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Die Comtessa

Die Comtessa

Titel: Die Comtessa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulf Schiewe
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Gleichgestellten war die formlose Anrede durchaus üblich. Doch vom Sohn eines
vescoms
auf gleicher Höhe behandelt zu werden, dies empfand Arnaut als besondere Auszeichnung. Er war daher hocherfreut über den Verlauf, den die Dinge nahmen.
    »Deinen Mut hast du heute Morgen ja schon bewiesen«, nahm Felipe die Unterhaltung wieder auf. »Und dass du ein ausgezeichneter Kämpfer bist, konnte ich nun gerade selbst feststellen. Glaube nicht, es wäre mir entgangen, dass du uns geschont hast.«
    Dass Arnaut bei den Übungskämpfen so mühelos hatte mithalten können, war ihm eine kleine Entschädigung für die am Morgen erlittene Schmach.
    »Nachdem ich mir schon einen Feind gemacht habe …«
    »Und was für einen!« Felipe lachte herzlich. »Joan de Berzi zum Feind zu haben, darauf kann man sich fast etwas einbilden. Aber, sag mir, bei wem hast du so kämpfen gelernt?«
    Arnaut ging auf den scherzhaften Ton ein. »Nur bei den Allerbesten«, prahlte er. »Bei den Männern meiner
familia.
«
    »Oho! Vielleicht sollten wir uns mehr Krieger aus der Corbieras holen.« Darüber lachten sie erneut.
    Doch plötzlich wurde Felipe ernst.
    »Um ehrlich zu sein, ich brauche Hilfe«, sagte er. Dann holte er tief Luft und sammelte einen Augenblick lang seine Gedanken. »Ich habe mich einer
domna
von Stand verpflichtet«, fuhr er in vertraulichem Ton fort, fast als handele es sich um eine Beichte. »Sie ist mir teuer und ans Herz gewachsen, und ich habe gelobt, ihr in allem selbstlos und ergeben zu dienen.«
    »Wie schön«, lächelte Arnaut. Von solch höfischem Gebaren hatte er gehört. Hochgestellte Damen erkoren sich
champios,
die für sie in den Turnieren antraten, die man an Fürstenhöfen veranstaltete. »Weiß sie denn davon? Hat sie deine Dienste angenommen?«
    »Das hat sie.«
    »Und warum lässt du dann den Kopf hängen?«
    Felipe sah ihn lange prüfend an. »Du musst mir versprechen, dass die Angelegenheit unter uns bleibt.«
    »Selbstverständlich.«
    Felipe blickte sich flüchtig um, ob ihnen etwa jemand zuhörte, aber die Schankstube war leer. Selbst der Wirt war nicht zu sehen. »Die
domna,
von der ich spreche, befindet sich in Gefahr«, raunte er dann.
    »In Gefahr?«
    »Sie selbst lehnt es ab, die Sache ernst zu nehmen. Aber ich spüre, dass sich drohende Wolken zusammenziehen. Besonders jetzt. Es ist, als würde sich alles zuspitzen.«
    »Wer ist ihr denn übelgesinnt?«
    »Ich habe meinen Verdacht, aber der genügt nicht. Noch ist ja nichts geschehen. Und dennoch bin ich sicher, sie muss beschützt werden, bevor etwas Schreckliches geschieht.«
    »Und dabei soll ich helfen?«
    Felipe nickte. »Ich bin allein in dieser Angelegenheit. Alles höchst verwickelt und politisch. Mit meinem Vater bin ich zerstritten, und bei der Lage in der Stadt weiß man nicht mehr, auf wen man sich verlassen kann. Du dagegen bist ein Fremder und keiner Partei verpflichtet.«
    »Was ist mit Giraud?«
    »Giraud hat sich dem Gebot der Seinen zu beugen. Die Familie Trias ist dem Erzbistum verbunden. Ich kann ihn nicht darum bitten. Andere … die würden mich wahrscheinlich auslachen. Die meisten eigentlich.«
    »Verstehe.« In Wahrheit verstand er gar nichts.
    »Noch etwas, das du wissen solltest. Falls ich recht habe, kann es gefährlich werden. Ich würde es dir deshalb nicht verübeln, wenn du sagst, dies ist nicht dein Kampf.«
    Er lehnte sich zurück und schwieg.
    Arnaut trank langsam von dem feurigen Wein in seinem Becher. Dabei spürte er, wie Felipes Augen auf ihm ruhten, als wollten sie jede seiner Regungen erforschen. In was war sein neuer Freund da verstrickt? Da steckt ein Abenteuer dahinter, sagte er sich, man kann es spüren. Mit einer hübschen
donzela
noch dazu. Zwar kam ihm die Angelegenheit äußerst ungereimt und rätselhaft vor, aber gerade das war so unwiderstehlich. Waren sie nicht gekommen, um Abenteuer zu erleben? Gefahr schreckte ihn wenig, im Gegenteil, das verlieh der Sache erst die rechte Würze, und als Angsthase zu gelten, erfüllte ihn mit Entsetzen.
    »Du kannst auf mich zählen!«, sagte er in entschlossenem Tonfall, laut genug, um die leise Stimme in seinem Herzen zu übertönen. Hatte er nicht versprochen, zuerst gut zu überlegen, bevor er handelte? Aber die Bitte um Hilfe von diesem hochgestellten jungen Mann schmeichelte ihm, und die Gelegenheit, sich der neuen Freundschaft würdig zu zeigen, ließ ihn alle Vorsicht in den Wind schlagen.
    »Ich bin dein Mann, Felipe«, bekräftigte er noch

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