Die Corleones
Organisation hatte Corleone nicht, kein Vergleich mit Mariposa oder gar den Tattaglias und den anderen Familien. Luca hatte den Eindruck, dass die Corleones ein Zwischending zwischen einer Gang und einer Organisation waren. Er wusste, dass Clemenza über mehr Männer verfügte als nur Mancini und Gatto, aber er kannte sie nicht. Vielleicht arbeitete Al Hats auch für die Corleones, aber sicher war er sich da nicht. Das musste er alles herausfinden, bevor er den Jungen abservierte. Ihm war es scheißegal, ob die Corleones eine Armee hinter sich hatten, aber er wusste gerne, womit er es zu tun bekam. Seinen Jungs würde das wahrscheinlich nicht gefallen, überlegte Luca, und als hätte der Gedanke sie herbeigerufen, fuhr in dem Moment JoJos gelber DeSoto neben ihm rechts ran, und Hooks blickte zum Fenster hinaus.
»Hey, Boss«, sagte er und stieg aus dem Wagen. Er trug einen schwarzen Porkpie mit einer grünen Feder im Hutband.
»Was habt ihr denn hier verloren?« Luca schaute zu, wie JoJo und der Rest der Jungs ausstiegen und die Türen zuknallten. Sie bildeten einen Kreis um ihn.
»Es gibt Ärger«, sagte Hooks. »Tommy Cinquemani will sich mit dir treffen. Er ist vorhin mit ein paar von seinen Leuten im Lagerhaus aufgekreuzt. Wirkte ziemlich angepisst.«
»Er will sich mit mir treffen?« Lucas Kopf pochte noch immer, aber dass Cinquemani von der Bronx hierhergekommen war, um ein Treffen zu arrangieren, entlockte ihm ein Lächeln. »Wen hatte er dabei?«, fragte er und setzte den Weg zu seinem Apartment fort.
JoJo warf einen Blick zum Wagen hinüber.
»Lass ihn stehen«, sagte Luca. »Du kannst ihn später holen.«
»Wir haben unsere Knarren unter den Sitzen versteckt«, meinte JoJo.
»Und die klaut euch jemand, in diesem Viertel?«
»Okay«, willigte JoJo ein und schloss sich zusammen mit den anderen Luca an.
»Also, wer hat Cinquemani begleitet?«, wollte Luca noch einmal wissen. Wie sie so daherschlenderten, nahmen sie den ganzen Gehsteig ein. Die Jungs in ihren Anzügen und Krawatten hielten sich links und rechts von Luca.
»Nicky Crea, Jimmy Grizzeo und Vic Piazza«, sagte Paulie.
»Grizz!« Das war der Einzige von den dreien, den Luca kannte, und er mochte ihn nicht. »Was wollte Tommy?«
»Er möchte sich mit dir treffen«, sagte Hooks.
»Hat er gesagt, warum?«
Vinnie Vaccarelli schob die Hand in die Hose, um sich zu kratzen. Vinnie war ein drahtiger Junge Mitte zwanzig, der Jüngste der Gang. Seine Kleider schienen immer an ihm herunterzuhängen. »Er möchte sich mit dir über
Verschiedenes
unterhalten.«
»Der Zahnarzt will mich also sehen«, sagte Luca.
»Der Zahnarzt?«, fragte Vinnie.
»Hör endlich auf, dich an den Eiern zu kratzen, okay?« Vinnie riss die Hand aus der Hose. »So nennen sie Cinquemani. Der Zahnarzt. Vielleicht will er sich an meinen Zähnen zu schaffen machen.« Als die Jungs nichts erwiderten, erklärte Luca: »Er reißt den Leuten gerne mit Beißzangen die Zähne raus.«
»Ach du Scheiße«, sagte Hooks, der offenbar nichts mit einem Typen zu tun haben wollte, der seine Feinde misshandelte.
Luca musste lächeln. Seine Jungs wirkten alle ein wenig nervös. »Ihr seid ein Haufen
finocch’s «
, sagte er und ging weiter, als wäre er gleichermaßen belustigt und enttäuscht.
»Was willst du jetzt machen?«, fragte Hooks.
Sie befanden sich auf der Third Avenue, neben der Hochbahn, nur wenige Türen von Lucas Apartment entfernt.
Luca stieg die drei Stufen zum Eingang seines Hauses hoch und schloss die Tür auf, während seine Jungs ihm dabei zuschauten. Er öffnete die Tür und wandte sich zu Hooks um. »Soll Cinquemani doch warten. Sagt ihm gar nichts. Der kommt bestimmt wieder, und vielleicht ist er dann freundlicher.«
»Himmel Herrgott.« Hooks trat in den Hausflur und blieb vor Luca stehen. »Mit diesen Typen können wir nicht Katz und Maus spielen, Boss. Mariposa hat einen seiner Capos zu uns geschickt. Wenn wir das ignorieren, finden wir uns demnächst in einer länglichen Kiste wieder.«
Luca ging einen Schritt in den Flur hinein, und die anderen folgten ihm. Die Tür fiel ins Schloss, und um sie herum wurde es dunkel. Luca legte einen Lichtschalter um. »Riecht es hier nicht nach Zigaretten?«, fragte er Hooks und schaute zum nächsten Treppenabsatz hinauf.
Hooks zuckte mit den Achseln. »Für mich riecht es überall nach Zigaretten. Warum?« Er klopfte eine Winston aus seiner Schachtel und zündete sie an.
»Nichts.« Luca ging die Treppe hinauf,
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