Die Corleones
Weißwandreifen.«
»So lässt’s sich leben, was?«, sagte Cork noch einmal, zog eine Wollmütze aus der Jackentasche und warf sie neben sich auf den Sitz.
»Ich möcht dich mal was fragen, Cork. Glaubst du, ich sollte zu meinem Vater gehen und ihm sagen, was wir da treiben?«
Cork hatte eine Schachtel Zigaretten aus seiner Hemdtasche gezogen, und jetzt ließ er sie in gespieltem Schrecken fast fallen. »Hast du den Verstand verloren, Sonny? Der reißt dir den Arsch auf!«
»Ich mein es ernst. Entweder ich lass das alles bleiben oder ich rede mit ihm. Schließlich wollen wir irgendwann größere Dinger durchziehen als nur hin und wieder einen Überfall. Und die dicke Kohle machen.«
»Aha«, sagte Cork. »Du meinst es wirklich ernst … Ich sag dir, was ich denke.« Sein Tonfall wurde plötzlich ein völlig anderer. »Ich glaube, dass dein Pa dich so weit wie möglich aus seinen Geschäften heraushalten will, und ich glaube, dass du unser aller Leben aufs Spiel setzt, wenn du ihm davon erzählst.«
Sonny sah Cork an, als hätte der den Verstand verloren. »Glaubst du das wirklich? Für wen hältst du denn meinen Pa?«
»Für jemand, mit dem nicht gut Kirschen essen ist.«
Sonny kratzte sich am Kopf und schaute zum Fenster hinaus auf den Hudson. Ein Schlepper tuckerte langsam vorbei. Schließlich wandte er sich wieder zu Cork um. »Glaubst du wirklich, dass mein Vater meine Freunde umbringen würde? Im Ernst? Das glaubst du?«
»Du hast mich gefragt, Sonny.«
»Na schön. Aber du hast echt keine Ahnung.« Sonny beugte sich zu Cork hinüber, als wollte er ihm eine reinhauen, ließ sich dann jedoch auf seinen Sitz zurückfallen. »Ich bin müde«, sagte er und schaute auf seine Armbanduhr. »Wir sind ziemlich früh dran – aber ich will auf Nummer sicher gehen. Müssen wir eben etwas warten.« Er schaute hinaus und überlegte, dass sie bis zum Tunnel noch ein ganzes Stück fahren mussten. »Such dir einen Parkplatz, von dem aus wir die Ausfahrt im Auge behalten können. Die anderen stoßen in einer halben Stunde zu uns.«
»In Ordnung. Hör zu, Sonny …«
»Vergiss es. Aber ich sag dir, du hast keine Ahnung, wie mein alter Herr tickt.«
Sonny streckte die Beine aus, legte den Kopf in den Nacken und schloss die Augen – und zehn Minuten später, als der Wagen abbremste und stehen blieb, setzte er sich wieder auf und schaute sich um. Das Erste, was er sah, war ein schwarzer Essex mitWeißwandreifen, der gerade aus dem Tunnel kam. »Verdammte Scheiße«, rief er, »da ist er!«
»Die Jungs sind noch nicht da.« Cork drehte sich auf dem Sitz herum und suchte die Gegend nach den anderen ab.
»So bald kommen die auch nicht.« Sonny kratzte sich am Kopf und strich sich mit den Fingern durchs Haar. »Ach, scheiß drauf, dann ziehen wir das eben alleine durch.«
»Wir? Aber dich soll doch niemand sehen!«
Sonny holte eine Wollmütze aus der Tasche und zog sie sich bis über die Stirn.
»O ja, wirklich klasse«, sagte Cork in sarkastischem Tonfall. »So erkennt dich natürlich kein Mensch.«
Sonny zerrte an der Mütze herum und versuchte, seine Haare darunterzustopfen. »Das Risiko gehen wir ein. Bist du dabei?«
Cork lenkte den Wagen auf die Straße und fuhr dem Essex nach.
»Folg ihnen!«, sagte Sonny.
»Gute Idee!« Cork lachte – was hätte er sonst tun sollen?
Sonny versetzte ihm einen Schubs. »Spiel hier nicht den Klugscheißer.«
Nachdem der Wagen den Tunnel hinter sich gelassen hatte, fuhr er auf der Canal Street durch die Innenstadt. Cork blieb mit ein oder zwei Wagen Abstand an ihm dran. Am Steuer des Essex saß ein untersetzter Mann mit grauen Haaren, der aussah wie ein Bankangestellter. Die Frau neben ihm sah aus wie seine Gattin. Sie hatte das Haar hochgesteckt und trug einen weißen Schal über einem schäbigen grauen Kleid.
»Bist du sicher, dass das der richtige Wagen ist?«, fragte Cork.
»Ein neuer schwarzer Essex-Terraplane, zweitürig mit Weißwandreifen …« Sonny fasste sich unter die Mütze und kratzte sich am Kopf. »Ist ja nicht so, als würde man an jeder Ecke einen neuen Essex sehen.«
»Himmel! Hast du einen Plan, du Schlauberger?«
Sonny holte die Pistole aus der Tasche und überprüfte die Trommel. Gedankenverloren strich er mit dem Finger über daseingravierte
Smith & Wesson
auf dem kurzen Lauf. »Warte, bis sie in eine Seitenstraße einbiegen, und schneid ihnen den Weg ab.«
»Und wenn da Leute rumlaufen?«
»Dann bemühen wir uns eben, nicht
Weitere Kostenlose Bücher