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Die Corleones

Die Corleones

Titel: Die Corleones Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mario Edward; Puzo Falco
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Licht des Spätnachmittags sah er in der Scheibe sein Spiegelbild und dahinter, an der Kreuzung des Broadway und der Fifth Avenue, das hoch aufragende Dreieck des Flatiron Building. Der weiße Kalkstein der obersten Stockwerke des Flatiron hob sich deutlich von dem dunklen Himmel ab – sie sahen aus wie ein Pfeil, der über dem Verkehr schwebte, über den Straßenbahnen und Doppeldeckern, die aus der Fifth Avenue auf den Madison Square rollten. Das Wetter war heute sehr wechselhaft gewesen, und immer wieder waren heftige Gewitter mit Blitz und Donner über die Stadt gezogen und hatten hellen Sonnenschein und regennasse Straßen zurückgelassen. Jetzt war es wieder bewölkt, die Luft war wie aufgeladen, und das nächste Gewitter war bereits im Anzug. Das weiträumige Fünf-Zimmer-Apartment hinter Giuseppe war leer, ein Labyrinth von Räumen mit hellen Hartholzböden und frisch gestrichenen weißen Wänden, in denen die Rosatos und die Barzinis und Frankie Pentangeli und einige ihrer Jungs herumirrten; sie schauten sich alles an, und ihre Stimmen und Schritte hallten durch die Räume.
    Als Giuseppe Frankies Spiegelbild in der Scheibe sah, fuhr er herum. »Frankie? Wo zum Teufel sind die verdammten Möbel? Wie sollen wir uns hier längere Zeit aufhalten? Was hast du dir nur gedacht?«
    Frankie kniff die Augen zusammen und betrachtete Giuseppe, als könnte er ihn nur undeutlich erkennen. »Was?«, fragte er. Emilio Barzini tauchte in der offenen Tür auf, den jungen Tits neben sich. Tits, der noch keine einundzwanzig war, sah zwar gut aus, war aber auch ein wenig pummelig, sein Gesicht breit und rund, seine Brust schwabbelig, was ihm seinen Spitznamen eingebracht hatte. Er trug die gleichen dreiteiligen Anzüge wie Emilio, für den er arbeitete, seit er zwölf war, aber an Emilio wirkten sie frisch und elegant und an Tits ausgebeult und zerknittert. So unbeholfen der Junge auch aussehen mochte, war er doch ernsthaftund klug, und Emilio hielt große Stücke auf ihn. »Mensch, Joe«, sagte Frankie, als Mariposa ihn schweigend anstarrte, »du hast gesagt: ›Besorg uns eine Wohnung, und zwar im obersten Stockwerk.‹ Und das hab ich getan.«
    »Was hast du denn gedacht, Frankie, aus welchem Grund ich eine solche Wohnung mieten will?«
    »Woher soll ich das wissen, Joe? Du hast nichts davon gesagt, dass wir länger hier bleiben würden. Willst du mir erzählen, dass uns ein Krieg bevorsteht?«
    »Hab ich irgendetwas von einem Krieg gesagt?«
    »Eh, Joe.« Frankie hakte seine Daumen in den Gürtel und sah Mariposa trotzig an. »Behandel mich nicht wie einen
stronz’

    Bevor Giuseppe etwas erwidern konnte, kam Emilio zu ihnen herüber. »Frankie«, sagte er, »spiel jetzt nicht den Beleidigten.« Er trat zwischen Frankie und Giuseppe, die einander wütend anfunkelten. »Manchmal ist es besser, wenn nicht so viele Leute wissen, was läuft. Das ist alles. Hab ich recht, Joe?«
    Als Mariposa nickte, sagte Frankie: »In Ordnung.« Zu Emilio sagte er: »Hey, ich muss nicht alles wissen.« An Giuseppe gewandt: »Möchtest du, dass ich die Wohnung mit allem ausstatte, was wir brauchen würden, wenn es Krieg gäbe – Essen, Möbel, ein paar Matratzen, das alles? Du musst mir das nur sagen, dann kümmern sich meine Jungs darum.« Nach kurzem Zögern fügte er hinzu: »Aber du musst mir schon sagen, was ich machen soll. Ich kann nicht Gedanken lesen.«
    Giuseppe blickte von Tits zu Emilio und dann wieder zu Frankie. In den Zimmern nebenan war es still geworden, und er vermutete, dass die Rosatos und die anderen alle zuhörten. Als er sich zu Frankie umwandte, sagte er: »Deine Jungs sollen alles so einrichten, als würde es Krieg geben.«
    »Klar«, sagte Frankie mit schriller Stimme. »Ich kümmer mich sofort darum.«
    »Gut«, erwiderte Giuseppe. »Und zwar noch heute. Zumindest die Matratzen und das Essen müssen bis heute Abend da sein.« Er drehte sich wieder zu dem Eckfenster um. Der Himmel wardunkler geworden, und die Scheibe hatte sich in einen Spiegel verwandelt. Er beobachtete, wie Frankie hinter ihm das Zimmer verließ und dabei Emilio flüchtig zunickte, während Tits den Kopf abwandte, als würde er sich fürchten, Frankie in die Augen zu blicken. In den anderen Zimmern ertönten wieder Stimmen, und dann gingen Emilio und Tits in den Flur hinaus. Er blieb allein zurück, und es fing an zu regnen. Der weiße Pfeil des Flatiron Building schwebte noch immer am grauen Himmel.
     
    Mrs. Columbo nippte an ihrer Tasse mit

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