Die Cromwell Chroniken - Schicksals Pfade (German Edition)
schrecklich aufgeregt und befürchtete, zu wenig gelernt zu haben.
Ich hätte nicht mehr lernen können, es war einfach zu wenig Zeit. Den Stoff von einem ganzen Jahr zu lernen, ist eine Aufgabe, die gut geplant sein will. Zumindest besser geplant, als ich es getan habe.
„Sie können hier in diesem Aufenthaltsraum Platz nehmen. Der Bischof wird dann jeden Einzelnen von Ihnen hineinbitten. Frau Lindner, würden Sie und Pater Ignatius mich bitte als Erste begleiten?“
Graciano, der davon ausgegangen war, dass die Studenten in alphabetischer Reihenfolge aufgerufen werden würden, sah überrascht zu Eliane hinüber. Im letzten Semester hatte er zum ersten Mal längere Zeit mit ihr gesprochen.
Graciano war nicht der Typ Mann, dem es leicht fiel, mit Frauen zu reden. In der Regel endeten diese Gespräche noch befangener als sie begonnen wurden – und das umging er gerne. Mit den Frauen in seinem Zirkel konnte er ungezwungen sprechen, aber das war etwas anderes.
Ein Zirkel ist wie eine Familie. Man ist füreinander da, ermahnt sich gegenseitig im Glauben – wenn Glauben vorhanden ist – und hilft dem anderen.
Er bezweifelte zwar, dass Valerian das genauso sehen würde, doch er hielt trotzdem an seiner Meinung fest. Mit Familien kannte sich Graciano aus, denn seine war riesig.
Eliane und die zwei Priester verabschiedeten sich. Kurze Zeit später kam Pater Christoph wieder aus dem Besprechungszimmer und nahm an einem alten Sekretär Platz. Die verbliebenen Studenten sahen sich mit großen Augen an. Keiner wusste so recht, was er sagen sollte.
Graciano beschloss, sich dem Gebet zu widmen, um zumindest seinen Geist zur Ruhe zu bringen.
Kapitel 6
Valerian, hörst du mir überhaupt zu?“
„Hm? Ich? Klar!“
Valerian hatte spannende Aufträge á la James Bond erwartet, stattdessen hatte Sir Fowler einen Vortrag über die große Verantwortung eines Magiebegabten begonnen.
Langweilig!
Der Unsterbliche hatte innerlich abgeschaltet und sein Gegenüber einfach weiterreden lassen.
Je mehr er redet, desto schneller ist er fertig und du hier raus .
Doch nun schien seine Rechnung nicht aufzugehen: Fowler warf ihm einen skeptischen Blick zu.
„Diesen Eindruck habe ich – ehrlich gesagt – nicht.“
„Doch, doch, ich bin voll da. Ich soll was für Sie regeln. Kein Thema. Mach ich mit links. Was ist es denn?“
Der Rektor musterte ihn immer noch durchdringend. Valerian setzte seine Unschuldsmiene auf.
„Geh bitte zur Gruft und sorge für Ruhe.“
„Wir haben eine Gruft? Wo soll die denn sein?“ Valerian sah den Rektor verblüfft an.
„Unterhalb der Kapelle“, kam die Antwort.
„Cool.“
„Eher pragmatisch, es gab keinen anderen Platz. Es handelt sich um die Familiengruft der Fowlers.“
„Okay … Und da ist Trubel?“
„So könnte man sagen, ja“, stimmte Fowler zögerlich zu.
„Alles klar. Dann mache ich mich mal auf den Weg.“
Valerian nahm den Schlüssel, den Fowler ihm entgegenstreckte, und wandte sich zum Gehen.
„Meinst du, du bekommst das hin?“
„Logo! Kein Problem!“
„Valerian?“
Der Student hielt seufzend inne und sah Fowler abwartend an.
„Ja, Prof?“
„Ohne Gewalt, wenn ich bitten darf“, ermahnte dieser den Unsterblichen.
„Oh …“, kam die enttäuschte Antwort.
„Das wäre mir ein wichtiges Anliegen.“
„Na gut. Wenn es sein muss“, willigte Valerian widerstrebend ein.
Nie darf man seinen Spaß haben.
Flint und Professor Desmondo waren mit dessen Auto zu einem Ort auf dem Land gefahren, den der Student nicht kannte. Der junge Geisterseher stieg aus, sah sich um und schüttelte den Kopf. Er konnte es immer noch nicht fassen.
Das ist einfach ein Klischee , dachte er verstimmt. Hier sind wir mitten im Nirgendwo.
Sie hatten vor einem Zaun angehalten. Hinter dem Tor erstreckte sich eine betonierte Fläche. Doch kein Gebäude stand darauf. „Betreten verboten – Privatgrundstück – Videoüberwacht“ vermeldete ein signalgelbes Schild.
„Brechen wir jetzt da ein?“, erkundigte sich Flint ironisch.
Der Professor zückte einen Schlüssel und antwortete mit trockener Stimme: „Das wäre natürlich eine Möglichkeit. Ich hätte jedoch einfach das Schloss geöffnet.“
Sie traten ein und Desmondo schloss das Tor von innen wieder zu. Flints Blick glitt über den Beton.
„Und was genau machen wir jetzt? Hier ist doch überhaupt nichts.“
Desmondo zeigte wortlos auf den Boden und erst da fiel es Flint auf: Vor ihnen befand sich eine Bodenklappe
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