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Die Comtessa

Die Comtessa

Titel: Die Comtessa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulf Schiewe
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trennen waren, um einen langfristigen Frieden zu gewährleisten. Ermengarda hatte man fürs Erste vergessen.
    Auch die nächsten Tage verliefen nicht anders. Nur auf eines konnten sich die meisten einigen. Einer Frau, und noch dazu einer von zarten sechzehn Jahren, dürfe man nach Auflösung der Ehe mit Alfons keine so wichtige Grafschaft anvertrauen. Denn das würde sie ja nur wieder zum Freiwild für den nächsten machthungrigen Tyrannen machen. Eine bessere Lösung musste her.
    Ermengardas Beteuerung, sie wünsche keinen Ehemann, wurde belächelt, und ihre Versuche, zu zeigen, dass sie durchaus in der Lage sei, ihre Grafschaft ganz allein zu verwalten, wurden besonders vom Erzbischof im Keim erstickt. Sie würfe das Geld mit vollen Händen zum Fenster hinaus, schrie er. Und für was? Für Leprosarien, Gärten und
trobadors.
Kriegsschiffe wolle sie bauen und eine eigene Heermacht aufstellen, hier lachte er sie offen aus, und dann mische sie sich auch noch in Kirchenangelegenheiten ein. Ihr himmelschreiender Unverstand sei, wenn überhaupt, nur durch ihre Jugend zu entschuldigen. Selbst Menerba, der für sie einstand, wurde niedergebrüllt.
    Bleich und mit hängenden Schultern verließ Ermengarda die Versammlung.
    ***
    »Warum lässt man sie nicht in Ruhe,
Mossenher
Alfons?«, fragte Arnaut. »Wozu dies Gezänk und Gezeter? So wird es nie eine Einigung geben. Lasst sie doch einfach ihr Erbe verwalten wie andere Fürsten auch.«
    Da Alfons ihn aus irgendeinem Grund zu mögen schien, hatte er deshalb gebeten, ihn erneut in seinen Gemächern besuchen zu dürfen, in der verzweifelten Hoffnung, ihn zu bewegen, den gordischen Knoten endlich zu durchschlagen. Natürlich nur eine winzige Hoffnung, kaum dass er selbst daran glaubte. Aber es war ihm unmöglich, zuzuschauen, wie sie litt, ohne etwas zu unternehmen. Die Angriffe auf ihre Person, die offene Missachtung mancher Fürsten ebenso wie die unbeteiligte Gleichgültigkeit anderer, denen nur ihr eigener Vorteil wichtig war, all dies machte ihn krank. Jedes Wort gegen sie hatte ihn selbst ins Herz getroffen, bis er es nicht mehr aushalten konnte.
    »Ich will es dir erklären, mein Junge«, entgegnete Alfons. »Die Vizegrafschaft ist sehr begehrenswert. Es gibt nur wenige gute Seehäfen an dieser Küste. Narbona ist reich, viel Geld fließt durch die Stadt. Berge und Ebenen liegen so verteilt, dass sowohl alle wichtigen Handels- wie auch die Heerstraßen durch die Gegend verlaufen, ein … strategisch wichtiger Punkt.«
    »Aber was hindert Ermengarda daran, die Fürsten einfach zum Teufel zu schicken? Sie ist doch die Erbin.«
    Alfons lächelte nachsichtig. »Narbona ist schwach und braucht starke Verbündete. Die Hälfte der Stadt gehört auch noch dem Erzbischof, und der ist mein Mann, wie du weißt. Sie kann sich natürlich mit den Trencavels und anderen verbünden. Doch das ist langfristig ein unsicheres Geschäft.«
    »Oder mit Barcelona.«
    »Richtig. Und das muss ich dann wiederum verhindern.«
    »Aber warum?«
    Alfons seufzte. »Graf Ramon Berenguer ist Ermengardas Vetter. Das sind starke Familienbande. Und nun ist er auch noch Herrscher von Aragon geworden. Dazu beherrscht er das Vorland des Pireneus bis zur Corbieras und die Hälfte der Provence im Norden. Er hat gute Beziehungen zu den Trencavels und zu Montpelher. Mit Narbona in seiner Gewalt, was bleibt mir da noch? Tolosa verkümmert zu einer unbedeutenden Grafschaft im Landesinneren.«
    »Ich bin sicher, Ihr übertreibt, Herr. Tolosa ist das mächtigste Fürstentum des Südens.«
    Alfons grinste. »Nun ja. Da hast du nicht ganz unrecht, aber ich kann es mir nicht leisten, dass … Narbona von Barcelona aus verwaltet wird. Sie werden ihr irgendeinen Katalanen zum Mann geben, und dann herrschen sie von Aragon bis hoch in die Provence. Bald schlucken sie uns alle. Verstehst du jetzt, um was es geht?«
    Arnaut nickte.
Sie werden ihr irgendeinen Katalanen zum Mann geben.
Vor allem dieser Satz hallte in seinem Kopf wider.
    »Lasst sie doch alleine herrschen, ohne Gemahl.«
    Alfons lachte herzlich. »Das kann man nicht mal ernst nehmen, mein Junge.«
    »La Bela hat auch allein regiert.«
    »Vorübergehend, als Regentin. Und nicht sehr gut.«
    »Ich warne Euch,
Mossenher.
Ermengarda ist klug, und sie kann sehr dickköpfig sein. Ihr sitzt hier fest, und vielleicht lässt sie Euch gar nicht mehr gehen.«
    Alfons’ Miene wurde ernst. »Eine dumme Zwickmühle, in der Tat. Und daran bist du selbst nicht unschuldig,

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