
    »Noch eins, bevor ich gehe. Vielleicht freut es dich zu wissen, dass der Kerl entkommen ist.«
    La Bela fuhr zu ihm herum. »Wer? Tibaut?«
    Auf ihrem Antlitz lag ein Ausdruck von Verwirrung. War das gut für sie oder schlecht, musste sie sich fragen.
    »In den Kämpfen um den Palast konnte er fliehen.«
    Und niemand weiß, dass ich es bin, der ihn gefangen hält, dachte er mit Befriedigung. Ich werde mir gut überlegen, was ich mit ihm und seinem Wissen anstelle.

Der Rat der Fürsten
    D as bevorstehende
concilium
der Fürsten lag wie eine drohende Wolke über Ermengarda. Und so waren die nächsten Wochen von fiebriger Betriebsamkeit geprägt, denn niemand sollte sagen können, sie sei nicht fähig, in ihrem eigenen Reich zu herrschen.
    In größter Eile wollte sie alles über die Verwaltung der Vizegrafschaft lernen, was es nur zu wissen gab. Ihre Krankheit war vergessen, und zusammen mit Raimon plagte sie sich täglich bis in die Nacht.
    Sie selbst sprach mit allen Vertretern der Stände und Gilden und hörte sich ihre Klagen an. Richter, Kaufleute, Handwerksmeister und Adelige gingen im Palast ein und aus, und zum Ärger des Erzbischofs erhielten selbst Gemeindepriester Zugang zu ihr. Sie wollte möglichst schnell Tatsachen schaffen, ihren eigenen Stempel aufdrücken.
    Die alte Riege der Hofbeamten, Zollmeister und Verwalter wurde ersetzt. Peire Monetarius wurde wegen schmutziger Geschäfte das Münzrecht entzogen, dafür stärkte sie Bardine Saptis’ Einfluss

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