Die Cromwell Chroniken - Schicksals Pfade (German Edition)
warten.
Dann eben kein Frühstück. Es wird auch ohne gehen.
Als Cendrick im Kellergeschoss ankam, erwartete ihn eine Überraschung. Statt Daniel Blumental fand er einen anderen Hetaeria Magi vor. Der Mann sah aus, als wäre er Mitte fünfzig. Sein Gesicht war von Narben zerfurcht. Seine Kleidung war komplett in Schwarz gehalten.
Der blonde Magier hatte den Fahrstuhl noch nicht verlassen, da sprach ihn der andere bereits an: „Gehe ich richtig in der Annahme, dass Sie Cendrick van Genten sind?“
Die Art und Weise, wie er sprach, machte Cendrick stutzig. Seine Stimme war seidig weich, geschmeidig, ja, geradezu liebevoll. Der Student bekam eine Gänsehaut.
Oh, oh!
Er hatte von diesem Mann bereits gehört. Es war nicht nötig, dass er sich vorstellte.
Das ist er.
Cendricks Eingeweide zogen sich zusammen. Seine Muskeln erstarrten. Er konnte sich weder bewegen noch dem Mann antworten.
„Wenn ich mich vorstellen darf? Mein Name ist Galdor. Ich werde für den heutigen Tag Ihr Prüfer sein. Mir ist zu Ohren gekommen, dass Ihnen das Reden mehr liegt als das Handeln. Das ist gut. Damit können wir arbeiten.“
Der Mann führte Cendrick in einen Raum am Ende des Ganges. Er öffnete die Tür.
„Bitte, nach Ihnen.“
Seine Stimme klang sanft und einschmeichelnd, doch der junge Mann wusste genau, was der andere war – und er wäre am liebsten fortgerannt. Fieberhaft überlegte er, wie er dem Folgenden entgehen konnte, doch ihm fiel nichts ein.
Das können sie nicht machen! Das können sie einfach nicht machen!
Der Raum sah genau so aus, wie er es sich vorgestellt hatte. Er war klein und in der Mitte stand ein Stuhl mit Kopf-, Arm- und Fußlehnen. Daran befanden sich Riemen, die den Sitzenden fixieren sollten.
Es darf nicht wahr sein! Es darf einfach nicht wahr sein!
Um den Stuhl herum waren elektrische Geräte aufgebaut. Cendrick konnte einige davon erkennen, doch die meisten waren vermutlich Spezialanfertigungen.
Seine Gedanken überschlugen sich. Ich muss hier raus! Ich muss hier sofort raus!
Er sah sich in dem Raum um. Es gab keine zweite Tür. Er drehte sich zum Eingang, doch dort stand bereits ein sehr muskulöser Wächter, der nicht den Eindruck machte, als könne man ihn mal eben mit einem Zauberspruch aus dem Weg räumen.
Denk nach! Es muss einen Weg hier raus geben! Sag was! Tu was!
„Ich …“, begann Cendrick, doch seine Stimme klang schmal und heiser.
Er räusperte sich und versuchte es noch einmal.
„Was … was genau tun wir hier?“
Diesmal waren seine Worte zumindest hörbar.
Galdor machte sich gerade an einem Gerät zu schaffen. Er betätigte einige Knöpfe und ein Bildschirm leuchtete auf. Mehrere Linien waren darauf zu sehen, die mit verschiedenen Zahlen markiert waren.
„Wir führen Ihre Prüfung fort“, kam die sanfte Antwort.
Der Kerl macht mich wahnsinnig! Kann der nicht aufhören so zu reden? Scheiße!
„Ja, das dachte ich mir. Aber … warum? Warum hier? Ich meine … war ich nicht immer kooperativ? Wir können das Gespräch doch auch sicher woanders führen, oder nicht?“
Cendrick fiel auf, wie nervös und angespannt seine Worte klangen, doch das war ihm egal. Er hatte jegliche Coolness über Bord geworfen.
Ich bin ihm ausgeliefert , dämmerte es ihm und er spürte, wie ihm das Blut in den Adern gefror.
Der Prüfer hatte sein Werk an den Maschinen beendet und drehte sich nun zu seinem Probanden um.
„Immer kooperativ? Oh, da habe ich anderes gehört.“
Er lächelte – doch aufgrund seiner Narben wandelte sich sein Gesicht zu einer grausamen Fratze.
Linda atmete tief durch und versuchte sich zu konzentrieren.
Nichts. Gar nichts. Nicht mal ein klitzekleines bisschen. Das ist so deprimierend!
Sie saß erneut bei Rosina Kempten – diesmal in der Bibliothek – und sollte einen für sie unsichtbaren Gegenstand beschreiben.
Kompletter Unsinn! Das wird nie was!
Die blinde Seherin ärgerte sich schon den ganzen Vormittag und es würde noch einige Zeit dauern, bis ihr Ordensoberhaupt sie in die Mittagspause entließ.
„Steht da überhaupt etwas?“, wollte die Studentin unwirsch wissen.
Sie nahm einen Anflug von Belustigung in der Aura ihres Gegenübers wahr. Das trieb sie erst recht zur Weißglut.
„Fein! Ich werde es lassen. Ich bin zu blöd dazu. Ich kann das nicht. Und ich habe auch keine Lust mehr, mich weiter zum Deppen zu machen!“, brach es aus der jungen Frau heraus. Sie war über sich selbst verwundert. Noch nie hatte sie sich auf solche Weise
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