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Die Corleones

Die Corleones

Titel: Die Corleones Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mario Edward; Puzo Falco
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einlief.

6.
    Tomasino Cinquemani kratzte sich mit einer Hand die Rippen und hielt mit der anderen ein Whiskyglas umklammert. Es war spät, drei Uhr morgens vorbei, und er saß in einer Nische Giuseppe Mariposa, Emilio Barzini und Tony Rosato gegenüber. Emilios und Tonys jüngere Brüder, Ettore und Carmine, die noch in ihren Zwanzigern waren, hatten sich neben Tomasino in die Nische gequetscht. Frankie Pentangeli, der Mitte vierzig war, saß rittlings auf einem Stuhl am Tischende, die Arme auf der Lehne verschränkt. Sie befanden sich im Chez Hollywood, einem von Phillip Tattaglias Clubs im Zentrum von Manhattan. Das Lokal war riesig, und überall auf der weitläufigen Tanzfläche standen Töpfe mit Palmen und Farnen. Ihre Nische war eine von mehreren, die sich im rechten Winkel zur Bühne an einer Wand entlangzogen. Auf der Bühne unterhielten sich ein paar Musiker mit einer Sängerin, während sie in aller Ruhe ihre Instrumente zusammenpackten. Die Sängerin trug ein rotes, mit Pailletten besetztes Kleid, und der Ausschnitt reichte ihr bis zum Bauchnabel. Sie hatte onduliertes, platinblondes Haar und dunkle, rauchgraue Augen. Giuseppe erzählte mal wieder Geschichten, und hin und wieder verstummte er und starrte eine Weile das Mädchen an, das so aussah, als wäre sie noch keine zwanzig.
    Mariposa war wie immer adrett gekleidet; er trug ein rosenfarbiges Anzugshemd mit einem weißen Kragen und einer goldenen Anstecknadel anstatt einer Krawatte. Das schneeweiße Haar, das zu dem schwarzen Jackett einen markanten Kontrast bildete, hatte er in der Mitte gescheitelt. Er war schlank und Anfang sechzig, sah aber jünger aus. Tomasino war vierundfünfzig, ein behaarter, schwerfälliger Koloss, der wie ein herausgeputzter Affe wirkte. Neben ihm sahen Ettore und Carmine wie hagere Schulbuben aus.
    Frankie Pentangeli beugte sich über den Tisch. Er wurde allmählich kahl und hatte ein rundliches Gesicht mit buschigenAugenbrauen und einem Oberlippenbart. Seine Stimme klang, als käme sie aus einer Kiesgrube. »Hey, Tomasino«, sagte er, öffnete den Mund und deutete auf einen seiner Backenzähne. »Ich glaube, ich hab da ein Loch.«
    Alle am Tisch lachten.
    »Soll ich das in Ordnung bringen?«, erwiderte Tomasino. »Du musst es nur sagen.«
    »Nein, danke. Ich hab schon einen Zahnarzt.«
    Giuseppe griff nach seinem Drink und deutete auf die Sängerin auf der Bühne. »Meint ihr, ich sollte die heute Nacht mit nach Hause nehmen?« Seine Frage galt dem ganzen Tisch.
    Frankie drehte sich um und sah sich das Mädchen genauer an.
    »Kann sein, dass ich eine Rückenmassage brauche«, sagte Giuseppe und massierte sich die Schulter. »Ich hab mich da irgendwie verspannt.« Wieder lachten alle.
    »Ihrem Freund wird das nicht gefallen«, gab Emilio zu bedenken. Mit der einen Hand spielte er mit seinem Bourbonglas, das er nun schon seit einer Stunde anstarrte, mit der anderen zupfte er an dem Eckkragen seines Hemdes und zog die schwarze Fliege gerade. Emilio war ein gutaussehender Mann mit dunklem Haar, das sich in einer Schmalzlocke über seine Stirn ringelte.
    »Welcher ist denn ihr Freund?«, wollte Giuseppe wissen.
    »Der kleine Kerl da«, erwiderte Carmine Rosato. »Der mit der Klarinette.«
    »Aha …« Mariposa musterte den Klarinettisten, wandte sich dann unvermittelt zu Emilio um und fragte: »Was tut sich in dieser Sache mit Corleone?«
    »Ich hab ein paar von meinen Jungs zu Clemenza geschickt«, sagte Emilio, »und …«
    »Und trotzdem ist wieder eine unserer Lieferungen überfallen worden.« Mariposa packte sein Whiskyglas, als wollte er es nach jemandem werfen.
    »Sie schwören, dass sie nichts damit zu tun haben.« Emilio nahm einen Schluck von seinem Bourbon und sah Mariposa über den Rand des Glases hinweg an.
    »Da steckt entweder Clemenza dahinter oder Vito selbst. Einer von beiden auf jeden Fall«, sagte Giuseppe. »Wer sonst?«
    »Hey, Joe«, sagte Frankie. »Hast du nicht mitgekriegt, dass unser
paisan’
als Bürgermeister kandidiert? Das Verbrechen greift immer mehr um sich.« Tomasino quittierte die Bemerkung mit einem Lachen.
    Mariposa schaute von Tomasino zu Frankie. Er lächelte erst und lachte dann. »Fiorello LaGuardia. Das fette neapolitanische Schwein kann meinen sizilianischen Arsch lecken.« Er schob seinen Drink beiseite. »Wenn ich mit LaConti fertig bin, kümmere ich mich um dieses Stück Scheiße Corleone.« Er hielt inne und blickte in die Runde. »Corleone und Clemenza werde ich möglichst bald

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