Die Creeds: Wo die Hoffnung lebt
jüngsten Lieferung von Ziegenmilchseife vor.
„Und behaupte jetzt nicht, du wüsstest nicht, wovon ich rede“, warnte Tricia und drohte mit dem Zeigefinger. In ihren Augen blitzte schelmische Zuneigung. „Drei verschiedene Personen haben gestern Abend auf der Ranch angerufen und sich nach dem Traumtypen erkundigt, mit dem du Kaffee getrunken hast.“
„Er heißt Bill Venable, und er bekämpft Waldbrände. Fliegt so ein Flugzeug, das Chemikalien auf Brandherde abwirft.“
„Wie in diesem alten Film mit Richard Dreyfuss?“, fragte Tricia. Es fiel ihr schwer, sich weit genug herabzubeugen, um ihre Tasche wie üblich in dem Fach unter dem Tresen abzulegen. Ihr Babybauch schien von einem Tag auf den anderen sichtlich zu wachsen. „Wie heißt er noch gleich?“ Sie stemmte die Hände in ihre Seiten, wo früher ihre Taille gewesen war, und streckte den Rücken durch. „Jetzt weiß ich’s. Always. Und Dreyfuss spielt einen Mann, der mit Glanz und Gloria abstürzt, oder?“
„Ich weiß nicht mehr“, schwindelte Carolyn und fuhr fort, Seifenstücke auf dem Tresen zu stapeln. In Wirklichkeit hatte sie als großer Filmfan längst die Ähnlichkeiten erkannt.
„Hast du ihn durch diese Website kennengelernt?“, bohrte Tricia weiter. „Durch Friendly Faces ?“
„Ja“, antwortete Carolyn, machte einen Staatsakt aus der Entsorgung des inzwischen leeren Kartons, in dem die Seife geliefert worden war, und ging in Richtung Lagerraum.
Als sie zurückkam, erwartete Tricia sie schon ganz hibbelig. „Und? Magst du ihn? Siehst du ihn wieder?“
Carolyn lachte. „Ja, ich mag ihn, und es würde mich nicht wundern, wenn er irgendwann mit mir ausgehen will.“
Tricias schöne blaue Augen weiteten sich. Es war schwer zu sagen, ob diese Aussicht sie freute oder erschreckte.
Wahrscheinlich beides.
„Gehst du mit ihm aus? Falls er dich tatsächlich einlädt, meine ich?“
„Ich bin noch unentschlossen“, erwiderte Carolyn und blickte zu der Batik mit der Weberin auf, als wollte sie etwas von deren Gelassenheit in sich aufnehmen. „Ich muss schon sagen, ich war angenehm überrascht, wie normal Bill ist.“
„Normal“, wiederholte Tricia, und ihr Tonfall ließ keinen Zweifel daran, dass sie das Thema so schnell nicht fallen lassen wollte. „Was hattest du denn erwartet, wie er sein würde, Carolyn?“
Statt zu antworten, neigte Carolyn den Kopf, betrachtete die Weberin und wünschte sich einmal mehr, sie könnte es sich leisten, das Kunstwerk zu kaufen und für immer zu behalten. Diese mit verschwommenen Linien, kaum mehr als angedeuteten Farbstrichen und -formen gezeichnete Frauengestalt hatte etwas so Tröstliches an sich.
„Carolyn?“, drängte Tricia, die jetzt neben ihr stand undihr mit dem Ellbogen einen Rippenstoß versetzte. Da so ziemlich alles an Tricias Körper sanft gerundet war, tat es nicht weh. „Sprich mit mir.“
Seufzend wandte Carolyn sich ihrer Freundin zu. „Ich habe wohl gedacht, es bestünde die minimale Chance, dass er ein zweiter Ted Bundy wäre“, gestand sie.
Daraufhin verdrehte Tricia die Augen, lachte und wurde wieder ernst, alles binnen weniger Sekunden. „Das wird Brody aber überhaupt nicht gefallen“, sagte sie. Für gewöhnlich neigte Tricia nicht zu Stimmungsschwankungen, doch zurzeit waren ihre Hormone gehörig in Aufruhr.
Irgendein unklares Gefühl – Unmut? Triumph? – ließ Carolyns Herz schneller schlagen. „Pech für Brody“, erwiderte sie.
„Es sei denn natürlich, du überlegst, aus genau diesem Grund, mit Bill auszugehen. Um Brody eifersüchtig zu machen“, bemerkte Tricia, und es klang beinahe beiläufig.
Vor Empörung vergaß Carolyn, den Mund zu schließen. Gleichzeitig erkannte sie, dass Tricias Worte eine Portion Wahrheit enthielten. Sie hatte nicht vorgehabt, Brodys Eifersucht anzustacheln, jedenfalls nicht bewusst, konnte aber nicht leugnen, dass sie die Vorstellung irgendwie herrlich erregend fand.
Entsetzt über diese Erkenntnis schnappte sie nach Luft und schlug sich die Hand vor den Mund.
Tricia lächelte. „Ach, bleib ganz ruhig“, sagte sie und streichelte zum Zeichen der Solidarität unter Frauen kurz über Carolyns Oberarm. „Ich weiß, dass deine Absichten ehrenhaft waren.“ Sie hielt inne, wieder mit diesem forschenden Blick. „Aber was genau waren deine Absichten?“, fragte sie dann.
Carolyns Augen brannten, und sie schluckte heftig, bevor sie sagte: „Ich will doch nur … über Brody hinwegkommen. Nach vorn blicken. Ein
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