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Die Containerfrau

Die Containerfrau

Titel: Die Containerfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Smage
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an, folgt seinen Blick. Der hängt an ihrem Telefon.
    »Ach«, sagt sie. »Hab ich das? Tja, kann schon sein.«
    Das ist eine ihrer schwachen Seiten, sie kann sich keine Geheimnummern und keine Bezeichnungen für Computer, Programme und alles andere merken, was dazugehört. Sie nennt ihr Handy »Mobil« und hat keine Ahnung von Vor- oder Nachnamen von Produzent oder Vertriebschef. Findet, dass es im leben wichtigere Dinge gibt, die sie sich merken kann. Über die sie sich informieren muss.
    »Und das hast du eingeschaltet? Dein Handy ist natürlich eingeschaltet? Die ganze Zeit? Oder was?« Der Mann vor ihr knurrt diese Fragen schon fast.
    »Ja«, antwortet sie gelassen. »Natürlich hab ich das. Es ist und bleibt eingeschaltet. Die ganze Zeit.«
    »Warum bist du nicht mit allen anderen hier auf NMT umgestiegen?« Sundts Stimme klingt wie eine Anklage. Er ist sauer.
    Mit allen anderen? Wieso mit allen anderen, fragt sie sich.
    »Ich hab in der Stunde gepennt«, erwidert sie gereizt. »Ich kann mich an keine Aufforderung zum kollektiven Austausch von bereits angeschafften Handys erinnern.« Und bekommt zu ihrer Verblüffung von Sundt einen Ordner mit allerlei Hausmitteilungen in die Hände gedrückt. Schneller als ein Hermelin hat er genau den richtigen Ordner aus dem Regal gezerrt, blättert darin und zwingt sie eine Mitteilung zu lesen. »Übergang zu NMT – zur Sicherung … gilt für das gesamte Personal … verhindert Abhorchen …«
    Anne-kin lässt ihren Blick über die Seite wandern, sieht das Datum, ist stocksauer und schleudert den Ordner an die Wand. Die Mitteilungen fallen heraus. Dann fährt sie herum und mustert ihren Chef.
    »Wenn die Hausmitteilungen so verdammt unwichtig sind, dass Angestellte mit einer miesen Urlaubswoche nicht informiert werden, dann möchte ich den Herrn Hauptkommissar doch bitten, sich mit seinen Beschwerden an andere zu wenden. In meinem Postfach hat das hier nämlich nicht gelegen!«
    »Hups«, hört sie, offenbar hat Vangs Adamsapfel sich einen Sprung gegönnt. Der restliche Mann ist auch schon auf dem Weg durch die Tür.
    »Gute Nacht, Vang«, sagt Sundt. »Komm gut nach Hause. Fahr vorsichtig. – Und was dich angeht, du Pulverfass, so hast du mir im Grunde eine gewaltige Erleichterung verschafft.« Sundt lächelt Anne-kin zaghaft an.
    Sie wartet. Jetzt kommt etwas, das sieht sie ihm an. Ziemlich durchsichtig ist ihr Chef, wenn er eine wichtige Mitteilung zu machen hat. Noch immer sieht er müde und verhärmt aus, aber er hat etwas, das wie eine Sennerin wirkt, die auf der Wiese steht und die Kühe anlockt, auf jeden Fall sind seine Energie- und Kraftmoleküle jetzt wieder auf dem Heimweg. Es ist ein fast unheimlicher Anblick, aber auch ein schöner. Dass Sundt wieder zum guten alten, vor Energie strotzenden, ewig optimistischen Sundt wird. Sie lächelt ihn jetzt ebenfalls an und ebenfalls ein wenig zaghaft.
    »Verstehst du, Anne-kin, dann war es niemand von uns«, sagt er leise. Anne-kin schweigt. Wartet auf die Fortsetzung. »Dann hat sich irgendein Außenstehender auf dein Handy eingepeilt, um es abzuhorchen. Um die Frequenz zu finden. Und hat sie gefunden. Und hat sich alle Informationen besorgt, die du auch bekommen hast. Jemand, der von der Operation letzte Nacht wusste. Und vermutlich noch von viel mehr. Vorher.«
     
    Kommissarin Halvorsen ist sofort hellwach. Sundts stoßweise vorgebrachte Worte haben sie hellwach gemacht. Ja, denkt sie, so ist es. So muss es sein. Jemand hat sie verfolgt, über ein Telefon, das sich aufspüren und abhören lässt. Aber warum in al ler Welt hat dieser Jemand nicht früher zugeschlagen? Oben im Wald, als sie auf einsamen Waldwegen unterwegs war. Oder in Kvarvet, wo die seltsame Kate sich befindet. Sie müssen gewusst haben, dass sie dort war. Sie? Diese Leute interessieren sich doch gar nicht für sie, sie ist nur ein Zwischenglied, ein Bindeglied, ein unfreiwilliger Lockvogel. Um den »Spatz« aufzuspüren, um Irina einzukreisen, sich in einen raffinierten Hinterhalt zu legen, zwei Schüsse abzugeben und vom Tatort zu verschwinden, ohne auch nur einen Kratzer im Fensterrahmen zu hinterlassen. Profihaft, ungeheuer profihaft.
    »Sie haben also gewartet, bis der ›Spatz‹ sich gemeldet hat«, sagt sie leise. Sie haben zwei und zwei zusammengezählt und deshalb gewusst, dass wir beide da in meiner Wohnung saßen, haben gewusst, dass …
    Nein. Das kann nicht stimmen. Sie hat ihr Telefon nicht mehr benutzt, nachdem sie diese unsanfte

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