Die Cromwell Chroniken - Schicksals Pfade (German Edition)
hatte, zum Stehen zu kommen.
Valerian sah sich im Raum um. Maxima hatte nicht übertrieben. Die Fenster waren hoch. Mit ihrer Hilfe – er musste sich stützen – humpelte er hin. Ein vorsichtiges Rütteln am Griff zeigte ihm, dass man die Fenster öffnen konnte. Er zog das rechte auf und spähte hinunter.
Aha … wir sind also im zweiten Stock. Na, toll!
Es war zu hoch, um zu springen.
Das muss anders gehen.
Er schloss das Fenster und ging auf die andere Seite. Hier befanden sie sich auf der Rückseite des Hauses. Ein Blick hinaus zeigte das Dach einer Pergola.
Na bitte! Geht doch! Jetzt musst du nur noch so leise wie möglich da runter. Und am besten, ohne dich zu bewegen. Scheiße, tut das weh!
„Maxi, geh mal zwei Stühle holen. Ich habe eine Idee.“
Eilig machte sich das Mädchen daran, zwei Stühle heranzuschleifen.
„Schscht! Leise!“, herrschte er sie an.
„Tut mir leid! Ich bin halt nicht so stark wie du.“
Sie stellte den einen Stuhl ab und trug den anderen zu ihm herüber. Valerian nutzte diesen, um auf den Fenstersims zu klettern. Er setzte sich quer in das offene Fenster, dann ließ er sich den zweiten hochreichen. Den stellte er behutsam auf dem Pergola-Dach ab. Ächzend zog er das Mädchen zu sich hoch und hob sie dann zu dem Stuhl herab, den sie gerade so mit ihren Zehenspitzen erreichte.
Argh! Mann, tut das weh!
Er hatte das Gefühl, als würden alle seine Wunden aufplatzen. Der Unsterbliche stöhnte und kletterte ihr nach. Sie waren nun auf Höhe des ersten Stocks.
So, jetzt müssen wir nur noch ganz nach unten.
Die beiden traten an den Rand des Daches. Dort wiederholten sie das Manöver. Zuerst ließ Valerian den Stuhl nach unten, dann Maxi vorsichtig hinterher und am Schluss kletterte er selbst hinab. Unten angekommen, meinte Valerian, wieder einen Liter Blut verloren zu haben.
Ob uns jemand gehört hat?
Ein Blick zum Haus verriet ihm nichts. Alle Lichter waren gelöscht und kein Geräusch drang zu ihnen.
Na, das ist doch schon mal was. Jetzt nichts wie weg!
Er schnappte sich Maxis Hand und zog sie mit sich, merkte dann jedoch schnell, dass er kaum laufen konnte, und stützte sich stattdessen wieder auf ihrer Schulter ab, als sie in einem weiten Bogen das Haus umrundeten, um zum Ausgang zu gelangen.
Sieht sicher total lächerlich aus. Valerian Wagner, du bist schon ein Held! Einfach nur peinlich!
Flints Glieder fühlten sich bleischwer an, als er sich am nächsten Morgen Desmondos Büro näherte. Er hatte sein gestriges Mantra so gut verinnerlicht, dass er folgsam die Stufen herab und hierher getrottet war.
Wie ein Lamm, das zu Schlachtbank geführt wird .
Er hatte die Hand noch nicht zum Anklopfen erhoben, da öffnete sich bereits die Tür. Flint trat ein und nickte dem Professor kurz zu, der die Klinke noch immer in der Hand hielt.
„Guten Morgen, Herr Maienbach“, wurde er begrüßt.
„Morgen“, erwiderte der Student tonlos.
Er hielt den Blick auf den Boden geheftet und nahm ungefragt im Sessel gegenüber Desmondos Tisch Platz. Sein Geist war gedämpft. Er hatte das Gefühl, als ob eine große, schwere Glocke über ihn gestülpt worden wäre. Darunter bekam er nur einen Bruchteil von dem mit, was um ihn herum passierte. Er realisierte beiläufig, dass der Professor die Tür schloss. Bevor der andere Mann jedoch das Wort ergreifen konnte, äußerte sich Flint: „Ich würde gerne weitermachen, Professor.“
Er wollte kein Gespräch führen.
Je schneller es geht, desto schneller sind wir fertig. Je schneller es geht, desto schneller sind wir fertig. Je schneller es geht, desto schneller sind wir fertig.
Doch damit war sein Prüfer nicht einverstanden.
„Das halte ich für keine gute Idee, Herr Maienbach, denn ich sehe, dass es ihnen nicht gelungen ist, wieder mit sich ins Reine zu kommen. Deshalb werde ich wieder das sprichwörtliche Ruder übernehmen.“
Flint starrte ihn ausdruckslos an.
„Um ehrlich zu sein, mache ich mir Sorgen. In der letzten Sitzung sind Szenen größter Misshandlung aufgetaucht. Ich möchte mit Ihnen darüber sprechen. Als Ihr Ordensbeauftragter und obendrein noch Prüfer kann ich über einen solchen Vorfall nicht einfach hinweggehen. Ich bin für Sie verantwortlich“, stellte Desmondo klar. Seine Stimme hatte sogar einen Hauch von Dringlichkeit angenommen.
Doch Flint wollte nicht sprechen. Er wollte zu einem schnellen Abschluss der Prüfung kommen und war sogar bereit, dafür jedes geforderte Maß an Leid in Kauf zu
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