Die Comtessa
Bestimmtheit, wenn auch etwas gefasster.
»Was willst du noch?«
»Du hast geschworen, mir zu dienen.«
»Ein Kinderschwur.«
»Ach, so siehst du das.« Da funkelte es wieder zornig in ihren Augen. »Für dich ein Kinderschwur. Mir ist es aber ernst damit. Ich verlange, dass du hierbleibst und deinen Schwur erfüllst.«
Er sah sie trotzig an, ohne zu antworten.
Mit einem Mal wurden ihre Züge sanfter und ihre Stimme weicher. »Arnaut, gleich was zwischen uns war, ich brauche weiterhin deine Hilfe.«
Er lachte bitter. »Du hast Raimon und Severin, ein Heer von Katalanen, Bedienstete für jeden Wunsch, ja eine ganze Stadt, die dich anhimmelt und nach deiner Pfeife tanzt. Mich brauchst du bestimmt nicht mehr.«
»Bist du jetzt endlich fertig?«
»Ach, und Felipe habe ich ja noch vergessen. Der fragt sich, wie du dich mit so einem dahergelaufenen Kerl aus niederem Geschlecht wie mich überhaupt einlassen konntest.«
»So, sagt er das?«
»So ähnlich.«
»Man muss nicht jedes erregte Wort auf die Waagschale legen. Du weißt, er meint es nicht so.«
»O doch. Er meint es genau so. Und du auch.«
»Das ist nicht wahr«, flüsterte sie.
Arnaut starrte stur auf die gegenüberliegende Wand, während sie eingehend sein versteinertes Gesicht betrachtete. Lange sagten sie nichts. Bis die Stille im Raum erdrückend wurde.
»Ich will, dass du mir eine Söldnertruppe aufbaust«, sagte sie schließlich. »Ein kleines schlagkräftiges Heer von
soudadiers.
So wie die Katalanen, nur mehr davon. Ich kann mich nicht allein auf den Adel verlassen. Wir fangen zuerst bescheiden an, und sobald ich mehr Mittel zur Verfügung habe, werden wir die Truppe ausbauen.«
Er weigerte sich, sie anzusehen.
»Dazu bin ich nicht der Richtige.«
»Du bist ein guter Krieger.«
»Das genügt nicht. Man muss Männer aussuchen, ausbilden und im Kampf führen. Ich habe nicht die Erfahrung.«
»Arnaut. Sieh mich an.«
Widerstrebend wandte er ihr den Kopf zu. Ein Fehler, dachte er gleich darauf, denn ihre Augen waren immer noch so unmöglich blau.
»Ich vertraue niemandem so sehr wie dir«, sagte sie.
Er nickte, doch ohne jedes Lächeln. »Wenn du darauf bestehst, will ich es versuchen.« Dann drehte er sich um und ging ohne ein weiteres Wort.
Sie schloss für einen Augenblick die Augen. Lange noch saß sie angespannt auf la Belas Stuhl und erhob sich erst, als ihr Herz endlich ruhiger schlug.
***
Auch an anderer Stelle kam es zu einer Aussprache.
Vescoms
Peire de Menerba hatte darum gebeten, la Bela besuchen zu dürfen, und Ermengarda hatte dies nach einiger Überlegung gewährt. Die Kammertür wurde für ihn aufgeschlossen, dann ließ man sie allein.
Etwas verunsichert blieb er nahe der Tür stehen.
Sie saßen beide am Fenster. La Bela war damit beschäftigt, Ninas blondes Haar zu flechten, und sah überrascht auf, als sie merkte, dass er es war. Doch ohne weitere Begrüßung wandte sie sich wieder ihrer Tochter zu, die ebenso still blieb, ihn aber aufmerksam beobachtete.
Er ließ den Blick über la Belas flechtende Hände wandern, über ihre feurigen Haare, versuchte, etwas in ihrem Gesicht zu lesen. Sie schien gealtert, Schatten lagen unter ihren Augen. Dies war die Frau, die er bis zur Selbstaufgabe geliebt hatte. Eine Liebe, die ihn die Würde gekostet hatte, den Verlust der Gemahlin und beinahe auch den des Sohnes. Eine verfluchte Leidenschaft, die nichts erschafft, nichts gebiert, sondern den Menschen nur mit Haut und Haar verschlingt, bis nichts mehr bleibt als der unverdauliche Kern aus Hass und Verachtung. War es das wert gewesen? Warum nur hatte er sich alldem ausgeliefert? Und hasste er sie jetzt?
»Bist du gekommen, dich an meinem Elend zu weiden?«, fragte sie tonlos, ohne aufzublicken.
»Wohl kaum.« Er trat vor und setzte sich unaufgefordert. »Aber du hast diesen Hang zur Maßlosigkeit. Deshalb ist es gut, dass dich jemand in die Schranken weist. Mir ist es nie gelungen.«
»Dir ist so manches nicht gelungen.«
»Nur zu wahr. Auch nicht, deinen Ehemann zu täuschen.«
Ihr Kopf fuhr herum. »Nicht vor dem Kind!«
»Das Kind, wie du sie nennst, ist inzwischen vierzehn Jahre alt und selbst heiratsfähig. Und wenn sie dir schon die Treue hält, schuldest du ihr wenigstens Ehrlichkeit.«
Sie ließ die blonden Flechten ihrer Tochter aus den Fingern gleiten und die Hände in den Schoß sinken.
»Was redest du da von Aimeric?«
»Während des ganzen Feldzugs in Spanien damals hat er kaum ein Wort mit mir
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