Die Comtessa
bleibst bei mir, so lange du willst. Das würde mich sehr glücklich machen.«
Dann wandte sie sich wieder an Gausbert. »Mit dieser guten Tat,
Mossenher,
ist alles zwischen uns wettgemacht.«
Erleichtert küsste Gausbert ihre Hand und ließ sich nach weiteren endlosen Höflichkeiten hinausbegleiten.
Zehn Tage später, mitten im Monat April, erreichte
Coms
Ramon Berenguer de Barcelona endlich die Stadt Narbona, an der Spitze von fünfhundert seiner besten Ritter, und mit einem Schlag änderte sich die Lage.
***
»Meine liebe Ermengarda. Wie erfreulich, dich endlich kennenzulernen«, strahlte Ramon Berenguer und küsste sie herzlich und ohne Scheu auf beide Wangen.
Er war ein Mann von gewandtem Auftreten und beeindruckender Erscheinung, groß, schlank, dunkelhaarig, etwa Ende zwanzig. Wie ein Mantel umgab ihn die Aura eines großen Fürsten. Kein Wunder, dass der König von Aragon, mangels männlicher Nachkommen, diesem jungen Mann sein Reich anvertraut hatte.
»Seid mir herzlich willkommen,
Mossenher
«, erwiderte sie freudig, wenn auch ein wenig eingeschüchtert.
»Nicht doch. Nennt mich nicht so. Uns eint doch unsere gemeinsame Großmutter,
Domna
Mahalta, nicht wahr? Ich war noch ein Knappe damals, aber ich erinnere mich noch gut an den letzten Besuch deines Vaters. Er war ein Mann nach meinem Herzen, zielstrebig und entschlossen. Und wie ich höre, schlägst du ganz nach ihm.«
Er betrachtete sie neugierig und mit großem Wohlwollen.
»Wie schön du bist. Ich sehe, man hat nicht übertrieben. Kein Wunder, ganz Narbona liegt dir zu Füßen.« Dabei lachte er, und seine gute Laune wirkte ansteckend.
Sie befanden sich in der
aula
des Palastes, und Ermengarda stellte ihm die wichtigen Persönlichkeiten der Vizegrafschaft vor, wobei der Erzbischof und seine Männer durch Abwesenheit glänzten.
Unter den Anwesenden entdeckte der Graf auch seinen Freund,
Senher
de Castellvell, legte ihm den Arm um die Schultern und beglückwünschte ihn zur Einnahme der Stadt. Zuletzt ließ Ermengarda ihre Gefährten aus den Tagen der abenteuerlichen Flucht vortreten.
»Das also sind die tapferen Kerle, von denen Ihr mir berichtet habt,
Fraire
Aimar?« Er ging von einem zum anderen, ohne auf Aimars Antwort zu warten, der irgendwo unter dem Gefolge des Grafen steckte und glücklich grinste.
»Peire Rogier, ihn und seine fröhlichen Lieder kenne ich ja schon. Felipe de Menerba, meinen herzlichen Dank und Respekt. Raimon de Narbona, der kluge Kaufmann, und Severin, dir danke ich besonders für das Leben meiner Base. Ach, und dies ist also Arnaut de Montalban, der Kopf der wilden Bande, der auch noch den Grafen von Tolosa gefangen hat. Ich bin beeindruckt, mein Freund.«
»Mossenher.«
Arnaut, wie auch die anderen vor ihm, kniete kurz und beugte das Haupt.
»Ich muss euch allen danken«, sprach Ramon Berenguer, »dass ihr verhindert habt, dass Narbona wie ein reifer Apfel in die Hand des Tolosaners gefallen ist. Andererseits ist die Lage jetzt eher noch verzwickter geworden. Eure junge Herrin ist irgendwie der Schlüssel zur Lösung, wenn auch niemand so recht weiß, wie er passt. Du verzeihst mir diesen Vergleich, Ermengarda, aber so ist es doch.«
Jetzt oder nie, dachte Arnaut und nahm sich ein Herz.
»Verzeiht,
Mossenher,
wenn ich dazu etwas sagen darf.«
»Nur zu.«
»Ich habe mich lange mit
Coms
Alfons unterhalten. Er ist zu Zugeständnissen bereit.«
»Kein Wunder, als Gefangener.«
»Ich rede nicht von der Aufhebung der Ehe. Er wäre vielleicht bereit, auf seine Ansprüche zu verzichten und über eine dauerhafte Lösung für die Region zu reden, die beiden Seiten Nutzen bringen würde.«
Ermengarda sah ihn erstaunt an.
»Wie bitte?«, sagte der Graf. »Der nimmersatte, landgierige Alfons?«
»Mit Verlaub, Herr. Genauso beschreibt er auch Euch.«
Das fand Ramon Berenguer ziemlich komisch. »Nun, vielleicht hat er recht. In jedem Fall danke ich Euch für den Hinweis, Arnaut. Wir werden sehen.«
Bald darauf löste sich die Versammlung auf, und Ermengarda geleitete die Gäste hinaus. Nicht ohne Arnaut einen dankbaren Blick zuzuwerfen.
Von diesem Tag an hatte das
concilium
des Erzbischofs keine Bedeutung mehr. Der Graf von Barcelona machte sich nicht einmal die Mühe, dort zu erscheinen. Von seinem Hauptquartier aus, dem ehemaligen Palast des Grafen von Tolosa, schickte er täglich seine Unterhändler und Berater durch die Stadt, um direkt und ohne Einfluss des Erzbischofs mit allen Parteien zu verhandeln.
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