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Die Containerfrau

Die Containerfrau

Titel: Die Containerfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Smage
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werden. Skipagurra liegt meilenweit von ihrem Wohnort entfernt, so weit sogar, dass wohl nicht einmal Sexlust zu einer so weiten Reise motivieren kann. Kommissarin Halvorsen hört Sundt mit trockener Stimme kommentieren, dass die Wache demnächst in einen Atlas investieren wird, dann beendet er das Gespräch und legt auf.
    Soll sie es jetzt sagen? Sie lugt zu ihrem Chef hinüber, öffnet den Mund und sagt: »Du, Sundt?«
    »Komm«, unterbricht er sie, schaut auf die Uhr. »Es ist so weit. Vang wartet.« Und dann stürzt er aus der Tür, als habe er auf einer Startlinie gestanden. Sie trottet hinterher. Sieht den Chef das Pappschild mit »Laufendes Verhör« umdrehen, sieht ihn an die Tür klopfen, hört ihn Vang begrüßen.
    »Viel Glück euch beiden«, sagt er und stürzt wieder davon. Und dann wird der schweigsame Kapitän, Mindor Hansen, zum Verhör geholt.
     
    Wieder stellt Kommissarin Halvorsen diese einkreisenden Fragen, die Vang hasst. Wieder diese nicht suggestiven Fragen. Diese was hast du getan, was ist passiert, weißt du noch-Fragen. Und wieder bleibt der Kapitän stumm wie ein Fisch, nickt nur knapp, um Namen, Personenkennnummer, Adresse, Beruf zu bestätigen. Und wieder diese langen Pausen. Auch Annekin hat langsam die Umständlichkeit und Zaghaftigkeit dieses Vorgehens nach dem Lehrbuch satt. Weiß schon längst, dass Winter und Frühling vergangen sein werden, ehe sie mit einem Ergebnis dasitzen, wenn sie so weitermachen. Das einzige Ergebnis wird sein, dass die Stimmbänder des Kapitäns aus Mangel an Benutzung einrosten. Außerdem empfindet sie ein wachsendes physisches Unbehagen, wenn sie diesem Mann so dicht gegenübersitzt. Sie will die groben Arbeitsfäuste, die auf seinen Oberschenkeln ruhen, nicht ansehen. Joakim Hansens misshandeltes Gesicht steht ihr klar vor Augen. Kommissarin Halvorsen merkt, dass ihre eigenen Fäuste zu einem harten weißen Klumpen geballt sind. Jetzt, an diesem Punkt, weiß jede erfahrene Verhörsleiterin, dass sie aussteigen, das Verhör jemand anderem überlassen sollte. Weil jetzt die Gefühle überhand nehmen, Sympathien und Antipathien. So darf sie kein Verhör führen. Aber sie steigt nicht aus, sie nicht, verdammt! Denn der Unwille, den Mindor Hansen seinem Austausch mit der Polizei und dem Pflichtverteidiger gegenüber an den Tag liegt, kann zeitbestimmt sein. Kann Taktik sein, weil Kapitän Mindor Hansen erst wissen will, wo er steht. Das heißt, er will wissen, ob die wichtigste Zeugin, Irina, lebt oder nicht. Und darauf wartet er, in der Zelle und beim Verhör: Er wartet auf diese Nachricht. Erst dann wird er wissen, welche Version er der Polizei auftischen wird. Er hat sicher auch mit seiner Mannschaft die beiden Versionen exerziert. Anne-kin Halvorsen ist davon so ziemlich überzeugt. So hätte sie jedenfalls gedacht, wenn sie an Mindor Hansens Stelle säße.
    Sie lehnt sich in ihrem Sessel zurück, zwingt sich, ihre Fäuste zu öffnen und spielt mit einem Bleistift.
    »Gehören Instrumente zur Standardausrüstung von Fischkuttern, die sich auf Mobiltelefone einpeilen können?«, fragt sie und erlebt immerhin, dass er antwortet.
    »Keine Ahnung, wovon Sie da reden«, grunzt er.
    »Sie haben Ihren tiefgefrorenen Fang bei Frionor auf Brattøra abgeliefert und dann in Nyhavn angelegt. Warum?« Eine harmlose Frage, die er offenbar klären will.
    »Können vor der Fischfabrik keinen Platz blockieren«, sagt er. »Und diese Maschinenfirma, die die Reparatur vornehmen sollte, hat uns den Liegeplatz angewiesen.« Spitze, denkt sie, jetzt hat sie ihm doch immerhin den Kiefer aufgebrochen.
    »In früheren Vernehmungen haben Sie und die übrige Mannschaft ausgesagt, Sie hätten in der Nacht zum 17. in Ihren Kajüten geschlafen. Und seien erst aufgewacht, als die Polizei an Bord kam. Sie hätten die Sirenen nicht gehört und keine Ahnung von den Geschehnissen an Land gehabt. Stimmt das?« Er nickt.
    »Diese Aussage weicht stark von einer anderen Zeugenerklärung ab.« Der Mann vor ihr zuckt unmerklich zusammen. Anne-kin lässt eine lange Pause folgen.
    »Haben Sie dazu irgendeinen Kommentar?«, fragt sie dann.
    »Wenn irgendein Suffkopp was anderes gesehen haben will, dann von mir aus«, faucht der Mann. »Soll die Polizei doch ihren Pennern glauben.«
    »Ich rede hier nicht von Pennern«, sagt sie freundlich. »Ich rede von den Damen, die Sie transportiert haben.« Der Mann vor ihr hat sich fantastisch im Griff. Das Einzige, was sich bewegt, sind die Muskeln an seinem

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