Die Containerfrau
Stiftsgård. Die Polizistin, Britt, kichert.
»Ob bei den Majestäten so eine Rennerei herrscht«, fragt sie lachend. Das männliche Wesen, Svein, gibt keine Antwort. Er überprüft die Hausnummer.
»Genau gegenüber«, sagt er. »Die genannte Adresse liegt genau gegenüber.« Sie starren das Haus an, die Fassade. Sie ist wirklich alles andere als schön zwischen den niedrigen Holzhäusern.
»Arme Sonja«, seufzt Britt, »immer, wenn sie nach Trondheim kommt, hat sie diese Bude genau vor der Nase.«
»Da ist eine Gegensprechanlage«, sagt ihr Kollege. »Wir sollen bei der Dame klingeln, bei Frau Lauritsen, dann macht sie uns auf. Sonst macht sie nichts, sie macht nur für uns auf.«
Sie fahren einmal um den Block und stellen den Wagen auf der Rückseite ab. Von dort führt ein schmaler Gang, einer der schmalsten Gänge in Trondheim, zurück zur Munkegate. Mitten in diesem Gang liegt ein kleiner Hofplatz, umkränzt von Glas und noch mehr Glas. Und in der Ecke finden sie die Tür mit der Gegensprechanlage. Sie schellen. Hören einen Summton und eine ziemlich tiefe Frauenstimme, die wissen will, wer sie sind.
»Polizei«, antworten sie wie aus einem Mund. Noch ein Summen und die Tür ist offen.
Im Haus schauen sie sich zuerst einmal um. Sie stehen wirklich im Treppenhaus eines Wohnhauses. Mitten im geschäftigsten Teil der Stadt liegt hier doch wirklich ein ganz anonymes Haus mit Luxuswohnungen. Sie nehmen nicht den Fahrstuhl.
Sondern gehen die Treppen hoch, öffnen im richtigen Stock die Durchgangstür und staunen nur noch.
»Verdammt, was ich alles über die Wohnmöglichkeiten in Trondheim noch nicht gewusst habe«, sagt Svein. Kollegin Britt stößt einen Pfiff aus.
»Was für eine Architektur«, sagt sie. »Mal was ganz anderes.«
Zu den Wohnungen führen Laufstege, etagenweise geht es aufwärts, stählerne Laufplanken zu den einzelnen Wohnungen. Sie schlingen sich wie Spiralen zum obersten Deck hoch, zur Dachterrasse. Alles ist aus Glas, Beton und Stahl. Der pure Wahnsinn.
»Und hier wohnt wirklich eine alte Dame?«, fragt Bitt. Rasch schaut sie nach ganz oben und kann keine einzige Geranie hinter Häkelgardinen entdecken. »Ich glaube auch nicht, dass diese Brücke trägt«, flüstert sie, als Kollege Stein die ersten vorsichtigen Schritte über eine durchlöcherte Zugbrücke unternimmt. Die Brücke führt zur Nachbarwohnung der alten Dame. Er winkt Britt zu sich, zeigt auf eine Tür, die Tür, durch die der Anruferin zufolge rund um die Uhr Männer aus und ein gehen. Und Frauen. Dicke Vorhänge versperren den Einblick, diese dicken Textilien hängen hinter Fenstern und Türen. Genau wie bei den Nachbarn. Draußen steht ein Blumenkasten mit Stiefmütterchen und Margeriten, dazu in einem Topf ein großer grüner Busch.
»Warum zum Teufel hat die Brücke eigentlich Löcher! Ich werd noch seekrank, kriege Höhenangst! Britt klammert sich an einer Stahltür an, die als Geländer dient, und wagt nicht nach unten zu blicken. Das Deck ist nicht stabil, der Brücke, die sie hier überquert, ist alles zuzutrauen. Dass sie einfach abstürzt, zum Beispiel.«
»Scheißarchitekten«, schnaubt sie. »Den Leuten so was zuzumuten!«
Ihr Kollege steht jetzt neben ihr, er legt den Finger an die Lippen und untersucht die Tür. Das Namensschild verrät, dass hier eine gewisse »Inger Andresen, System Consult« haust. Svein hebt die Hand zum Klingelknopf, will darauf drücken.
»Es ist offen«, flüstert seine Kollegin. »Die Tür ist offen.« Ehe er etwas sagen kann, hat sie schon die Tür geöffnet. Und sieht einen Gang, einen Flur, eine Diele. Mitten in der Diele befindet sich ein Rücken, ein breiter, gebückter, mit einem Sakko bekleideter Rücken, der etwas vom Boden aufhebt.
»Endlich«, murmelt der Rücken. »Endlich kommt ihr. Wir müssen das wegschaf …« Der Rücken dreht sich um. Und alles, was er in Händen hatte, fällt wieder zu Boden. Dröhnend. Eine Tür hinten im Gang wird geöffnet, eine Gestalt taucht auf, ein weiterer Mann im Sakko. Er reagiert schneller als die beiden Eindringlinge, Britt sieht nur einen Mann, der plötzlich auftaucht und sofort wieder verschwindet. Durch eine andere Tür.
»Polizei«, sagt Svein und hebt seinen Dienstausweis. »Bei uns sind Klagen eingelaufen … und da wollten wir nur …«
Britt nimmt nur Bruchstücke wahr, als ihr Kollege seinen Spruch aufsagt. Sie will jetzt in die Wohnung. Und gelangt in die Wohnung. Der Mann, der vor ihr aufragt, scheint aus einem
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