Die Cromwell Chroniken - Schicksals Pfade (German Edition)
wurde nur schwach von einem Licht hinter dem Haus erhellt.
Sieht aus wie ein leeres Studio.
Einige einfache Holzstühle standen darin, doch das war alles. Mehr konnte er nicht entdecken. Neben sich hörte er jemanden laut atmen. Erst da fiel ihm das Mädchen wieder ein.
„Maxi … bist du … noch da?“
„Ja“, hauchte sie.
„Erzähl mir, was passiert ist“, murmelte er.
„Ich weiß nicht. Ich bin gegangen und hab mich ein wenig umgesehen. Du hast mit dem Mann geredet. Er hat dir Tee gemacht. Ich hab mir die Räume anschauen wollen, aber die meisten waren abgeschlossen. Der hier war das einzig offene. Da bin ich rein und hab euch nicht mehr gehört. Ich wollte aus einem der Fenster schauen, aber die sind so hoch, da komm ich gar nicht hin. Also hab ich mir einen Stuhl genommen. Ich war grad hochgeklettert, da hab ich Schritte gehört. Dann bin ich ganz schnell runter und hab mich unsichtbar in eine Ecke gestellt. Das hat mir mal der Professor Pantulescu geraten, weil die Leute selten in die Ecken gehen. Die laufen immer in der Mitte durch den Raum.“
Ihre Stimme transportierte den Stolz, den sie auf ihr cleveres Manöver empfand.
„Komm auf den Punkt … bitte“, murrte der Unsterbliche übellaunig. Sein Kopf fühlte sich an, als würde er jeden Moment explodieren. Jedes Wort, das aus Maxis Mund sprudelte, kam einer Nadel gleich, die in seinen Schädel gestochen wurde.
„Der alte Mann kam und hat dich hinter sich her geschleift. Ich dachte zuerst, du schläfst, aber dann hat er dich auf dem Stuhl festgebunden und ich hab gesehen, dass du die Augen offen hattest. Aber sie waren ganz komisch!“
Valerian runzelte die Stirn.
Ja, genau! Der dämliche Tee! Vermutlich hat er irgendein Schlafmittel hineingerührt … Großartig, Wagner! Du hast dich von einem Greis übertölpeln lassen!
„Was ist dann passiert?“, wollte er wissen.
„Dann hat er dich ausgefragt. Ganz viele Sachen. Aber du hast immer gesagt: ‚Ich weiß es nicht.‘ Und dann …“ Ihre Stimme brach kurz ab und wurde dann zu einem leisen Flüstern. „Dann hat er seine Essenzpeitsche beschworen.“
„Was hat er damit gemacht?“
„Ich weiß es nicht. Ich hab die Augen ganz fest zugemacht und gewartet, bis er wieder geht. Es hat immer so geklatscht und du hast geschrien. Da wollte ich nicht hinsehen“, wimmerte sie kaum hörbar.
Valerian nickte ernst.
„Weißt du, wo er jetzt ist?“
„Er ist nach unten gegangen. Ich weiß nicht genau, wohin. Aber es ist eh egal. Er hat die Tür abgeschlossen.“
„Um die Tür kümmere ich mich schon. Hilf mir lieber mal hier raus. Wir brauchen etwas, womit wir die Fesseln durchschneiden können. Siehst du hier etwas im Raum herumliegen? Eine Schere? Ein Messer? Irgendetwas?“
„Ich schau mal“, hauchte sie leise und Valerian hörte, wie sich ihre Schritte entfernen.
Merkwürdig. Der Knacker soll dich hier hochgeschleppt und gefoltert haben? Dieser Vollmer ist doch ein gebrechlicher, alter Sack!
Er konnte sich an nichts erinnern. Das beunruhigte ihn.
Wenn das überhaupt der richtige Heinrich Vollmer war …
So langsam hatte er daran Zweifel.
„Geht das?“
Maxis unsichtbare Hand streckte eine kleine Handsäge vor Valerians Gesicht. Für den Unsterblichen schwebte sie in der Luft.
„Äh … theoretisch ja“, gab er zögerlich zur Antwort. „Versuch aber damit meinen Händen fernzubleiben, wenn es geht.“
Maxi stöhnte übertrieben genervt.
„Ja, ja, das schaff ich schon. Halt einfach still!“
Nach einer schweißtreibenden Viertelstunde – er schwitzte, sie sägte – hatte er die Hände frei. Danach übernahm er das Sägen und kurz darauf hatte er auch die Beine von den Fesseln befreit.
Jetzt bräuchte man nur noch so was wie einen Fluchtweg.
Valerian wollte sich erheben, doch er rutschte in seinem eigenen Blut aus.
Meine Güte, was musst du für einen Anblick abgeben! Und daneben steht eine Neunjährige und schaut zu. Bleibt wohl nichts anderes, als die Zähne zusammenzubeißen und gute Miene zum bösen Spiel zu machen.
„Komm, ich helfe dir“, tönte es von der Seite und Valerian fühlte, wie Maxi seinen Ellbogen ergriff. Er stöhnte, weil ein unerwartetes Stechen seinen Arm hinaufschoss.
„Ah! Vorsichtig!“, herrschte er sie grob an.
„Tut mir leid“, piepste sie verschüchtert.
Prompt rührte sich sein schlechtes Gewissen. Er verzog das Gesicht und versuchte, mit ihrer Hilfe aufzustehen.
„Danke“, sagte er knapp, als er es endlich vollbracht
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