Die Comtessa
wider.
»Diesem redlichen Mann, Fürsten und guten Christen, ist großes Unrecht geschehen.«
Er deutete auf Alfons, der Ermengarda gegenüber entspannt auf seinem Platz saß, es aber mit steinerner Miene vermied, sie anzusehen. Auf sein Ehrenwort hin, keinen Fluchtversuch zu unternehmen, war ihm die Peinlichkeit erspart geblieben, vor seinen hochadeligen Standesgenossen in Ketten zu erscheinen. Dennoch hatte Severin zwei schwerbewaffnete Wachen rechts und links von ihm plaziert.
»Sein in dieser Kirche von Gott selbst angetrautes Weib hat es gewagt, den heiligen Bund mit Füßen zu treten und sich ihrer Ehepflichten durch feige Flucht zu entziehen.«
Ein leichtes Raunen lief durch die Tribünen zu beiden Seiten, und viele unter den Geladenen konnten sich ein schadenfrohes Grinsen nicht verkneifen. »Ich würd ihn auch nicht wollen«, rief ein Spaßvogel, und die Kirche bebte unter dem aufbrandenden Gelächter.
Als es ruhiger wurde, sprang Ermengarda auf. »Ihr lacht,
Messenhers,
aber der Mann hat recht. Ich war nie mit dieser Heirat einverstanden. Und die Kirche verlangt …«
»
Domna
Ermengarda«, donnerte der Erzbischof, während er ein Schriftstück hochhielt. »Dies hier ist der Vertrag Eures Verlöbnisses, und den habt Ihr höchstselbst unterschrieben. Oder irre ich mich?«
»Das habe ich, aber …«
»Dann gibt es keine Entschuldigung. Und nun setzt Euch hin. Ihr werdet später Gelegenheit bekommen, Euren Standpunkt darzulegen.«
Hochrot im Gesicht, blieb ihr nichts übrig, als wieder Platz zu nehmen. Arnaut hätte den Priester am liebsten an der Gurgel gepackt und ihn durchgeschüttelt wie einen jungen Hund.
Aber Leveson fuhr unerbittlich fort, Ermengardas Person und Handlungsweise in den dunkelsten Farben zu malen. Von Heimtücke und Hinterhältigkeit war die Rede, von der Schande, die sie über ihre Familie gebracht habe, der verletzten Ehre ihres Gemahls, der besudelten Würde Narbonas. Er machte Andeutungen über die Unziemlichkeit, ja Schamlosigkeit, sich mit jungen Männern in der Wildnis herumzutreiben, und zuletzt verurteilte er aufs schärfste die Hinterlist, mit der sie ihren eigenen Ehemann gefangen gesetzt habe. Dass man Alfons im Bett der
Vescomtessa
Ermessenda erwischt hatte, davon ließ er nichts verlauten.
Er endete mit der Forderung, den Grafen von Tolosa unverzüglich freizulassen und endlich die gottgewollten Pflichten eines braven Eheweibs zu erfüllen. Vorausgesetzt, der Graf sei überhaupt noch gewillt, sich mit ihr zu versöhnen und sie in Gnaden wieder aufzunehmen.
Alles schaute auf Alfons, aber der zuckte nur mit den Schultern und sagte nichts dazu.
Jetzt erhob sich Roger de Carcassona und ergriff das Wort.
»Verehrte Herren«, er machte eine leichte Verbeugung in alle Richtungen. »Alfons’ Gefangenschaft ist zunächst einmal ein Segen, und ob er seiner Ermengarda verzeiht, bedeutet mir so viel wie ein Eselsfurz.« Wieder hallte Gelächter durch die Kirche. »Das Wichtigste ist, diese verdammte Vermählung rückgängig zu machen, denn sie stört gewaltig das Gleichgewicht der Mächte im Land. Gleich, was sie seit Jahren behaupten, die Tolosaner haben nie die Lehnsherrschaft über diese Grafschaft besessen. Das ist das Unrecht, über das geredet werden muss, und nicht, ob sein hübsches Täubchen ihn hat sitzenlassen oder ihm gar Hörner aufgesetzt hat.«
Zum ersten Mal regte sich Alfons und warf einen wütenden Blick in Rogers Richtung. Die Anhänger der Trencavels, Guilhem de Montpelher, Hug de Rodes, wie auch andere Grafen und Barone, erhoben sich von ihren Sitzen und klatschten laut Beifall.
»Über dieses Unrecht haben wir Krieg geführt. Und
Domna
Ermengardas beherzter Überfall, weiß der Teufel, wie sie es angestellt hat«, er nickte Ermengarda wohlwollend zu. »Dieser Überfall hat den Krieg beendet und Schlimmeres verhindert. Dennoch müssen wir darauf bestehen, dass unser Schaden ersetzt wird.« Damit blickte auch er drohend zu Alfons hinüber. »Die Summe ist beträchtlich, die wir fordern.«
Diese Rede löste neben Beifall auch Proteste, wilde Zwischenrufe und heftige Wortgefechte aus, so dass Leveson trotz mehrfacher Versuche, die Ordnung wiederherzustellen, feststellen musste, dass ihm die Versammlung entglitten war. Auch nachdem sich die Gemüter wieder beruhigt hatten, wollte niemand mehr über Ermengardas Vergehen sprechen, sondern es lief immer wieder auf die Frage hinaus, wie die Einflussbereiche zwischen Tolosanern und Katalanen am besten zu
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