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Die Comtessa

Die Comtessa

Titel: Die Comtessa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulf Schiewe
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Wort sauber hervorbrachte.
    »Die Männer unter Euren Söldnern, die gestern fünf Menschen getötet und Dutzende verletzt haben.«
    Einen Augenblick lang wurde es sehr still im Saal. Alles blickte erwartungsvoll auf Alfons, der Bardine mit gerunzelter Stirn musterte und nicht recht wusste, was er sagen sollte. Auch Ermengarda wartete gebannt auf eine Antwort. Sie bewunderte Bardine für den Mut, diese heikle Frage anzusprechen.
    »Verdammte Aufrührer waren das!«, rief plötzlich einer unter den Leuten des Erzbischofs.
    »Aufrührer, sagt Ihr?«, fragte Bardine an den Sprecher gewandt, laut genug, dass ihn alle hören konnten, trotz des wütenden Gezischels, das den Saal erfasst hatte. »Unter den Toten waren eine schwangere Frau, ein alter Pilger und ein Kind. Sind das die Aufrührer, die Ihr meint?«
    »Und wer hat Pflastersteine geworfen?«, hieß es von links.
    »Kindsmörder!«, schrie es wütend aus den Reihen der Bürger, die erregt und mit geballten Fäusten dastanden. Rechter Hand, unter den Adeligen der Grafschaft, gab es viele, die beschwichtigen wollten, andere enthielten sich der Stimme mit nachdenklichen Gesichtern. Die Heißsporne beider Lager begannen sich zu ereifern
. Verfluchte Tolosaner
hörte man von der einen Seite und
frecher Stadtpöbel
von der anderen. Immer wütender und ausfälliger wurden die Worte, mit denen sie sich bewarfen. Bardine selbst schien überrascht über die Gefühle, die er ausgelöst hatte.
    Wo war Peire de Menerba?, fragte sich Ermengarda. Der hätte die Versammlung mit seiner ruhigen Art zur Vernunft gebracht, aber er war nicht zugegen. Da erinnerte sie sich an die wütenden Stimmen, die früher am Nachmittag aus Ermessendas Empfangssaal gedrungen waren, und an das zornige Gesicht, mit dem Menerba aus den Gemächern der Stiefmutter gestürmt war. Irgendetwas war zwischen ihnen vorgefallen.
    Nina war über den plötzlichen Aufruhr erschrocken und drängte sich enger an ihre Mutter, während
Coms
Alfons la Bela gereizte Blicke zuwarf. Offensichtlich erwartete er von ihr, dass sie den Bürgerpöbel in die Schranken wies.
    Ermessenda selbst war rot angelaufen und sprang endlich von ihrem Stuhl auf. Aber da die Streithähne kaum auf sie achteten, kam ihr Tibaut de Malvesiz zu Hilfe, ihr Vertrauensmann für besondere Aufgaben. Wie immer war er in düsteren Farben gekleidet. Ermengarda mochte ihn nicht. Kalt wie ein Fisch war der.
    »Hört die
vescomtessa!
«, rief Tibaut mit Stentorstimme und machte gleichzeitig den Wachen Zeichen, sich bereitzuhalten. Einige Unentwegte zischelten noch, aber langsam trat Ruhe ein.
    »Was fällt Euch ein?«, schrie Ermessenda aufgebracht. »Wir sind hier versammelt, um meinen Gast zu ehren, nicht, um ihn zu beleidigen.«
    Zornig und angriffslustig starrte sie in die Runde. Viele senkten den Blick, andere machten trotzige Gesichter.
    »Domina«,
versuchte Bardine es noch einmal. »Zumindest sollte es eine Untersuchung geben. Das Volk ist sehr aufgebracht.«
    »Was willst du denn untersuchen?«, rief ihm Peire Monetarius spöttisch zu. »Wie man Steine ausbuddelt und auf Soldaten wirft, die nichts als ihre Pflicht tun?«
    Peire Monetarius war der Münzer der Stadt und ein fetter, reicher Pfeffersack. Bardine war zwar Konsul, aber Peire Monetarius war sein allbekannter Gegenspieler im Rat. Es wurde gemunkelt, er sei sich nicht zu schade, mit dem Silbergehalt der Münzen zu spielen, die er prägte und in Umlauf brachte. Böse Zungen behaupteten, dies geschehe mit Unterstützung der
vescomtessa,
weshalb bisher niemand etwas habe beweisen können.
    La Bela hatte sich wieder gefasst. »Wenn sich nicht einmal der Stadtrat über diese Angelegenheit einig ist, sehe ich nicht, dass Wir Uns damit beschäftigen müssen«, sagte sie kühl und fügte mit Bestimmtheit hinzu: »Die Versammlung ist geschlossen!«
    Klug von ihr, dachte Ermengarda. Mit Hilfe des Münzers hatte sie Bardines vernünftiger Forderung die Grundlage entzogen. Manchmal konnte Mutter sehr gewitzt sein, es lohnte sich, von ihr zu lernen. Aber warum unterstützte sie neuerdings Alfons Jordan? Bisher hatte sie doch immer über die
Defacto
-Besetzung geflucht und sich darüber, wer weiß wie oft, mit dem Erzbischof angelegt. Nur bei Alfons selbst hatte sie sich zurückgehalten. Vielleicht aus Furcht, er könnte sie ganz aus ihrer Stellung verjagen, wenn sie ihn offen angriff.
    Die Leute verließen, ohne sich gegenseitig anzusehen, einer nach dem anderen die
aula.
Draußen aber erhob sich

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