Die Corleones
tanzen gehen. Was meinst du, soll ich deine Großmutter bitten, dich gehen zu lassen?«
»Du weißt genau, dass sie das nie erlauben wird.«
»Und wenn doch?«
»Das möchte ich erleben! Und außerdem habe ich dafür nicht die richtigen Kleider. Du würdest dich für mich schämen.«
»Bestimmt nicht«, sagte Sonny. »Aber darüber habe ich mir trotzdem schon ein paar Gedanken gemacht.«
»Worüber?«, wollte Sandra wissen. Sie bogen von der Arthur Avenue ab auf die Straße, in der sie wohnte.
»Dass du ein paar schicke Kleider brauchst.«
Sandra sah ihn verwirrt an.
»Hey«, sagte Sonny, »schau dir das an.« Er eilte an Sandra vorbei auf die Straße, wo ein hellblauer Cord Cabrio mit langer Motorhaube und Weißwandreifen bereits einige Schaulustige herbeigelockt hatte.
»Schicker Wagen«, sagte Sandra und trat neben ihn.
»Er hat Vorderradantrieb.«
»M-hmm«, erwiderte Sandra, die ganz offensichtlich keine Ahnung hatte, wovon Sonny da redete.
»Meinst du, du hättest gerne einen solchen Wagen?«, fragte Sonny.
»Du bist komisch heute«, sagte Sandra und zog ihn zurück auf den Gehsteig.
»Ich hab nicht die Absicht, komisch zu sein.« Inzwischen waren sie fast bei ihr zu Hause angekommen, wo sein Packard auf der Straße parkte. »Ich möchte nur heute Abend mit dir essen gehen, und zwar in dem Club, in dem Johnny und Nino auftreten, und hinterher möchte ich mit dir tanzen gehen.«
Mrs. Columbo beugte sich über ihnen aus dem Fenster und rief: »Eh! Was braucht ihr so lange?«
Sonny winkte Mrs. Columbo, reichte Sandra die Würste, beugte sich dann durch das offene Beifahrerfenster seines Wagens und holte eine großes Päckchen heraus, das in braunes Papier eingeschlagen und mit einer weißen Schnur zugebunden war.
»Was ist das?«, fragte Sandra.
»Ein schickes Kleid, Schuhe und ein paar andere Sachen für dich.« Er reichte ihr das Päckchen.
Sandra blickte zu ihrer Großmutter hinauf, die, das Kinn auf die Hände gestützt, zu ihr und Sonny hinunterstarrte.
»Mach es auf«, sagte Sonny.
Sandra setzte sich auf die Eingangstreppe, nahm das Päckchen auf den Schoß und zog das braune Papier nur so weit beiseite, bis darunter der schillernde Seidenstoff eines Abendkleids zum Vorschein kam. Sofort schloss sie es wieder und schaute zu ihrer Großmutter hoch.
»Sandra!«, rief Mrs. Columbo sichtlich besorgt. »Komm sofort hoch!«
»Wir kommen«, rief Sandra zurück. Zu Sonny flüsterte sie: »Bist du verrückt geworden, Santino?« Sie stand auf und gab ihm das Päckchen zurück. »Das sieht furchtbar teuer aus. Großmutter wird in Ohnmacht fallen.«
»Das glaub ich nicht.«
»Du glaubst was nicht?«
»Los, komm.« Sonny legte ihr die Hand auf den Rücken und führte sie die Treppe hinauf.
An der Tür sagte Sandra noch einmal besorgt: »Es sieht furchtbar teuer aus, Santino.«
»Ich verdiene inzwischen ganz gut.«
»In der Werkstatt?« Sie öffnete die Tür und wartete Sonnys Antwort ab, bevor sie in den halbdunklen Hausflur trat.
»Ich arbeite nicht mehr in der Werkstatt, sondern für meinen Vater. Als Verkäufer. Ich besuche die ganzen Läden und überzeuge sie, dass Genco Pura das einzige Olivenöl ist, das sie führen müssen.«
»Und wie machst du das?« Sandra trat ein und hielt Sonny die Tür auf.
»Ich mache ihnen ein Angebot, das kein vernünftiger Mensch ablehnen kann«, erwiderte Sonny, folgte ihr und schloss die Tür hinter sich.
»Und da verdienst du genug Geld«, flüsterte Sandra in dem stillen Hausflur, »dass du dir ein solches Kleid leisten kannst?«
»Los, komm«, sagte Sonny und ging Richtung Treppe. »Ich werde dir zeigen, was für ein großartiger Verkäufer ich bin. Ich werde deine Großmutter überzeugen, dass sie mir erlaubt, heute Abend mit dir tanzen zu gehen.«
Erst wirkte Sandra fassungslos, dann lachte sie. »Okay. Aber dafür musst du schon der beste Verkäufer auf der ganzen Welt sein.«
Am Fuß der Treppe blieb Sonny stehen. »Verrat mir eins. Liebst du mich, Sandra?«
Sandra erwiderte ohne zu zögern: »Ja, ich liebe dich.«
Sonny zog sie an sich und küsste sie.
Vom oberen Ende der Treppe hallte Mrs. Columbos Stimme die Treppe herunter. »Wie lange dauert es, ein paar Stockwerke hochzusteigen? Eh! Sandra!«
»Wir kommen, Großmutter«, rief Sandra zurück und nahm Sonnys Hand.
Giuseppe Mariposa schaute nachdenklich aus dem bogenförmigen Eckfenster eines Apartments im obersten Stockwerk eines Gebäudes an der 25. Straße in Manhattan. Im
Weitere Kostenlose Bücher