Die Cromwell Chroniken - Schicksals Pfade (German Edition)
vier Jahre gewählt. Dabei wechseln sich die katholischen und die evangelischen Würdenträger ab. Dementsprechend werden die einzelnen Ämter auch katholisch oder evangelisch besetzt. Ganz einfach aus dem Grund, weil es sehr auffällig wäre, wenn die katholische Kirche und deren Würdenträger auf einmal so aktiv den Kontakt mit ihren evangelischen Mitchristen suchen würden.“
Alle Anwesenden schmunzelten kurz. Ihnen war durchaus bekannt, wie die letzten Päpste zur aktiv gelebten Ökumene standen. Der Custodes Iluminis musste, genau wie die anderen Orden, im Geheimen fungieren. Da seine Mitglieder aber alle eine sehr enge Gottesbeziehung hatten, waren sie meist aktive Mitglieder der Kirche.
„Es gibt also einen fairen Wechsel?“
„Genau. Alle vier Jahre.“
Graciano atmete erleichtert auf. Es war ihm jetzt schon fast peinlich, dass er gefragt hatte.
Plötzlich kam ihm ein weiterer Gedanke: „Aber Pater, der Orden hat doch auch nicht-christliche Mitglieder, nicht wahr?“
„Dem ist tatsächlich so. Sowohl Juden als auch Moslems folgen dem Weg der Wächter des Lichts .“
„Wenn wir alle vier Jahre wechseln, wann sind dann die anderen zwei Religionen dran?“
„In Deutschland? Gar nicht.“
„Ich hoffe, dass Sie mich nicht für vorlaut halten, aber ist das nicht irgendwie … ungerecht?“
Die anderen Studenten blickten aufmerksam von einem zum anderen. Eliane Lindner, die Graciano näher kannte, folgte besonders interessiert dem Gespräch.
Der Geistliche schien bereits mit dieser Frage gerechnet zu haben und lächelte milde. Die Studenten hatte die Erfahrung gemacht, dass man ihn alles fragen konnte. Er reagierte nie ablehnend oder unbeherrscht. Das sorgte für ein angenehmes und freundschaftliches Klima – sowohl in der Vorlesung als auch jetzt hier im Auto.
„Weißt du, wenn wir nachher bei Seiner Exzellenz vorsprechen, wirst du sicher Gelegenheit haben, diese Frage vorzubringen.“
Graciano senkte verlegen den Blick.
„Ich glaube nicht, dass ich mich das trauen würde, Pater.“
Ignatius lachte leise. „Nur Mut. Bischof Eberz ist nicht dafür bekannt, dass er Studenten den Kopf abreißt.“
„So, alle miteinander! Aussteigen!“, ordnete Foirenston in ihrem gewohnten Befehlston an.
Die Studenten kletterten aus dem Wagen und sahen sich begeistert um: Eine herrschaftliche Villa mit einem wunderschönen Sommergarten davor empfing sie. Der Haupteingang des Hauses bot einen grandiosen Anblick. Direkt neben der Tür entdeckten sie eine weiße Statue. Sie stellte eine Frau dar, die in verklärter Pose grazil ihre Hände erhoben hielt. In ihrem Haar befanden sich Blüten und ihr Kleid wallte in Wogen um ihren zierlichen Körper.
Zu beschaulich , entschied Tamara. Ein nackter Adonis wäre mehr nach meinem Geschmack gewesen.
Rechts und links neben der Tür befanden sich Blumenbeete, die geradezu überquollen von ihrer farbenfrohen Pracht. Alles wirkte von professioneller Hand gepflegt und ausgewählt. Allein die Vorderseite des Gebäudes ließ erahnen, welch gigantisches Ausmaß das Haus haben mochte. Ein Dienstmädchen erwartete sie bereits.
„Willkommen in der Villa Sonnenhain . Die Gräfin erwartet Sie im Gelben Salon. Wenn ich vorangehen darf?“
Das war eine rhetorische Frage, denn schon machte die Angestellte auf dem Absatz kehrt und trat ins Innere. Foirenston folgte ihr zielstrebig, während Tamara hinterherbummelte.
Oh Mann, ich bin das ganze Geprotze jetzt schon leid. Das kann ja heiter werden, wenn wir uns noch stundenlang mit der unterhalten sollen. Vermutlich trinken wir alle noch ein „Tässchen Tee“ aus irgendeinem alten Porzellanservice. Original Meissen – von Hand bemalt. Die sollten ihr Geld lieber an Hilfsprojekte spenden.
Sie schüttelte den Kopf und beeilte sich, um nicht den Anschluss zu verlieren.
„Mein Name ist Pater Christoph Kiefer und ich darf Sie im Namen der St. Franziskus-Gemeinde herzlich in diesen Räumlichkeiten willkommen heißen. Ich bin der Privatsekretär Seiner Exzellenz Bischof Doktor Eberz. Wenn Sie Fragen oder Wünsche haben, dann kommen Sie bitte jederzeit zu mir.“
Graciano wusste nicht, ob er sich freuen oder eingeschüchtert sein sollte. In jedem Fall begannen seine Wangen vom mechanischen Lächeln zu schmerzen.
„Nur die Ruhe“, hörte er Pater Ignatius leise sagen, als Privatsekretär Kiefer das folgende Prozedere erklärte.
Graciano warf einen Blick über die Schulter und erlaubte, dass sein Lächeln erlahmte. Er war so
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