Die Comtessa
im Rat, ließ die jüdischen Familien zurückholen, die vor der Tolosaner Besteuerung geflohen waren, und stützte sich immer mehr auf Personen ihres Vertrauens. Sie versöhnte sich mit Felipe, der trotz seiner Wunden Tag und Nacht im Sattel saß, um alle Adeligen der Vizegrafschaft auf sie einzuschwören. Ihr alter Beichtvater, Abt Imbert, wich ihr als väterlicher Berater nicht mehr von der Seite, und
Domna
Anhes hielt ihr von allen Nichtigkeiten den Rücken frei.
Zusammen mit Raimon mühte sie sich, lang überfällige Entscheidungen zu treffen und Dinge in die Wege zu leiten, die la Bela vernachlässigt hatte. Sie holte die Armen von der Straße, ließ von ihnen die Zugangsstraßen ausbessern und Schäden an den Kais beheben. Die Kiellegung eines ersten Kriegsschiffs wurde gefeiert, und sie empfand große Genugtuung, ihr Versprechen Maria gegenüber einzulösen und den Bau eines
leprosariums
zu beginnen, eines Hospizes für die Aussätzigen der Stadt.
Arnaut und Severin kümmerten sich inzwischen um das Militärische. Zuerst wurde die Palastwache ersetzt, dann machte Arnaut sich daran, mit
Senher
Castellvells Rat und Unterstützung eine kleine, gut ausgebildete Reitertruppe aufzustellen. Sie sandten Werber in alle Himmelsrichtungen, um kampferprobte Männer anzulocken, und nach wenigen Wochen konnten sie die Ausbildung mit den ersten hundert Rittern beginnen. Giraud, dem es besserging, hatte seine Hilfe versprochen. Auch Roderic arbeitete mit ihm als Ausbilder.
»Sag mal«, fragte Arnaut ihn. »Warum hast du eigentlich bei dem Sturm auf den Palast das Tor schließen lassen?«
»Ich war mir damals nicht sicher, ob man Menerba trauen konnte.« Er grinste verwegen. »Außerdem kämpfen die Kerle besser, wenn sie mit dem Rücken an der Wand stehen.«
Arnaut starrte ihn lange an und schüttelte den Kopf. »Ich hab wohl noch einiges zu lernen«, war alles, was er dazu sagte.
Sie mussten sich ein neues Areal außerhalb der Stadt suchen, denn im Palasthof waren Umbauten im Gang. Der alte Übungsplatz wurde eingeebnet, und es entstand ein Garten für zukünftige Sommerfeste des Hofes. Weniger Saufgelage für die Ritterschaft sollten es werden, sondern lichte und fröhliche Zusammenkünfte, verschönt und bereichert durch Musik und Tanz und die Künste der besten
joglars
des Landes.
»Mein liebes Kind«, sagte
Paire
Imbert eines Tages. »Du überforderst dich. Man kann die Welt nicht in drei Tagen neu erschaffen. Selbst unser lieber Herrgott hat sechs dazu gebraucht. Und am siebenten ruhte er. Nimm dir ein Beispiel daran.«
»Du hast recht, Vater«, sagte sie. »Ich werde ein paar Tage auf die Jagd gehen.«
Abd Allah, der so lange arbeitslose Falkner, war überglücklich, ihr endlich die Fortschritte ihres Lieblingsfalken vorzuführen. Auch Raimon war diese Unterbrechung willkommen, denn bei all den ehrgeizigen Vorhaben seiner Herrin gab es nur eine nagende Unsicherheit. Er wusste beim besten Willen nicht, wie dies alles zu bezahlen war.
Das Gerichtsurteil über Tibauts Mordbuben fiel nach Arnauts Zeugenaussage eindeutig aus – Tod durch den Strang. Am Tag der Hinrichtung strömte das Volk vor die Tore, wo der Galgen stand, und genoss zum ersten Mal die Sonne und die lauen Lüfte des nahenden Frühlings. Wer ein Spektakel erwartet hatte, wurde enttäuscht, denn der Mann beschritt den letzten Weg zu seinem Schöpfer ebenso still und unauffällig, wie er gelebt hatte.
»Schrecklich, an solch einem Tag zu sterben«, sagte Severin, als die letzten Zuckungen des Gehenkten geendet hatten.
»Wäre denn ein anderer Tag besser?«, spottete Rogier.
»Der Tod ist die Bestimmung des Menschen und mit Glück die Erfüllung der reinen Liebe«, gab Jaufré Rudel von sich.
»Dass wir alle sterben müssen, ist klar«, erwiderte Severin. »Aber das andere verstehe ich nicht.«
»Er meint, reine Liebe verlangt nach Entsagung«, erklärte Rogier. »Und der Tod ist die höchste Stufe der Entsagung.«
Rudel nickte. »Mit ihrer Erfüllung stirbt die fleischliche Liebe. Schaut euch doch um. Wer mit der Magd liegt, hat bald genug von ihr, und die Ehe ist der Tod jeder Leidenschaft. Nur das, was man sich vorenthält, bewahrt seinen Wert bis in alle Ewigkeit. Nichts ist höher zu werten als die ewig unerfüllte Liebe zu einer reinen, noblen Dame, und der gemeinsame Tod ist die letzte schlüssige Folge. Was ist süßer, als in den Armen einer solchen Geliebten zu sterben?«
Arnaut und Severin starrten ihm erstaunt nach, als er sie
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