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Die Containerfrau

Die Containerfrau

Titel: Die Containerfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Smage
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falsch gemacht haben und was wir von jetzt ab zu tun haben und warum. Die hat gut reden, sitzt da wie eine Scheißspinne mitten im Netz und kann sich alle Informationen vorlegen lassen, während wir uns draußen im Feld den Hintern abschuften müssen. Wird ja lustig sein zu hören, was die Frau Juristin auf dem Herzen hat. Ehe Kommissarin Halvorsen den Spiegel verlässt, schmiert sie sich noch eine Schicht Lippenstift auf den Mund. Zieht einen Schmollmund und behält ihn auf dem ganzen Weg zu Frau Riis’ Büro. Vor der Tür steht ein nervös von einem Fuß auf den anderen tretender Vang. Anne-kin ist ganz sicher, dass er seinen Schnurrbart mit den Fingern gekämmt und eine Extraschicht Bartwichse aufgetragen hat. Er sieht einfach unwiderstehlich aus.
    »Hallo, Kadaver«, sagt sie und versetzt ihm einen Rippenstoß. »Jetzt werden wir geschlachtet. Are you ready?«
    »Ich war das nicht«, sagt er darauf. »Ich habe kein Scheißwort über deine Verhörtechniken gesagt. Ist das klar, Halvorsen?« Sie dreht sich um, sieht ihn an.
    »Nein, auf die Idee bin ich wirklich nicht gekommen, Herr Kommissar Vang«, erwidert sie. »Wo du doch auch soviel Scheiß gebaut hast, bin ich auf die Idee wirklich nicht gekommen.« Sie starren einander an. Führen kurz Inventur über Patzer und Kompetenzüberschreitungen.
    Dann klopft Anne-kin Halvorsen an die Tür, packt sich Vang und gemeinsam fallen sie ins Zimmer ein.
     
    Aber sie sollen doch nicht geschlachtet werden. Sondern gepriesen. Oder so. In der Terminologie von Fahndungsleiterin Svanhild Riis hört sich das so an: »Ihr beide, Halvorsen und Vang, habt sehr gute Arbeit geleistet, ihr habt, wenn ich das so sagen darf, einen der dicksten Brocken geknackt, mit denen die Trondheimer Wache bisher je zu tun hatte. Ich habe das Verhör mit Kapitän Mindor Hansen gelesen, das mit dem jungen Joakim Hansen, ich habe … und überhaupt. Und deshalb will ich, wollen wir … will die Trondheimer Wache in diesem Fall, so, wie er jetzt steht, für morgen um zwölf zu einer Pressekonferenz einladen. Um Punkt zwölf. Danke.« Und damit ist die Besprechung beendet.
     
    Meine Güte, denkt Anne-kin Halvorsen, was ist bloß in uns gefahren? In mich und Vangi? Und in Sundt, in den für den Moment stummen, schweigsamen Sundt, der in einer Ecke sitzt und nur lauscht und nickt? Was zum Teufel ist in uns gefahren? Wir bringen ja kein Wort heraus! Lassen uns nur allerlei sagen.
    »Komm«, hört sie. Das ist ihr schnurrbärtiger Kumpel, ebenso schweigsam wie sie selber. »Komm, wir trinken ein Bier. Das hier müssen wir doch feiern.«
    »Feiern? Wovon redet der Kerl?«
    »Sie hat uns gelobt«, hört Anne-kin. »Hast du das gehört? Sie hat uns wirklich und wahrhaftig gelobt!«
    »Na und?« Anne-kin befreit sich vom Arm des Kollegen. »Na und? Dass ein Juristenmensch uns lobt, was zum Teufel du unter Lob verstehst, na und?« Sie starrt ihn wütend an, bereit, jegliche Erklärung, die aus seinem Mund kommt, in Fetzen zu reißen.
    »Nichts«, sagt er. »Gar nichts.« Vang hat gelernt. »Aber wir können das doch bei einem Bier diskutieren?« Er hat doch nichts gelernt. »Bitte? Ich geb einen aus.«
     
    Und durch die Hintertür der Trondheimer Wache gehen zwei Stück Polizei, ein Mann und eine Frau, sie schwanken in nüchternem Zustand zur nächstgelegenen Theke.

50
    Das Hinweistelefon läuft wieder heiß. Und die Presseleute treten von einem Fuß auf den anderen. Nicht nur die aus Trondheim und Umgebung, der Fall ist längst zu internationaler Bekanntheit gelangt. Ansonsten geht das Leben auf der Trondheimer Wache seinen gewohnten Gang. Die Routinen werden eingehalten. Dazu gehört, dass um 06.05 eine Autostreife zu einer Adresse mitten in der Stadt geschickt wird. Eine ältere Frau hat angerufen. Sie ist wütend auf ihre Nachbarin. Genauer gesagt, sie besteht darauf, dass die Ordnungsmacht die Zustände in der Wohnung überprüft, die ihrer gegenüber liegt. Dort laufen Männer aus und ein, dort laufen Frauen aus und ein. Tag und Nacht. Woche für Woche. Der Streifenwagen seufzt, genauer gesagt, die zweiköpfige Besatzung seufzt. Sie besteht aus einem Männlein und einem Weiblein.
    »Die Alte hat vergessen, dass sie auch mal jung war«, sagt das Männlein. »Und dass nicht alle um zehn Uhr schlafen gehen. Und warum um Himmels willen schlafen die Leute um sechs Uhr morgens nicht?« Sie biegen in die Prachtstraße der Stadt ab und halten genau gegenüber der königlichen Residenz in Trondheim, dem

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