Die Cromwell Chroniken - Schicksals Pfade (German Edition)
ich dir vorstellen – das ist seine Exzellenz, Bischof Doktor Georg Eberz. Er ist Bischof aus Südbaden und gewähltes Oberhaupt des Custodes Iluminis Deutschland. Herr Bischof, das ist Graciano García Fernandez. Er möchte bei Ihnen die Ordensprüfung ablegen.“
Graciano hatte das Gefühl, gleich vor Ehrfurcht im Boden zu versinken. Er hatte schon viel über diesen Mann gehört, doch ihm jetzt leibhaftig gegenüberzustehen, war etwas völlig anderes.
Der ältere Herr reichte dem Studenten die Hand.
„Es ist mir eine Ehre, Sie kennenzulernen“, sagte der Jüngere leise.
„Graciano, ich habe schon viel von Ihnen gehört. Bitte nehmen Sie doch Platz.“
Als sich die Anwesenden gesetzt hatten, sprach das Ordensoberhaupt weiter: „Georg Kardinal Sterzinsky war so freundlich, mir diese Räumlichkeiten für meinen Aufenthalt in Berlin zur Verfügung zu stellen. Gefallen sie Ihnen?“
Er sah interessiert auf den jungen Mann. Dieser nickte nur eingeschüchtert.
„Wie Sie wissen, ist es meine Aufgabe, Sie eingehend auf ihre Tauglichkeit für unseren Orden zu prüfen. Mich interessiert im Besonderen Ihr Wissen über die christliche Mystik. Ich möchte Ihnen hierzu ein paar Fragen stellen. Ist Ihnen das Recht?“
„Selbstverständlich, Eure Exzellenz.“
„Mein Name reicht vollkommen aus, Graciano.“
„Natürlich, Bischof Eberz.“
Der Bischof und Pater Ignatius tauschten schmunzelnd einen Blick aus. Demütige Zurückhaltung war ihnen von ihren Schützlingen nicht fremd, auch wenn sie in der heutigen Zeit unüblich war.
Bischof Eberz begann mit seinen Fragen.
„Der amerikanische Religionspsychologe William James hat in seinem Buch Die Vielfalt religiöser Erfahrung eine bestimmte Aussage geprägt. Können Sie mir etwas darüber erzählen?“
Graciano atmete innerlich auf. Mystik war einer seiner Themenschwerpunkte gewesen und die Frage des Bischofs zielte genau auf den Lernstoff ab, den er sich angeeignet hatte.
Das kenne ich alles. Ich kann diese Prüfung bestehen.
Nach zehn Minuten wandte sich der Bischof an Pater Ignatius und sagte anerkennend: „Da haben Sie sich einen hervorragenden Studenten herangezogen. Er hat alle Fragen richtig beantwortet.“
„Das Lob gebührt Graciano allein“, entgegnete der Priester bescheiden.
„Natürlich, natürlich. Ein sehr fleißiger junger Mann sind Sie, Graciano. Vorbildliches Verhalten, das wurde mir ebenfalls berichtet. Nun, was halten Sie davon, wenn wir den offiziellen Prüfungsteil beenden und uns stattdessen einem bedeutsameren Thema widmen?“
Graciano wurde von dieser Frage völlig überrumpelt. Er hatte von anderen gehört, dass die Ordensprüfung mehrere Tage, ja, sogar Wochen dauern konnte. Und ausgerechnet er sollte nach ein paar Minuten schon fertig sein?
Unschlüssig sah er die beiden Geistlichen an.
„Der ehrwürdige Bischof hat in Berlin ein Projekt gegründet – inoffiziell, versteht sich. Dabei geht es um soziale und seelsorgerische Arbeit an unseren Nächsten, den Bedürftigen, die unsere Hilfe am meisten brauchen“, erklärte Pater Ignatius.
„In der Tat. In früheren Zeiten bestand die Prüfung eines Custodes Iluminis darin, wie die Pilger im Mittelalter eine Reise durch ein Labyrinth auf den Knien zu absolvieren. Das symbolisierte den Weg nach Jerusalem. Es war ein Akt der Reinigung, der Entsühnung und sollte zur Vorbereitung der Ordensaufnahme dienen. Ich habe jedoch einen … meiner Meinung nach … nutzbringenderen Einsatz Ihrer Fähigkeiten im Sinn. Ich möchte, dass Sie sich in der nächsten Zeit bei meinem Projekt nützlich machen. Ich finde, dass eine praktische Betätigung besser dazu geeignet ist, Ihre Passion für den Custodes Iluminis unter Beweis zu stellen. Was sagen Sie dazu, Graciano?“
Der Student war mehr als begierig, dem Bischof helfend unter die Arme zu greifen.
„Was genau soll ich denn dort tun?“
„Pater Ignatius wird Sie in Ihre genauen Aufgaben einweisen. Ich versichere Ihnen, dass die Anforderungen nicht zu hoch sein werden. Sobald Sie sich bewährt haben, treffen wir uns erneut. Dann haben Sie Ihre Prüfung bestanden – und zwar erfolgreich. Einverstanden?“
Graciano nickte begeistert. Von ihm aus konnte es losgehen.
„Campen“, echote Tamara wenig begeistert.
„Genau!“, jubelte Britta enthusiastisch.
Obwohl die junge Hexe genau gewusst hatte, dass dieses Übel auf sie zukommen würde, reagierte sie voller Ablehnung und Widerwillen auf die Verkündigung ihres Ungemachs.
Die
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