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Die Containerfrau

Die Containerfrau

Titel: Die Containerfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Smage
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mit dem Stichwort »spitze, dann fahren wir die Mädels nach Hause«. Und direkt nach dem fatalen »Unfall«, als der ihnen der Messermord an Manne Søfting erschien, nachdem die Polizei an Bord gewesen war, Instrumente auf das Schiff gebracht worden waren, getarnt als Ersatzteile für den Motor, die bestimmte Mobiltelefonsysteme anpeilen und lokalisieren können. Mit denen er, als instrumentenkundiger Mann, umgehen kann. Warum wurden die aufs Schiff gebracht? Na ja, in einem Hafen wimmelt es nun einmal von Schiffen, Kränen, Büros, Hafenbehörden, allesamt mit Instrumenten, Kontrollsyste men, Bildschirmen, Signalen, die gesandt und empfangen werden. Aus einem Hafen werden Unmengen von elektronischen Signalen abgegeben.
    Um eine eventuelle Ortung zu erschweren, hatte sie gesagt. Und ein kurzes Nicken als Antwort erhalten. Sie selbst hat eine andere Theorie, etwas, das Mindor Hansen nicht bedacht oder zumindest nicht benannt hat: nämlich dass sein Schiff damit noch tiefer in etwas hineingezogen worden ist, in das Netz, in dem er sich bisher für eine Randmasche gehalten hat. Jetzt wurde er zum aktiven Mitspieler, war nicht mehr nur Laufbursche, Lieferant von Rohwaren.
    Sie erhebt sich langsam, geht zum Fenster, braucht Luft, reißt das Fenster sperrangelweit auf.
    Und dann ist er da, Vang. Ihr Kollege, den sie fast vergessen hatte. Plötzlich steht er hinter ihr, packt sie an den Schultern und will sie umdrehen. Wie eine Wand steht er da. Dicht. Nah.
    Dann lässt er ihre Schultern los, steht aber immer noch dicht hinter ihr. Und dann hört sie:
    »O verdammt, Halvorsen, hast du wirklich das alles aus dem ›Spatz‹ herausholen können? Ich muss schon sagen, sie ist wirklich zum Leben erwacht.«
    Da wendet sich Kommissarin Anne-kin Halvorsen vom offenen Fenster ab, erwidert Vangs Blick, sieht einen Kollegen, der einfach von Bewunderung erfüllt ist, weil sie in einem mehr als dreistündigen Verhör zu unorthodoxen Mitteln gegriffen hat. Einem Verhör, das jetzt mit den bisher besten Resultaten in diesem Fall prunken kann.
    »Der ›Spatz‹, Irina Sverdlowska, hat das nie erzählt und wird es auch nie erzählen«, sagt sie leise. »Irina Sverdlowska hatte die leersten Augen, den leblosesten Blick, den ich je gesehen habe. Sie lebt, ja. Aber sie ist ein Stück Gemüse, ein Zombie, ist … aus ihrem Mund kommt nichts als Speichel. Die Ärzte sagen, dass ihr Zustand sich nicht bessern wird, ihr Gehirn ist verletzt, sie wird niemals …«
    Kommissarin Halvorsen bricht zusammen, spürt, wie zwei starke Arme sie umschließen. Und sie weint wie ein Kind.

48
    Die Technik findet in der Musterwohnung in Møllenberg Spuren. Markante Abdrücke von zwei Turnschuhen zwischen allen anderen Fußspuren auf dem Boden. Die Abdrücke zeichnen sich ab, nachdem der Boden mit einer feinen Sprayschicht bedeckt worden ist. Alle anderen Sohlenabdrücke zeigen ein natürliches Bewegungsmuster, von der Tür zum Fenster zur Küche zu Wohnzimmer, Schlafzimmer, Bad und zurück. Runde für Runde. Diese Abdrücke jedoch gehören keiner Person, die an einer Besichtigung teilgenommen hat. Sie führen von der Tür zum Fenster, dann zurück in die Zimmermitte, dann wieder zum Fenster und zurück. Dort bleiben sie stehen. Verlagern das Gewicht vom rechten auf den linken Fuß und vom linken auf den rechten. Die Schuhe sind wirklich nichts Besonderes, es gibt sie in jedem Schuh- und jedem Sportgeschäft. Größe 43. Aber sie weisen immerhin darauf hin, dass jemand in der Wohnung war, das Fenster geöffnet hat, zurückgegangen ist, die Fensteröffnung verbreitert hat, sich zurückgezogen hat und stehen geblieben ist. Und dieser Jemand könnte die beiden Schüsse abgegeben haben.
    Per Fax und über schlechte Telefonlinien kommen Informationen aus Murmansk. Das neu eingerichtete Polizeibüro, das norwegische Konsulat und lokale Behörden erteilen Auskünfte. Die Angehörigen der drei Frauen sind gefunden, die der beiden Toten wissen bereits Bescheid. In Irina Sverlowskas Fall geht es nur um einen Bruder, um den älteren Bruder Andrej. Sie haben ihn noch nicht erreicht. Bis vor sechs Monaten hat er in einer Fabrik gearbeitet. Jetzt ist er arbeitslos. Der norwegische Polizist schickt Faxe: Vorläufige Untersuchungen, die er angestellt hat, zeigen, dass gegen den Mann nichts vorliegt. Offiziell. Aber dass er, als Arbeitsloser, mit Geld um sich wirft, das er nie im Leben von den Behörden bekommen hat. Das Muster ist vertraut, er ist einer der vielen

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