Die Corleones
»Ich gehe jetzt, Mrs. Columbo. Vielen Dank, dass ich Sandra besuchen durfte.
Grazie
.« Als Mrs. Columbo ihm zunickte, sagte er zu Sandra: »Du musst sie bearbeiten. Sag ihr, dass wir zusammen mit einem anderen Paar ausgehen und ich dich um zehn Uhr zurückbringe.«
»Sonny, sie bekommt schon fast einen Anfall, weil ich hier unten mit dir rede. Sie wird bestimmt nicht erlauben, dass ich zu dir in den Wagen steige und mit dir essen gehe.«
»Frag einfach immer wieder«, entgegnete Sonny.
Sandra deutete hinüber zu dem Eckladen, dessen Fenster auf die Straße hinausging. Dort gab es Süßwaren und Limonade, und am Fenster befand sich eine Nische, wo man sich hinsetzen konnte. »Vielleicht bringe ich sie dazu, dass sie mich mit dir dorthin gehen lässt. Da kann sie uns vom Fenster aus beobachten.«
»Dorthin?« Sonny schaute zu dem Eckladen hinüber.
»Ich werde sehen, was ich tun kann«, erwiderte Sandra undrief auf Italienisch und in höflichem Tonfall zu ihrer Großmutter hinauf: »Ich komme gleich hoch.« Zum Abschied schenkte sie Sonny ein Lächeln und verschwand im Hausflur.
Sonny winkte Mrs. Columbo zu und schlenderte dann ein Stück die Straße hinunter. Schließlich setzte er sich auf die Treppe vor einem Hauseingang und wartete auf Cork. Über ihm stützte sich ein kleines Mädchen auf eine Fensterbank und sang »Body and Soul«, als wäre sie zwanzig Jahre älter und stünde auf der Bühne des El Morocco. Auf der anderen Straßenseite hängte eine attraktive Frau, die weit älter war als Sonny, Wäsche auf eine Leine, die am oberen Ende der Feuertreppe festgemacht war. Sonny versuchte, ihren Blick auf sich zu ziehen – er war sich sicher, dass sie ihn bemerkt hatte –, aber sie schaute nicht einmal auf die Straße hinunter und verschwand dann wieder durch ihr Fenster. Sonny glättete sein Jackett und stützte die Ellenbogen auf die Knie. Er musste daran zurückdenken, wie sein Vater ihn gestern Abend über Tom ausgefragt hatte. Vito hatte wissen wollen, ob Sonny sich bewusst war, dass Tom Frauen nachstellte, Clubs in Harlem besuchte und sogar irgendwelche Flittchen aufgabelte. Sonny hatte gelogen und behauptet, er wisse von nichts, und Vito hatte ihn teils sorgenvoll, teils zornig angeschaut, ein Blick, der ihm jetzt wieder vor Augen stand, während er darauf wartete, dass Cork ihn abholte. Sonny hatte früher schon erlebt, dass sein Vater wütend wurde und sich Sorgen machte, aber dieses Mal hatte seine Miene noch etwas anderes ausgedrückt, und zwar so etwas wie Angst – und das beunruhigte Sonny am meisten. Was würde passieren, wenn sein Vater ihm auf die Schliche kam? Davor hatte wiederum Sonny Angst – und dann schob er das Gefühl wütend beiseite. Sein Vater war ein Gangster! Jeder wusste das. Und er sollte sich zusammen mit den restlichen
giamopes
für ein paar läppische Dollar den Arsch aufreißen? Und wie lange? Jahre? »
Che cazzo!
«, fluchte er laut und blickte dann hoch – Cork hatte am Straßenrand gehalten und grinste ihn an.
»Selber
cazzo
«, sagte er, beugte sich über den Sitz und stieß die Beifahrertür auf.
Sonny stieg lachend ein – wenn Cork versuchte, italienisch zu sprechen, klang das meistens ziemlich komisch.
»Was hörst du, was sagst du?« Cork klappte das Handschuhfach auf, und zum Vorschein kamen zwei auf Hochglanz polierte kurzläufige .38er. Er nahm eine davon heraus, ließ sie in seiner Jackentasche verschwinden und fuhr los.
Sonny nahm die andere und betrachtete sie eingehend. »Die hat Nico von Vinnie?«
»Wie abgesprochen. Traust du Nico nicht?«
»Doch, doch. Wollte nur nachfragen.«
»Heilige Maria und Josef!«, brüllte Cork und warf sich gegen die Rücklehne seines Sitzes, als hätte ihn gerade der Blitz getroffen. »Bin ich froh, endlich aus der Bäckerei rauszukommen! Eileen geht mir ja so was von auf den Senkel.«
»Yeah? Was hat sie denn?«
»Woher soll ich das wissen? Irgendwas findet sie immer. Ich nehm mir ein Törtchen, ohne zu fragen – das mach ich schon mein Leben lang –, und sie zetert los, als würde sie deswegen im Armenhaus landen. Mutter Gottes, Sonny! Eine dieser teuren Weinflaschen steck ich selber ein. Ich hab’s verdient.«
»Einen Teufel wirst du tun! Nicht bei hundert Dollar die Flasche.«
Cork grinste. »So lässt’s sich leben, was? Und der Wagen fährt ohne Begleitung durch den Tunnel, meinst du? Bist du dir da sicher?«
»So hab ich’s gehört. Ein zweitüriger Essex-Terraplane, neu und schwarz, mit
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