Die Corleones
bedingt von Bedeutung.«
»Verzeih mir, Pa«, sagte Sonny, »aber wenn wir alle Familien erledigen würden, würde uns alles gehören.«
»Du sollst nachdenken«, sagte Vito. »Selbst wenn wir einen solchen Krieg gewinnen könnten, was wäre dann? Die Zeitungen würden uns als Ungeheuer hinstellen. Die Verwandten der Männer, die wir getötet hätten, wären unsere erbitterten Feinde.« Vito legte Sonny die Hände auf die Schultern und sah ihn an. »Santino, Sizilianer vergessen nie, und sie verzeihen auch nie. Das musst du immer im Gedächtnis behalten. Ich möchte diesen Krieg gewinnen, damit hinterher lange Frieden herrscht, und ich möchte im Bett sterben, im Kreis meiner Familie. Ich möchte, dass Michael und Fredo und Tom angesehene Geschäftsleute werden, damit sie ihren Reichtum genießen können – und im Unterschied zu mir und jetzt auch dir werden sie sich nicht immer darum sorgen müssen, wer sie als Nächstes umbringen möchte. Hast du das verstanden? Hast du verstanden, was ich mir für meine Familie wünsche?«
»Ja, Pa, das habe ich verstanden.«
»Gut.« Vito strich seinem Sohn ein paar Strähnen aus der Stirn. Als hinter ihnen die Tür aufging, berührte Vito Sonny an der Schulter und deutete zum Lichtschalter hinüber.
Sonny drehte das Licht an, und Clemenza betrat das Zimmer.
Zu Sonny sagte Vito: »In den nächsten Tagen wird es viel zu tun geben. Wir müssen uns vorsehen, dass niemand uns verrät.« Er zögerte, als könnte er sich nicht entscheiden, was er als Nächstes tun oder sagen sollte. »Ich lasse euch jetzt allein«, fuhr erschließlich fort und wandte den Blick ab – fast, als hätte er Angst, Sonny in die Augen zu schauen. »
Verrat «
, flüsterte er wie zu sich selbst und hob dann warnend den Finger. »Hör auf Clemenza«, befahl er seinem Sohn und ging hinaus.
»Was ist denn los?«, wollte Sonny wissen.
»
Aspett’ «
, sagte Clemenza und schloss leise die Tür hinter Vito, als wollte er jedes Geräusch vermeiden. »Setz dich.« Er deutete auf die beiden Stühle, wo Sonny gerade noch mit seinem Vater gesessen hatte.
»Klar.« Sonny nahm Platz, schlug die Beine übereinander und machte es sich bequem. »Worum geht’s denn?«
Clemenza trug wie stets einen weiten, zerknitterten Anzug mit einer gelben Krawatte, die so sauber und frisch gebügelt war, dass sie neu sein musste. Er ließ sich gegenüber von Sonny auf den Stuhl fallen, sichtlich froh, seine Füße etwas schonen zu können, und nahm aus der einen Jacketttasche eine schwarze Pistole und aus der anderen einen silberglänzenden Schalldämpfer. »Du weißt, was das ist?«
Sonny zog eine Augenbraue hoch. Natürlich wusste er, was ein Schalldämpfer war. »Was soll das alles?«
»Eigentlich mag ich keine Schalldämpfer«, sagte Clemenza, und während er redete, schraubte er die schwere Metallröhre auf den Lauf der Pistole. »Mir sind große, laute Knarren lieber. Jagt den Leuten Angst ein. Kommt keiner so schnell auf dumme Gedanken. Ein lauter Knall, und alles rennt auseinander. Und du kannst dich verdrücken.«
Sonny lachte und faltete die Hände im Nacken. Er lehnte sich zurück und wartete, bis Clemenza ihm erklärte, was er von ihm wollte.
Clemenza fummelte an dem Schalldämpfer herum – irgendetwas bereitete ihm dabei Schwierigkeiten. »Es geht um Bobby Corcoran«, sagte er schließlich.
»Ah.« Sonny blickte an ihm vorbei zum Fenster hinaus, als würde er nach etwas suchen, das er, wie ihm gerade eingefallen war, verloren hatte. »Das begreife ich einfach nicht«, sagte er undwandte sich wieder Clemenza zu – und sein Tonfall ließ es wie eine Frage klingen.
»Was gibt’s da nicht zu begreifen?«, wollte Clemenza wissen.
»Ich weiß einfach nicht, was zum Teufel ich denken soll, Onkel Pete.« Sonny war es sofort peinlich, dass er Clemenza so angeredet hatte wie in seiner Kindheit, und er versuchte den Augenblick zu überspielen, indem er rasch weitersprach. »Ich weiß, dass Bobby auf Pa geschossen hat. Ich hab das genauso gesehen wie alle anderen, aber …«
»Aber du kannst es nicht glauben«, sagte Clemenza, als wüsste er, was Sonny dachte.
»Yeah«, sagte Sonny. »Es ist …« Er wandte wieder den Blick ab – er wusste nicht, was er sagen sollte.
»Hör zu, Sonny.« Clemenza machte sich wieder an der Pistole zu schaffen, drehte den Schalldämpfer in beide Richtungen, um sich zu vergewissern, dass alles passte. »Ich weiß, dass du mit Bobby aufgewachsen bist, dass du ihn schon dein ganzes
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