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Die Containerfrau

Die Containerfrau

Titel: Die Containerfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Smage
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Schlauköpfe, die wie die Helden der westlichen Seifenopern leben wollen und das auch schaffen. Weil in der ehemaligen Sowjetunion ziemlich gesetzlose Zustände herrschen und der Stärkste und der Gerissenste immer Recht hat. Fax Ende.
    »Herrjemine«, stöhnt Anne-kin Halvorsen, sie hat sich schon längst die Tränen getrocknet und aus Vangs Umarmung befreit.
    »Er, dieser große Bruder Andrej, kann doch verdammt noch mal nicht seine Schwester verkauft haben! Und zwei von ihren Freundinnen?«
    »In Russland geht es im Moment brutal zu«, hört sie Vang antworten. »Gesetzlosigkeit und Netzwerke des alten KGB haben sich mit Mafiosi und Glücksrittern zusammengetan. Und kämpfen mit harten Bandagen. Alles geht um Geld. Um Dollars.« Er hört sich an wie ein Dozent.
    »Ja, aber trotzdem! Man verkauft doch verdammt noch mal nicht die eigene Schwester!«
    »Ich kenne einen Antiquitätenhändler, der behauptet, dass manche sogar ihre eigene Großmutter verkaufen würden, wenn jemand dafür bezahlte«, fährt das Orakel Vang unangefochten fort. »Und das hier in Norwegen.«
    Sie wechseln einen Blick.
    »Aufmunternd«, sagt Anne-kin Halvorsen. »Hast du noch weitere Sonnenscheingeschichten auf Lager?« Aber die Stimme, mit der sie das sagt, klingt tonlos und kleinlaut. Frauenhandel ist nichts Neues, nur waren sie bisher davon verschont, in ihrem Wolkenkuckucksheim. Bisher.
    Die Stadt ist zu übersichtlich. So gut wie keine Straßenprostitution, oder wenn, dann nur ganz sporadisch. An- und Verkauf spielen sich an den gewohnten Orten ab, in Bars, Kneipen, Restaurants. Privatwohnungen. Und die kleinen Stricher, die eine Zeit lang in Ravnkloa am Werk waren, fielen dermaßen auf, dass sie bald wieder verschwunden waren. Jedenfalls von dort. Doch das alles war vor dem Jubiläumsjahr, den Messen, Skiweltmeisterschaften, dem Cutty Sark-Jahr 1997. Ehe Kongressveranstalter mit ihren internationalen Kongressen nach Trondheim strömten. Zwei von drei Veranstaltungen dieser Art, die in Norwegen stattfinden, werden nach Trondheim verlegt. Fast in jeder verdammten Woche gibt es derzeit einen großen Kongress. Und abgesehen von der Messe »Frauen zeigen den Weg« sind das fast alles Männerangelegenheiten. Und natürlich brauchen die Knaben Damen, brauchen Feldgesellschaft, schlimm genug, dass sie so lange von ihren Lieben daheim fort sind, sie sollen nicht auch noch Not leiden. Sie versetzt einem Stuhlbein einen Tritt. Sieht Vangs Grinsen, Schnurrbart-Vangs Grinsen, und würde auch ihm gern eins vors Schienbein geben. Er weicht zurück.
    »Ich hab schon verstanden«, sagt er. »Aber wir müssen …«
    »Nichts da«, fährt sie ihm ins Wort. »Das müssen wir nicht, jedenfalls nicht mit einem Macho wie dir, dem der Schnurrbart schon steht, wenn er nur zwei Frauenbeine sieht.«
    »Jawoll«, antwortet er mit dem breitesten Grinsen der Welt.
    »Und warum hat sich Kommissar Vang eigentlich noch keinen Harem zugelegt? So frauengeil, wie du bist, musst du doch unwiderstehlich sein.« Sie möchte ihn richtig anpöbeln, bis er rot wird, und aus Erfahrung weiß sie, dass dazu nicht allzu viel gehört.
    »Weil ich hoffnungslos in dich verliebt bin«, erwidert er. Und diese Antwort sorgt dafür, dass Kommissarin Halvorsen den Mund hält. Das mit dem Rotwerden ist plötzlich nicht mehr wichtig.
    »Wie schön«, sagt sie nur leichthin und schaut zu einem soeben einlaufenden Fax hinüber. Es stammt von dem norwegischen Kollegen aus Murmansk. Er teilt mit, dass die beiden verunglückten (Herrgott, »verunglückt«, denkt Anne-kin) Frauen identifiziert werden müssen. Ihre Angehörigen können sich die Reise nach Trondheim nicht leisten, und die russischen Behörden wollen die Särge erst, wenn feststeht, dass es sich bei den Frauen wirklich um russische Staatsbürgerinnen handelt. Vang und Halvorsen stöhnen wie aus einem Munde.
    Aber, heißt es weiter im Fax, wenn der norwegische Staat, also die Polizei, die Reise bezahlt, dann ist der Fall geklärt. U Awg. Freundliche Grüße.
    Anne-kin Halvorsen stöhnt noch einmal.
    »Der ist schon zu lange aus Norwegen fort«, sagt sie. »Und hat nicht mitgekriegt, wie fest der voll gestopfte Geldsack in diesem bettelarmen Land zugeschnürt ist.«
    »Erst seit März«, sagt Vang lakonisch. »Die Stelle in Murmansk ist erst im März dieses Jahres eingerichtet worden.«
    »Dann hat der Kerl arge Probleme mit dem Kurzzeitgedächtnis«, gibt sie zurück, reißt das Fax aus dem Apparat und legt es auf einen ohnehin schon

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